Von Luang Prabang zur thailändischen Grenze

31. Januar 2017, Chiang Mai

Nach Luang Prabang fuhren wir gemeinsam mit Megan und Noémi im Minibus, wo wie immer sämtliche Plätze besetzt waren. Nur leider sind wir falang (westliche Ausländer) etwas größer als die meisten Laoten, sodass wir wie in einer Sardinenbüchse saßen, uns praktisch nicht bewegen konnten und nach den fast acht Stunden Fahrt über die extrem kurvigen Straßen total verspannt ankamen.

Wir verabschiedeten uns von den Mädels und machten uns auf zu unserem Hostel am Rande der Altstadt. In unserem Dorm fiel uns sofort ein Rucksack auf, der aussah wie Mélissas (die Französin aus der Transsib) – siehe da, als wir abends vom Essen zurückkamen, trafen wir sie wieder. Die Welt ist klein.

Einen Tag schlenderten wir einfach nur durch die Stadt, von der wir nur Gutes von anderen Reisenden gehört hatten. Und tatsächlich ist Luang Prabang ganz anders als alle anderen Städte in Laos. Die alten Kolonialvillen sind geschmackvoll restauriert; es gibt zahlreiche Boutiquen und Souvenirgeschäfte und schöne kleine Resorts. Es fahren viel mehr Autos als in anderen Städten und man bekommt den Eindruck, dass Luang Prabang sehr wohlhabend sein muss.

Luang Prabang – kleine Gassen, …

…prächtige Tempel …

…und historische Kolonialbauten.

Jeden Abend gibt es in der Altstadt einen ziemlich großen Nachtmarkt, auf dem die üblichen Schlabberhosen mit Elefantenmuster, bunte Täschchen in allen Größen und sonstige Souvenirs verkauft werden. Einen Abend bummelten wir über den Markt, angenehm überrascht, dass die Verkäufer uns weitgehend in Ruhe ließen. Einen anderen Abend besuchten wir ein kleines Theater, wo ein Märchenerzähler mit musikalischer Begleitung auf Englisch laotische Volkssagen vortrug. Einmal stiegen wir auch am späten Nachmittag auf den „Hausberg“, den Phou Si Mountain, der einer der Volkssagen nach eigentlich die Spitze eines Berges auf Sri Lanka ist – eine Königin, die einst in Luang Prabang lebte, wollte unbedingt eine bestimmte Sorte Pilze essen, die es nur auf diesem Berg in Sri Lanka gab. Also schickte sie Hanuman, den Affenkönig (der praktischerweise Superkräfte besitzt), aber sie verriet ihm den Namen der Pilze nicht. Es handelte sich nämlich um Affenohrpilze, und Hanuman wäre vermutlich nicht besonders kooperativ gewesen, wenn er dies erfahren hätte. So flog er los und brachte Pilze, aber es waren nicht die richtigen, und die Königin schickte ihn noch einmal und noch einmal und jedes mal holte er die falsche Sorte. Am Ende hatte er die Nase voll und brachte ihr einfach die gesamte Bergspitze, damit die Königin ihre Pilze selber suchen konnte.

Wir hatten von Megan gehört, dass man für den Sonnenuntergang auf dem Berg zeitig kommen sollte, also waren wir schon über eine Stunde vorher da. Und was soll man sagen, wir fanden gerade noch einen freien Sitz-/Stehplatz mit Mekongblick; es waren schon Busladungen von Chinesen und anderen Touristen da und bis zum tatsächlichen Sonnenuntergang wuchs ihre Zahl gut und gern auf mehrere hundert; es war verrückt. Der Sonnenuntergang war aber sehr schön, da hat sich das Warten zumindest gelohnt.

Ausblick vom Phu Si – Sonnenuntergang über dem Mekong

An einem Nachmittag machte ich mich auf, die berühmte Lao-Kräutersauna auszuprobieren, von der es direkt auf unserer Straße eine im Rot-Kreuz-Zentrum gab, die größtenteils von Einheimischen genutzt wurde. Ich bekam ein Handtuch und einen Sarong, der groß genug war, um ihn als Wickelkleid zu tragen – in Laos würde man niemals nackt in die Sauna gehen. Es gab einen Frauen- und einen Männerraum und davor zwei separate Sitzecken mit Bänken und einem Tisch, auf dem ein Teespender und Tassen zur freien Verfügung standen. Mehrere Frauen saßen dort und machten ein Päuschen. Ich öffnete die Tür zur Sauna und mir kam eine dicke weiße Dampfwolke entgegen. Drin war es fast völlig dunkel; ich konnte nicht mal sehen, wie groß der Raum war oder wie viele Leute sich darin aufhielten, und die Hitze war so unerträglich, dass ich es nicht mal in den Raum hinein schaffte sondern die Tür direkt wieder schloss, sehr zur Unterhaltung der teetrinkenden Damen draußen. Sie empfahlen mir, erstmal eine heiße Dusche zu nehmen, und danach ging es tatsächlich besser. Aber mehr als eine halbe Minute am Stück hielt ich nicht aus; die feuchte, aromatisch duftende Hitze war so beißend, dass selbst die Einheimischen sich ihre Handtücher um das Gesicht wickelten und wir alle da saßen wie Mumien. Nach dreimal Dampfgaren fühlte ich mich ausreichend aufgewärmt für eine Massage, die ebenfalls dort angeboten wurde und die wieder recht schmerzhaft (aber zugleich sehr wohltuend) war.

Von Luang Prabang aus machten wir zudem einen Tagesausflug zum Kuang Si-Wasserfall. Dorthin gab es Minibustouren, die aber nicht viel Zeit am Wasserfall ließen. Ein Tuktuk zu zweit wäre zu teuer gewesen, also versuchten wir unser Glück mit einem Sammeltuktuk. Wir liefen von der Touristeninformation durch die Altstadt und hielten nach Tuktuks Ausschau, in denen vielleicht schon jemand saß, aber alle waren leer. Wir wollten schon fast aufgeben, als uns ein Fahrer ansprach und sagte, er hätte schon weitere Gäste für die Tour und würde um elf losfahren. Wir handelten einen Preis aus, der auch nicht teurer war als die Minibustouren und zudem sicherte der Fahrer uns zu, dass er vor Ort vier Stunden warten würde. Umso besser. Wir belohnten uns und füllten die Wartezeit bis elf Uhr mit einem Snack am Crêpe-Stand (Banane-Nutella-Erdnussbutter ist die Beste Mischung der Welt) und als wir uns dann am Tuktuk einfanden, das ein umgebauter kleiner Lieferwagen war, hatte der Fahrer tatsächlich acht Leute zusammen bekommen.

Die Fahrt dauerte etwa eine Dreiviertelstunde. Bevor man den eigentlichen Wasserfall erreichte, führte der Weg vom Parkplatz aus erst einmal durch eine Auffangstation für Kragenbären (auch Mondbären genannt), die aus den Händen von Wilderern befreit wurden und nun dort gepflegt werden. Die Bärengehege erinnerten an den Pandapark in Chengdu; die Bären hatten relativ viel Platz im Grünen, viel Spielzeug und waren sehr aktiv.

Kragenbär

Von dort gelangten wir über einen Waldweg an den Fuß des Kuang Si-Wasserfalls. Dieser fällt in unzähligen Stufen und Kaskaden ins Tal, einige mehrere Meter hoch, andere nur so hoch wie Treppenstufen. Da das Wasser sehr mineralhaltig ist, hat es eine milchig-blaue Farbe, die im sonnenbeschienenen Dschungel einfach paradiesisch wirkt. In einigen der natürlichen Pools konnte man baden, was wir uns aber in Anbetracht der relativ kühlen Temperaturen/ Blutegel/ Massen anderer Touristen verkniffen. Wir folgten dem Wasser fluss- (oder sollte man sagen fall-)aufwärts bis zum Hauptwasserfall, der gut und gern 80 Meter hoch war und uns definitv als einer der schönsten Wasserfälle, die wir je gesehen haben, in Erinnerung bleiben wird. Man konnte sogar noch an der Seite des Wasserfalls durch den Wald nach oben steigen und hatte von dort einen tollen Blick auf die umliegenden Berge. Anschließend besuchten wir noch einen Schmetterlingsgarten am Fuße des Wasserfalls, der von einem holländischen Paar geführt wird, die ihr komplettes Leben zuhause aufgegeben und ihr ganzes Hab und Gut verkauft haben, um sich ihren Traum von diesem Park zu erfüllen. Nach den Horden von Touristen war der Schmetterlingspark eine Oase der Ruhe und als Bonus gab es noch eine gratis Fischmassage für die Füße in einem natürlichen Wasserbecken.

Kuang Si-Wasserfall

Kuang Si-Wasserfall

Von Luang Prabang aus machten wir uns auch auf den Weg zu unserem letzten Reiseabschnitt in Laos. Bis zur thailändischen Grenze in Houay Xay/Chiang Khong kann man nämlich mit dem Boot auf dem Mekong fahren. Es gibt dazu zwei Möglichkeiten: das Speed Boat – ein Motorboot, das die Strecke in sechs Stunden schafft, während derer man mit Rettungsweste und Helm ausgerüstet in der prallen Sonne brutzelt, vom Motorenlärm taub wird und hofft, keinen Felsen zu rammen – oder das Slow Boat, für welches wir uns entschieden, da uns unser Leben und Gehör lieb sind.

Das Slow Boat ist ein sehr großes Long Boat, das gut und gern fünfzig Passagieren und deren Gepäck Platz bietet, über Toiletten und einen Imbiss verfügt und außerdem überdacht und daher schattig ist. Alles viel komfortabler, dafür ist man aber zwei Tage lang je neun Stunden unterwegs und übernachtet zwischendurch in einem Dorf auf halber Strecke. Was soll’s, wir haben Zeit, und für längere Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir mittlerweile Profis. Dieser Blog heißt nicht umsonst so wie er heißt. 😉

Da zum einen die Ticketbuchung über das Hostel nur mit Aufpreis möglich gewesen wäre und es zum anderen online kaum Übernachtungsmöglichkeiten für das Dorf unterwegs zu buchen gab, entschieden wir uns für eine 100% Freestyle-Variante und buchten gar nichts, sondern fuhren früh einfach zum Bootspier. Alles kein Problem, das Ticket war sogar noch günstiger als gedacht und das Boot war alles andere als ausgebucht. Wir hatten jeder eine Zweierbank für uns und dazu noch einen Tisch in der Mitte auf den wir die Berge von Bananen, Mandarinen, Drachenfrüchten, Muffins, Keksen und Kräckern packen konnten, mit denen wir uns sicherheitshalber ausgestattet hatten. Neun Stunden sind lang.

Die Bootsfahrt war traumhaft schön. Das Flussufer war von grünem Dschungel und hohen, steilen Bergen gesäumt. Manchmal sahen wir andere Boote, oder kleine Dörfer am Ufer, oder Wasserbüffel, die sich im Fluss abkühlten. Ab und an fuhr das Boot dicht an die Sandbänke oder Felsen am Ufer, damit Einheimische aussteigen konnten. Diese verschwanden dann rasch im Dschungel und durch das Grün konnte man die Hütten ihrer Dörfer gerade so erkennen.

Alles in allem war es ein wunderbar entspannter Tag und erinnerte uns sehr an die Tage in der Transsib. Wir waren echt froh, dass wir noch einen weiteren Tag vor uns hatten voll Sonnenschein, frischer Luft und nichts zu tun als die wunderschöne Landschaft zu genießen, zu lesen, ab und zu ein Nickerchen zu halten und uns durch unsere Vorräte zu futtern – neun Stunden können dafür gar nicht lang genug sein.

Slow Boat auf dem Mekong – wunderschöne Aussicht …

… Lektüre und leckere Snacks 🙂

Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir das Dorf Pakbeng, wo schon einige Slow Boats aus der Gegenrichtung am Pier lagen und ein Dutzend Einheimischer versuchte, Gäste für ihre jeweiligen Guesthouses zu gewinnen. Wir ließen sie stehen und liefen selbst ins Dorf – vom Pier keine Minute entfernt – wo wir uns im erstbesten einquartierten. Vermutlich boten sie ohnehin alle das gleiche zu den gleichen Preisen an. Pakbeng lebt davon, die Durchgangsstation der Slow Boats zu sein; neben den unzähligen Übernachtungsmöglichkeiten gab es natürlich auch an Restaurants keinen Mangel. Darüber hinaus bot so ziemlich jedes Guesthouse und Restaurant am nächsten Morgen auch noch frisch gemachte Sandwiches und anderes Essen zum Mitnehmen an, alles bestens organisiert.

Am nächsten Morgen mussten wir uns ein neues Bootsticket kaufen, da es diese immer nur für eine Tagesstrecke gab und wir am Vortag daher nur bis Pakbeng gelöst hatten. Leider konnten wir unsere Fahrt nicht mit dem bequemen Boot vom Vortag fortsetzen. Alle Slow Boats sind Privatboote und die Fahrer wechseln sich ab, damit alle mal drankommen. Dieses Boot hatte nun ausrangierte Bussitze statt Bänken und auch keine Tische, aber zeitiges Kommen sichert ja bekanntlich gute Plätze und da wir auf wundersame Weise mal die ersten waren (lag vielleicht daran, dass wir so nah am Pier übernachtet hatten), konnten wir uns immerhin zwei Doppelsitze zurechtschieben und uns gegenüber sitzen.

Diesmal trafen wir auf dem Boot ein bekanntes Gesicht: Milène, die Französin, die mit uns in Phonsavan auf der Tour zu den Steinkrügen gewesen war (und die zuvor schon in Luang Prabang im selben Hostel wie wir untergekommen war, die Welt ist klein). Sie hatte etwas mehr Zeit in Pakbeng verbracht und dort noch Ausflüge unternommen und fuhr nun ebenfalls nach Houay Xay.

Auch am zweiten Tag war die Fahrt wieder herrlich, aber als der Fluss nach einer Rechtsbiegung die Grenze zu Thailand erreichte, der wir fortan folgten, standen die Unterschiede zwischen den beiden Ländern drastisch heraus. Sah man auf laotischer Seite hier und da ein Dorf mit überwiegend hölzernen Stelzenhäusern, Wasserbüffel an der sandigen Uferböschung und ansonsten nur Dschungel, war das Ufer auf thailändischer Seite befestigt und die Häuser waren richtige moderne Villen.

Kurz vor Houay Xay fuhren wir unter der Friendship Bridge hindurch, über die wir am nächsten Tag die Grenze passieren würden. Im Ort angekommen liefen wir wieder los und fragten in zwei, drei Hotels nach den Preisen um uns dann für das zweitgünstigste zu entscheiden – im günstigsten gab es gerade keinen Strom. In unserem fiel zwar auch kurze Zeit später der Strom aus – leider nachdem wir schon bezahlt hatten – aber dank „fachmännischem“ Herumgewerkel an der Oberleitung direkt neben dem Gebäude, wobei drei oder vier Männer vom Dach eines Pick-ups auf den Masten kletterten und irgendetwas machten, konnte der Schaden im Laufe des Abends noch behoben werden.

Und am darauffolgenden Morgen war es Zeit, Abschied von Laos zu nehmen… aber dazu erzählen wir euch im nächsten Beitrag.

UXO – Laos tödliches Erbe

23. Januar 2017

Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Infrastruktur ist schlecht, viele Dörfer sind nur über lehmige Pisten zu erreichen, die bei Regen unpassierbar werden. Viele Menschen haben nicht genug zu essen, obwohl es genug Land gäbe, um die Bevölkerung zu ernähren. Doch es werden kaum neue Straßen gebaut, und die Menschen zögern, neues Land urbar zu machen. Der Grund dafür heißt UXO – unexploded ordnance (nicht-explodierte Munition/Blindgänger). Reisen bildet – in Laos haben wir mehr gelernt als in allen anderen Ländern bisher – und dieses Wissen möchten wir gern mit euch teilen, da es im Rest der Welt leider kaum bekannt ist.

Laos hält den traurigen Rekord des am stärksten bombardierten Landes der Welt gemessen an der Bevölkerungszahl. Obwohl Laos nie direkt in den Vietnamkrieg involviert war, wurde es von den USA im sogenannten ’secret war‘, dem heimlichen Krieg zwischen 1964 und 1973 bombardiert wie kein anderes. Die USA verfolgten zwei Ziele: zum einen, die Versorgungswege der vietnamesischen Armee im Süden von Laos zu unterbrechen und zum anderen, die kommunistische Pathet Lao-Bewegung im Nordosten des Landes zu zerstören, um den Kommunismus aufzuhalten. Das Ausmaß des Bombardements war beispiellos – auf Laos fielen mehr amerikanische Bomben als während des zweiten Weltkriegs über Deutschland und Japan zusammen. Ein Angriff durchschnittlich alle acht Minuten, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, neun Jahre lang… weit über 580.000 Luftangriffe, und viele zielten nicht einmal auf militärische Punkte, sondern auf Dörfer, Felder oder Höhlen, in denen die Menschen Schutz suchten. Von Stützpunkten in Thailand aus flogen die Bomber ihre Angriffe auf vietnamesische Ziele, doch wenn sie ihre Mission wegen schlechten Wetters oder Feindbeschusses nicht erfüllen konnten, entlud manch ein US-Bomber nicht-verbrauchte Bomben beim Rückflug lieber über Laos (oder auch Kambodscha), da das Landen mit Ladung unter dem Sicherheitsprotokoll zu umständlich gewesen wäre. Ein Großteil der Munition waren Streubomben – diese öffnen sich im freien Fall und schütten hunderte Kleinbomben aus, nur so groß wie Tennisbälle, die sich über ein riesiges Gebiet verteilen. Mehr als zwei Millionen (!) Tonnen Bomben luden die USA über Laos ab, und schätzungsweise ein Drittel davon detonierte nicht – 80 Millionen Blindgänger blieben als tödliches Erbe zurück. Diese haben seit dem Ende des Krieges mehr als 50.000 Menschen getötet oder verletzt, fast die Hälfte davon Kinder, und verhindern bis heute den Fortschritt in diesem Land. Denn wie soll man neue Straßen, Häuser, Kanäle bauen, neue Felder bestellen, wenn jeder Schritt, jeder Spatenhieb der letzte sein könnte? Viele Menschen werden bei der Feldarbeit verletzt, oder während sie Kräuter im Wald suchen. Manche im Lehmboden versteckte Kleinbomben detonieren durch die Hitze eines Kochfeuers. Manche Menschen versuchen, Blindgänger zu öffnen, um den darin enthaltenen Sprengstoff für die Erschließung eines neuen  Feldes oder Grundstücks zu nutzen. Kinder suchen oft nach Metallresten, die sie verkaufen können, um so ihre Familien zu unterstützen und sind dadurch besonders gefährdet. Da viele Menschen Bombenteile als Alltagsgegenstände wiederverwerten, erkennen Kinder sie manchmal nicht als gefährlich und spielen damit. Die Bomben liegen überall; wir haben Geschichten von Bauern gehört, die über die Jahre mehr als 50 dieser Kleinbomben, von den Laoten Bombies genannt, aus ihrem Acker geholt haben. Viele Hilfsorganisationen setzen sich unermüdlich für die Beräumung des Landes, die medizinische Betreuung und Rehabilitierung der Opfer sowie die Aufklärung der Bevölkerung, vor allem der Kinder, über den richtigen Umgang mit Blindgängern, ein.

Überbleibsel aus dem Krieg

Dachten wir anfangs noch, dass die Gefahrenzonen weit ab von den touristischen Pfaden in Gegenden lägen, in die wir sowieso nicht kommen, wurden wir bald eines besseren belehrt, denn Phonsavan liegt im Zentrum eines der am stärksten bombardierten Gebiete in Laos.

Zu unserer Tour zur Ebene der Steinkrüge hatte sich noch drei andere Frauen angemeldet: Milène aus Frankreich, die am Vortag im selben Bus wie wir aus Vang Vieng angereist war, sowie eine weitere Französin, Noémi, und eine US-Amerikanerin, Megan, die zusammen reisten. Zuerst ging es zu Fundstätte Nummer eins, wo wir uns in einer kleinen Ausstellung über die Krüge und die Region informieren konnten bevor wir mit einem Golfcart zur eigentlichen Sehenswürdigkeit gefahren wurden.

Die meisten Krüge sind kleiner als mannshoch und unterschiedlich gut erhalten. Nicht wenige wurden durch die Bombardements beschädigt und auch zwischen den Krügen sahen wir immer wieder Einschlagkrater. Darüber hinaus setzen ihnen aber auch Verwitterung, Plünderung und nicht zuletzt der neuerdings wachsende Tourismus zu – das Gebiet steht auf der Unesco-Anwärterliste, aber sonderlich viele Touristen waren eigentlich nicht unterwegs.

Stätte 1

Ein Einschlagkrater in Stätte 1

Während wir herumliefen, hörten wir in der Ferne einen Knall, der wie eine Explosion klang. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass das wirklich ein Blindgänger gewesen sein soll; vielleicht kam das Geräusch von einer Baustelle? Doch dann knallte es erneut, und diesmal sahen wir im Tal eine Wolke aufsteigen….

Die Fundstätten sind von Blindgängern beräumt und markiert mit Steinen im Boden, die eine rote und eine weiße Seite haben – auf der weißen Seite ist es sicher zu gehen, die rote wurde noch nicht untersucht. Sie tragen das Kürzel der Mines Advisory Group (MAG), einer brititschen Nichtregierungsorganisation, die weltweit in Krisengebieten Munitionsrückstände beräumt und seit über 20 Jahren in Laos tätig ist.

MAG-Marker

Mit dem Minibus fuhren wir zu Stätte zwei, die in einem wunderschönen Kiefernwäldchen verteilt auf zwei Hügel liegt, und von dort gab es einen markierten Wanderweg zu Stätte drei. Der Weg war links und rechts mit MAG-Markern gekennzeichnet – ein seltsames Gefühl, sich bewusst zu machen, dass 20 Meter weiter vielleicht noch eine Bombe im Boden liegt… Wir waren tunlichst darauf bedacht, immer innerhalb der Marker zu bleiben.

Nach etwa zwanzig Minuten erreichten wir eine Anhöhe mit einer allem Anschein nach recht neu errichteten Picknickhütte, von wo aus wir einen fantastischen Rundblick auf die bergige Landschaft hatten, die uns mit ihren trockenen Wiesen und Kiefernwäldchen an Dalat in Vietnam erinnerte.

Stätte 2

Die Picknickhütte…

…und die wunderschöne Landschaft – doch der Frieden ist trügerisch.

Von der Hütte aus führte der Weg bergab in ein Dorf, wo uns unser Minibus wieder in Empfang nahm. Während wir am Eingang zu Stätte drei Mittag aßen, hörten wir erneut eine Detonation. Die Einheimischen im Restaurant sagten uns, das käme jeden Tag vor…

Stätte drei war ein sonnenbeschienener Hain zwischen Reisfeldern, auf denen Rinder weideten. Die Krüge unterschieden sich nicht wirklich von denen in den anderen beiden Stätten, aber die Atmosphäre war friedlich und die Landschaft schön, und dafür hat es sich schon gelohnt; noch dazu verstanden wir uns super mit den anderen drei Damen.

Stätte 3

Megan, Noémi, Kathrin, Milène und Birgit im Reisfeld

Kurze Zeit später hielt der Fahrer mit uns auf einer Anhöhe außerhalb des Dorfes, und dort konnten wir den Räumungsteams der MAG live bei der Arbeit zusehen. Mitarbeiter mit Megaphonen warnten die Menschen im Dorf vor den anstehenden Detonationen. Dann wurde es sehr still. Und dann kam die Explosion, der Knall, die Rauchwolke. Zwei davon sahen wir aus einer Entfernung von wenigen hundert Metern. Wir waren froh, dass alle Explosionen, die wir an diesem Tag gehört hatten, kontrollierte Sprengungen im Rahmen der Räumungsarbeiten waren, aber gleichzeitig auch traurig und entsetzt, wie präsent die Problematik tatsächlich ist.

Letzter Programmpunkt (von einer kurzen Verkostung in einer Reiswhiskey-Destille abgesehen) war ein Stopp an einem alten russischen Panzer, der im Vorgarten eines Bauern vor sich hin rostet. Geht ein Großteil der Blindgänger auch zu Lasten der USA, darf man nicht vergessen, dass die Russen Waffen an alle im Krieg beteiligten Seiten in Laos und Vietnam verkauften und neben den Blindgängern auch noch zahlreiche Landminen und nicht-explodierte Granaten der laotischen Truppen im Boden liegen.

Heute wachsen Blumen im Bauch des Panzers…

Da wir nachmittags noch Zeit hatten, besuchten wir das Informationszentrum der MAG, um noch mehr über die Problematik der UXO in Laos und die Arbeit der Räumungsteams zu lernen, die wir nur eine Stunde zuvor mit eigenen Augen gesehen hatten. Diese Menschen sind wahre Helden, und wir können euch nur empfehlen, hier: http://www.maginternational.org mehr über ihre lebensgefährliche und gleichzeitig lebensrettende Arbeit zu erfahren. Auf der Website gibt es auch ein Spendenportal.

Zurück in Phonsavan gesellten sich einige Schülerinnen zu uns, die ihr Englisch verbessern wollten und so unterhielten wir uns eine Weile mit ihnen. Sie sprachen schon sehr gut Englisch, sodass wir eine relativ flüssige Konversation haben konnten. Abends aßen wir mit den drei Damen aus unserer Tourgruppe und am nächsten Morgen fuhren wir mit Megan und Noémi zu unserem nächsten Reiseziel nach Luang Prabang.

Die Namen der Schülerinnen haben wir leider nicht so gut verstanden, geschweige denn uns gemerkt…

Hatten wir bei unserer Ankunft in Phonsavan eine unangenehme Atmosphäre im Ort gespürt – möglicherweise die Last der Geschichte – verbesserte sich unser Gefühl am nächsten Tag. Einerseits hatten wir sehr freundliche Menschen kennengelernt (sowohl unsere Tourgruppe als auch die sehr wissbegierigen Schülerinnen) und andererseits mehr über das Leben der Menschen im UXO-kontaminierten Gebiet erfahren und gesehen, dass ihnen von vielen Seiten geholfen wird. Dann machte uns die Situation nicht mehr so viel Angst. Auf jeden Fall werden wir das, was wir in Laos über das schreckliche Erbe des Krieges gelernt haben, niemals vergessen.

Vientiane und Vang Vieng

19. Januar 2017

Schon wieder Blog-Rückstand, ohje… Dann wollen wir euch mal ganz schnell auf den neuesten Stand bringen. Zur Entschädigung gibt’s ein paar Fotos mehr. 😉

Mittlerweile sind wir schon eine ganze Weile im Norden von Laos unterwegs und es gefällt uns immer besser.

Die Busfahrt von Konglor nach Vientiane war weitgehend ereignislos bis auf einen Motorschaden irgendwo auf der Landstraße, wo wir dann eine halbe Stunde lang bei 34 Grad im Schatten des Busses saßen, während der Fahrer komplett im Motor verschwand und versuchte, das Ding wieder zu Laufen zu kriegen, was ihm letztlich auch gelang (nachdem er sich von einem vorbeikommenden Mopedfahrer ins nächste Dorf fahren ließ und mit einem Ersatzteil wiederkam). Wie immer regte sich niemand auf; alle blieben gelassen bis das Problem behoben war und dann ging es einfach weiter.

Vientiane ist die Hauptstadt von Laos, mit ihren reichlich 350.000 Einwohnern aber trotzdem recht überschaubar. Wir fühlten uns sofort wohl und sicher; ganz anders als in Hanoi oder Phnom Penh. Gleich am ersten Abend bummelten wir über den Nachtmarkt in einem Park am Mekong-Ufer und waren angenehm überrascht, nicht von den Händlern behelligt zu werden.

Am nächsten Morgen machten wir uns als erstes auf zum thailändischen Konsulat. Wir wollten versuchen, ein Visum für unser nächstes Reiseland zu beantragen, da wir gelesen hatten, dass es aktuell kostenlos erteilt wird und wir damit bis zu zwei Monaten im Land bleiben könnten ohne verlängern zu müssen. Es war mit etwas Lauferei verbunden, da wir zuerst fälschlicherweise zur Botschaft gingen, von wo man uns dann zum Konsulat schickte, aber zumindest bekamen wir so einen Überblick über das Stadtzentrum, und da es bewölkt war, war es auch nicht allzu heiß. Nach etwa einer Stunde hatten wir alle Formalitäten erledigt und hofften, am nächsten Tag unsere Pässe samt Thai-Visum abholen zu können. Den Rest des Tages schauten wir uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an. Die goldene Stupa des That Luang-Tempels schimmerte leider unter der Wolkendecke gar nicht so schön golden wie auf den Bildern im Internet, aber die umliegenden Tempel waren auch sehr schön und so hatte es sich doch gelohnt. Wir beobachteten einige Mönche, aßen gegrillte Bananen und Klebreis am Spieß und schauten mit gemischten Gefühlen zu, wie einige Einheimische von einem Händler Spatzen in kleinen Käfigen kauften, um diese dann vor einem Schrein nach ihrem Gebet freizulassen.

Danach ging es weiter zur laotischen Version des Triumphbogens, der sogar ein paar Meter höher ist als sein französisches Vorbild (natürlich um den Kolonialherren eins auszuwischen) und zu einem Zentrum für die Opfer von Landminen und Blindgängern (aber dazu mehr im nächsten Beitrag).

Patuxai, der Triumphbogen – auch vertikale Landebahn genannt, weil der darin verbaute Beton, von den USA gesponsort, eigentlich dem Flughafen zugute kommen sollte.

Aussicht vom Patuxai

That Luang

Am zweiten Tag fuhren wir mit dem öffentlichen Bus zum Buddha-Park, einem skurrilen Sammelsurium von Buddhastatuen und mythischen Skulpturen eine Dreiviertelstunde außerhalb der Stadt.

Im Buddhapark

Eingang zum Aussichtsturm

Nachmittags holten wir unsere Pässe ab – mit thailändischem Visum – und abends ließen wir unseren Hauptstadtaufenthalt mit einem äußerst leckeren Essen in einem original japanischen Restaurant direkt neben unserem Hostel ausklingen, wo wir schon die vorigen beiden Abende gegessen hatten; die Speisekarte füllte zwei dicke Hefter und alles schmeckte wie in Japan, da konnten wir einfach nicht widerstehen, und wir fürchteten, dass wir schon bald nur noch Lao-Food zur Auswahl hätten. (Mittlerweile essen wir auch wieder gebratenen Reis und süß-saures Gemüse und Nudelsuppe; hier im Norden schmeckt es irgendwie besser.)

Von Vientiane aus fuhren wir nach Vang Vieng und wussten nicht so recht, was wir dort erwarten sollten. Vang Vieng ist im Prinzip ein Dorf, dass sich aber einen zweifelhaften Ruf als Backpacker-Absteige eingehandelt hat, weil der dortige, gemächlich fließende Fluss ein Eldorado für Tubing ist. Dabei lässt man sich in einem Gummireifen den Fluss hinab treiben und kann an diversen Bars zum Eimersaufen aussteigen. Nicht dass wir das vorgehabt hätten; Vang Vieng sollte auch sehr schöne Landschaft haben und war außerdem der einzig sinnvolle Zwischenstopp auf dem Weg zu unseren weiteren Zielen.

Nach fünfstündiger Busfahrt erreichten wir das Dorf im Regen und richteten uns auf einen ereignislosen Nachmittag in unserem gebuchten Hostel ein. Dort allerdings erwartete uns eine riesige Überraschung: während wir noch an der Rezeption standen und eincheckten, sprach uns plötzlich jemand von der Seite an: Mélissa, die mit uns in der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Irkutsk gefahren war! Was für ein freudiges Wiedersehen! So verbrachten wir den Nachmittag mit Reisegeschichten; erzählten, was wir seit unserem Abschied am Baikalsee so erlebt hatten (Mélissa ist viel länger in Japan geblieben als geplant, weil es ihr so gut gefallen hat, was wir absolut nachvollziehen konnten), und gingen etwas essen. Am Abend, als sich der Regen gelegt hatte, unternahmen wir zusammen einen Spaziergang durchs Dorf und die schlammigen Reisfelder und bewunderten die grünen Berge, welche uns auf allen Seiten umgaben.

Impressionen aus…

…Vang Vieng

Da es am nächsten Tag immer noch nach Regen aussah, spazierten wir gemeinsam mit Mélissa zu einer Höhle etwas außerhalb von Vang Vieng. Es war eine nette kleine Tour und an der Höhle angekommen, stellten wir fest, dass wir eigentlich alle drei keine Lust auf die Höhle hatten und so investierten wir das gesparte Eintrittsgeld lieber in Snacks und besichtigten anschließend ein paar kleine Tempel im Ort.

Wer findet die Katze?

Am darauffolgenden Tag gingen wir wieder getrennter Wege. Kathrin und ich wollten uns Fahrräder ausleihen und zu einem Wasserfall fahren, aber bis wir aus den Puschen kamen, waren alle Fahrräder in unserem Hostel schon vergeben und so beschlossen wir, die sieben Kilometer eben zu laufen, was sich am Ende als gute Entscheidung herausstellte. Die Straße war so schlecht, teilweise steil und teilweise extrem schlammig, dass wir mit dem Fahrrad auch nicht viel Freude gehabt hätten. Als Wanderung war es aber sehr schön. Die Landschaft um Vang Vieng herum ist wirklich traumhaft schön mit ihren bewaldeten Bergen und grünen Reisfeldern. Der Kaeng Nyui-Wasserfall war auch ein echtes Kleinod, wie er so pittoresk eine Felswand am Ende eines malerischen Tals hinabstürzte. Am Parkplatz stärkten wir uns noch mit einer Kokosnuss (die gegrillten Eidechsen ließen wir links liegen) und machten uns dann bei mittlerweile schönstem Sonnenschein auf den Rückweg.

Das hätte mit dem Fahrrad auch nicht so viel Spaß gemacht…

Kaeng Nyui

Entdeckung am Wegesrand (nicht auf dem Grill)

Wir hätten es durchaus noch länger in Vang Vieng ausgehalten, aber unser Visum endet am 24. Januar und wir wollten noch etwas mehr vom Norden des Landes sehen, daher machten wir uns am nächsten Morgen auf nach Phonsavan. Dorthin gab es nur einen Minibus. Unser Gepäck kam aufs Dach, zusammen mit zahlreichen Paketen und Säcken, und ein Beutel mit zwei (lebenden) Hühnern, die mir echt leid taten, wurde auch noch drauf gepackt. Die Fahrt dauerte nicht fünf Stunden wie angegeben sondern eher mehr als sieben, da nur die letzten 30 Kilometer halbwegs geradeaus führten. Den Rest der Zeit wand sich die Straße in steilen Kurven die Berge hinauf und hinunter, aber dafür wurden wir mit Panoramen belohnt, die aus einem Fantasyfilm hätten stammen können. Am höchsten Punkt hielt der Minibus an einer Bergstation für einen Toilettenstopp der besonderen Art – die Kabinen hatten nach hinten keine Wand, sondern waren komplett offen, sodass man direkt vom WC aus die Aussicht genießen konnte – das hat man auch nicht alle Tage.

Die Umgebung von Vang Vieng

Traumhafter Fernblick

Unser Transportmittel (das Geflügel hat die Fahrt übrigens heil überstanden)

Unser Fahrtziel Phonsavan ist berühmt für die sogenannte Ebene der Steinkrüge (Plain of Jars), Überreste einer weitgehend unbekannten Kultur, die hier vor schätzungsweise 1500 – 2000 Jahren riesige Steinkrüge anfertigte – vermutlich zu Bestattungszwecken – die heute über ein großes Gebiet im Nordosten von Laos verstreut liegen. In der kleinen Stadt angekommen machten wir uns noch am Nachmittag auf die Suche nach einer geführten Tour, da man allein nur schwer zu den Fundstätten kommt. Gut, dass wir in mehreren Hostels und Büros fragten. Der erste wollte 350.000 Kip (ca. 40 €) pro Person, der letzte 150.000 Kip (ca. 17 €), da fiel die Entscheidung nicht schwer.

Am Ende ist uns Phonsavan nicht wegen der Steinkrüge in Erinnerung geblieben, sondern wegen eines ganz anderen Kapitels der laotischen Geschichte, aber davon berichten wir im nächsten Beitrag ausführlich…

Lao – Please Don’t Rush

08. Januar 2017, Konglor

Wenn wir dachten, in Pakse sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, dann setzte das noch größere Savannakhet – die mit 120.00 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Landes – noch einen drauf. Eigentlich war alles genauso wie in Pakse – verfallende französische Architektur, kaum Geschäfte, leere Straßen – nur alles in einem noch größeren Maßstab.

Der noch am ehesten sehenswerte Ort war tatsächlich unser Guesthouse, das aus einer Reihe kleiner Bungalows in einem wunderschönen Garten bestand und eine Oase der Ruhe war – nicht dass wir die Ruhe in Savannakhet wirklich gebraucht hätten, denn ruhig war es im Prinzip überall – aber es war trotzdem sehr angenehm.

Wir bummelten einen Tag durch das Stadtzentrum, schauten uns die alten französischen Häuser und ein, zwei Tempel an und gingen abends in eines der wenigen Restaurants – diesmal koreanisch, da unsere Mägen dem einheimischen Essen immer noch skeptisch gegenüber stehen.

Alte französische Kirche

Alte französische Kirche von Savannakhet

Der Markt

Der Markt

Ob hier mal die Olympischen Spiele stattgefunden haben...?

Ob in Savannakhet mal die Olympischen Spiele stattgefunden haben…?

Ein schönes Wat

Ein prächtiges Wat

Von Savannakhet aus fuhren wir in eine Kleinstadt namens Thakhek weiter nördlich am Mekong, Ausgangspunkt für Touren zur berühmten Konglor-Höhle. Diese Busfahrt war vergleichsweise ereignislos. Wir kauften unsere Tickets früh am Busbahnhof, da man sie in Laos nicht vorab kaufen kann (am Vortag hatte man uns wieder weggeschickt) und es handelte sich auch wieder um einen großen Reisebus, mit Gepäckraum, Lao-Schlagern (einige erkannten wir von der letzten Fahrt wieder) und allem Luxus. Nach zwei Stunden hielten wir an einer Art Busbahnhof und standen dort fast eine Stunde, warum auch immer. In den Gang wurde diesmal ein Stapel Plastehocker geladen, und als im weiteren Verlauf der Fahrt immer mehr Leute einstiegen und die Sitze nicht mehr reichten, wurden die übrigen einfach in den Gang auf die Hocker platziert.

In Thakhek liefen wir ein bisschen durch das winzige Stadtzentrum und erkundigten uns nach Touren zur Konglor-Höhle. Leider waren diese ziemlich teuer für nur zwei Personen, also beschlossen wir, einen Tag zu warten, ob sich vielleicht noch andere Reisende anmelden. So gammelten wir den nächsten Tag in Thakhek herum, schliefen aus und ich ging zu einer (recht schmerzhaften aber effizienten) Massage. Unser Guesthouse lag unglücklicherweise direkt neben einer Karaoke-Bar und dort wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert, aber wofür gibt es Ohropax.

Leider meldeten sich keine weiteren Interessenten mehr für die Tour und so machten wir uns am nächsten Tag auf eigene Faust auf den Weg nach Konglor. Entgegen unseren Informationen sagte man uns im Guesthouse, dass es tatsächlich einen Direktbus in das Dorf Konglor gäbe, wir das Ticket aber selbst am Busbahnhof kaufen müssten. Ein Bekannter des Rezeptionisten brachte uns nach einer kurzen Nacht (wieder mit Karaokebeschallung) früh um sechs mit seinem Pick-up zum Markt, was gleichzeitig der Abfahrtsort für die lokalen Busse war. Lokale Busse im Sinne von Songthaew (gesprochen songtau) – Pick-ups oder kleine LKWs, bei denen man hinten auf der überdachten Ladefläche auf Bänken sitzt, während das Gepäck auf dem Dach grillt und man sich an seine Sitznachbarn gekuschelt den abgasschweren Wind um die Nase wehen lässt. Unser Taxifahrer lud uns ab, sprach mit einigen herumstehenden Männern und fuhr dann davon. Einige Songthaews standen schon bereit, andere kamen im Laufe der nächsten halben Stunde angefahren. Die meisten hatten gleich gar kein Schild mit ihrem Ziel, aber selbst wenn, konnten wir es nicht lesen. Wir hofften, dass uns die Männer schon Bescheid sagen würden, da mittlerweile noch einige gefragt hatten, wo wir hinwollen und der halbe Markt wusste, dass wir nach Konglor fahren. 😉

Am Ende blieb uns die Fahrt im Songthaew erspart (erst einmal), denn es kam auch noch ein kleiner Bus angefahren, und dieser entpuppte sich als der richtige, wie ich im Gespräch mit dem Fahrer herausfand – von den Umstehenden hatte uns niemand Bescheid gegeben. Da der Bus kein Gepäckfach hatte, lud der Fahrer unsere Kraxen aufs Dach und sicherte sie mit einem Netz.

So sah das aus.

So sah das aus. Drumherum sieht man einige Songthaews.

Wir warteten noch etwa eine Stunde, bis sich der Bus füllte und dann sammelten wir wie immer noch ein paar Leute vom Straßenrand auf. Der Bus war nicht der schnellste und machte beim Schalten interessante Geräusche. Kurz hinterm Ortsrand – inzwischen waren wir fast voll besetzt – ging der Motor aus. Der Fahrer brachte ihn wieder zum Laufen, aber nach einigen Metern passierte es erneut. Also öffnete der Fahrer eine Klappe im Boden direkt hinter seinem Sitz, wo der Motor lag, werkelte etwas darin herum, klappte sie wieder zu, und weiter ging es. Der Abgasgeruch aus dem Motorraum war recht unangenehm und wahrscheinlich der Grund, warum die Tür während der kompletten Fahrt geöffnet blieb – mit einem Strick gesichert. Noch einmal volltanken (wozu der Fahrer den Motor sogar ausschaltete; wir hatten halb erwartet, dass er das bei laufendem Motor tun würde wie der eine in Kambodscha) und es ging tatsächlich so richtig los, über holprige Straßen, auf denen immer mal ein Stück Asphalt fehlte, hinein in die Berge in Richtung Konglor. Dort wurde es dann noch einmal richtig interessant. Der Bus schaffte nämlich die Steigung kaum, und wie der Fahrer tatsächlich immer noch einen Gang zum Herunterschalten fand, wo wir fast schon standen, war mir schleierhaft. Zwischenzeitlich wurde der Bus so langsam, dass wir nicht überrascht gewesen wären, wenn wir alle hätten aussteigen und schieben müssen, aber irgendwie schafften wir es nach etwa vier Stunden Fahrt bis über den Pass bis in Dorf Ban Nahin. Dort stiegen einige Leute aus, darunter auch ein israelisches Pärchen, die außer uns die einzigen Ausländer waren und nur mit Handgepäck reisten. Wir blieben sitzen, doch dann begann der Fahrer, unsere Kraxen vom Dach zu entladen. Vermutlich dachte er, sie gehören den Israelis, aber er hörte auch nicht auf, als sie ihm signalisierten, dass es gar nicht ihr Gepäck war. Tja, wenn das Gepäck aussteigt, steigen wir auch aus, und der Fahrer deutete auf ein Songthaew und sagte ‚Konglor‘. Anscheinend war es doch kein Direktbus. Die Kraxen wurden auf das Dach des Songthaews geladen, der Fahrer sagte ‚one hour‘ und verschwand dann. So saßen wir und die beiden Israelis da und harrten der Dinge, die noch kämen.

Eine Dreiviertelstunde später ging es weiter. Außer uns vier Ausländern waren noch vier einheimische Fahrgäste zugestiegen. Es wurden eine Menge Kisten und ein Karton mit Milchflaschen aufs Dach geladen, außerdem eine Traube leerer Benzinkanister, die mit einem Strick zusammengebunden waren. Kurze Zeit später wurden zwei Traktorreifen eingeladen. Da diese nicht mehr aufs Dach passten, wurden sie auf den Boden des Passagierraums gelegt, sodass einige von uns nun unfreiwillig eine Fußstütze hatten. Danach hielten wir an einer Tankstelle, doch das Personal schüttelte den Kopf – kein Sprit mehr vielleicht? An einer Hofeinfahrt stand ein mannshoher Kühlschrank, den wir – ihr habt es euch gedacht – auch noch aufluden; dieser kam auf die Trittfläche hinter dem Passagierraum, wo er mit einem Strick festgebunden wurde. Dann ließen wir Ban Nahin endlich hinter uns und das Songthaew fuhr schneller – allerdings zu schnell für die Ladung auf dem Dach und mit lautem Poltern fiel die Traube von Benzinkanistern hinten hinunter. Also Vollbremsung, Rückwärtsgang, Kanister wieder einladen, und weiter. An einer weiteren Tankstelle außerhalb des Ortes gab es tatsächlich Sprit und es wurde nicht nur unser Songthaew betankt, sondern auch noch alle Kanister gefüllt und noch zu den Traktorreifen zwischen die Füße der Fahrgäste gestellt. Wenn der beißende Benzingeruch nicht gewesen wäre, hätte man sie für große Kanister mit Himbeerbrause halten können, so rot war ihr Inhalt.

Bis nach Konglor waren es rund vierzig Kilometer auf einer teilasphaltierten, sehr buckeligen Straße, die Fahrt dauerte gut und gern noch einmal eine Stunde; nicht nur wegen der Qualität der Fahrbahn, sondern auch, weil wir wieder an jedem Hühnerhof anhielten und Sachen abluden – mehrere Höfe hatten anscheinend ein, zwei Benzinkanister bestellt, der Kühlschrank kam zu seinem neuen Besitzer, die Milchflaschen wurden abgeladen und schließlich wurden wir direkt vor einem Guesthouse im Dorf Konglor abgesetzt.

Konglor ist wirklich nur eine Handvoll Holzhütten auf Stelzen und drei, vier Guesthouses am Ende eines langen Tals, auf beiden Seiten von vielleicht 150 – 300 Meter hohen steilen Felswänden begrenzt, schwarze, bedrohlich wirkende Zacken, über die kein Weg führt. Wir suchten uns ein Guesthouse, aßen Mittag, ich unternahm noch einen kleinen Spaziergang durch das Dorf und das war’s für den Tag.

Schwarze Felszacken schirmen Konglor vom Rest der Welt ab.

Schwarze Felszacken schirmen Konglor vom Rest der Welt ab.

Nachdem wir in Thakhek ja zwei Nächte neben einer Karaoke-Bar geschlafen hatten, freuten wir uns auf die ländliche Ruhe in Konglor, doch es wurde nicht besser sondern noch viel schlimmer: direkt neben unserem Hostel fand eine Hochzeitsfeier statt: Bühne, riesige Lautsprecher und Karaoke bis spät in die Nacht… Diesmal halfen selbst die Ohropax nicht mehr so richtig, aber irgendwie konnten wir trotzdem ziemlich gut schlafen.

Der Besuch in der Konglor Höhle war ein echtes Erlebnis. Ein 7,5 km langer Fluss fließt hier direkt unter den Felsen durch und man kann ein Longboat mieten und sich durch die Höhle fahren lassen. Bis auf einen vielleicht 100 Meter langen Abschnitt, den man zu Fuß zwischen dezent beleuchteten Stalagmiten zurücklegt, war es in der Höhle zappenduster; die einzige Beleuchtung kam von der Stirnlampe des Bootsführers und den kleinen Stirnlampen, die wir zu den Schwimmwesten dazu bekamen. So konnte man die Höhe der Decke und die Ausmaße der Kammern nur erahnen, was sehr zur mystischen Atmosphäre des Ortes beitrug. Bis auf das Geräusch des Motors und das Rauschen des Wassers war es vollkommen still.

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Eingang zur Höhle

Eingang zur Höhle

Die Fahrt durch die Höhle dauerte etwa eine Dreiviertelstunde; an einer Stelle mussten wir aussteigen, da das Boot eine Stromschnelle nach oben gezogen werden musste, und als wir schließlich die andere Seite erreichten, konnten wir eine kleine Rast an ein paar Verkaufsständen in einem wunderschönen grünen Tal machen, wo Wasserbüffel im Fluss entspannten, bevor es auf dem gleichen Weg wieder zurück ging. Zu Fuß zurück nach Konglor bräuchte man sechs bis sieben Stunden; mit dem Motorrad sind es 200 km um die Berge herum und wieder in unser Tal hinein – um mal eine Vorstellung von den Dimensionen zu geben.

So lässt es sich aushalten.

So lässt es sich aushalten.

K und B als Höhlenforscher ;-)

K und B als Höhlenforscher 😉

Nachmittags unterhielten wir uns mit zwei Schweizerinnen und machten dann ein Schläfchen, solange die Akustik von der wieder in vollem Gange laufenden Hochzeitsfeier noch erträglich war. Die Musik lief bis spät in die Nacht – direkt gegenüber von unserem Guesthouse fand das Bankett statt – und am nächsten Morgen fuhren wir schon früh um sieben weiter nach Vientiane.

Neues Jahr, neues Land

03. Januar 2017, Savannakhet/Laos

Seit einer Woche sind wir nun schon in Laos und würden gern sagen, dass es hier wirklich schön ist und wir schon viel gesehen haben, aber leider ist das nicht so richtig der Fall.

Unser Grenzübertritt verlief erst einmal problemlos. Entgegen den Horrorprophezeiungen anderer Reisender verließ unser Bus uns nicht direkt hinter der Grenze und wir haben am Ende auch nur fünf Dollar mehr bezahlt als den offiziellen Preis – immer noch weniger als geplant: zwei Dollar Gebühr für den (eigentlich kostenlosen) Ausreisestempel, zwei weitere für den nächsten Einreisestempel und einen als „Bearbeitungsgebühr“ für unseren Visumsantrag.

Der Minibus lud uns eine halbe Stunde hinter der Grenze am Abzweig ins Hafendorf Nakasang ab, wohin wir dann ein Tuktuk nahmen. Von Nakasang aus fuhren wir gleich noch weiter mit einem langen, hölzernen Motorboot auf die Insel Don Det. Diese ist das touristische Zentrum der sogenannten 4000 Inseln im Mekong ganz im Süden von Laos. Das gleichnamige Dorf ist ein paar hundert Meter lang, zieht sich direkt am Ufer des Mekong entlang und besteht zu einem Großteil aus Guesthouses und Bungalows.

Am ersten Abend mieteten wir uns Fahrräder und fuhren eine Runde um die Insel, was vielleicht zwei Stunden dauerte, aber nur deshalb, weil wir an fast jedem Guesthouse anhielten und uns die Bungalows anschauten. Wir hatten ein eher teureres Zimmer (dafür mit Klimaanlage und heißer Dusche) und wollten gern einen Bungalow mit Hängematten und Flussblick haben.

Am nächsten Tag zogen wir in einen der Bungalows unseres Guesthouses um, die günstiger waren, da sie sehr spartanisch waren und nur eine kalte Dusche hatten, aber auch daran haben wir uns mittlerweile so mehr oder weniger gewöhnt. Den Rest des Tages lagen wir glückselig in unseren Hängematten auf der Terrasse, die auf Stelzen direkt über das Flussufer gebaut war, schaukelten, genossen die Ruhe, die angenehme Brise und die wunderschöne Aussicht auf das grüne Ufer und den Tempel auf der anderen Seite des Flusses. Noch ahnten wir nicht, dass unser Urlaubsglück bald ein jähes Ende finden würde…

Hängematte mit Flussblick - was will man mehr?

Hängematte mit Flussblick – was will man mehr?

Vor allem wenn das die Aussicht ist...

Vor allem wenn das die Aussicht ist…

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Mich (B) hat es zuerst erwischt. Ich hatte schon zum Abendbrot keinen rechten Appetit, aß aber trotzdem ein paar Nudeln. Dann kamen die Schauer am ganzen Körper, die Bauchschmerzen und eh ich mich versah, verbrachte ich die nächsten vier Stunden überm Klo, mal mit dem einen, mal mit dem anderen Ende. Ich hatte schrecklichen Durst wegen des Durchfalls, konnte aber nicht mal einen Schluck Wasser drin behalten. In den frühen Morgenstunden schlief ich irgendwann ein und als ich wieder aufwachte, waren zumindest die Magenkrämpfe vorbei und ich konnte wieder trinken. So wurde an dem Tag natürlich nichts mit Unternehmungen – wir wollten uns eigentlich die Wasserfälle auf der Nachbarinsel ansehen – stattdessen lagen wir auf den Matten und Kissen auf der Veranda unseres Guesthouse-Restaurants (schon bei dem Gedanken an das Geschaukel in der Hängematte wurde mir wieder schlecht) und kuschelten mit den sehr verschmusten Katzen dort. Ich aß ein paar kleine Bananen, aber fühlte mich immer noch krank, und gegen Mittag bekam ich dann noch leichtes Fieber, was den Rest des Tages anhielt. Im Internet fanden wir eine internationale Polyklinik in Pakse, der nächstgrößeren Stadt, die etwa zweieinhalb Busstunden entfernt lag und beschlossen, notfalls dorthin zu fahren. Aber wie durch ein Wunder sank abends meine Temperatur von ganz allein wieder und ich hatte eine ruhige Nacht. Dafür fing es am nächsten Tag bei Kathrin an, zum Glück ohne das Erbrechen, aber die übrigen Symptome waren die gleichen. Hatten wir bis dahin noch auf eine Lebensmittelvergiftung getippt, sah es nun eher nach Magen-Darm-Infekt aus. Kathrin verbrachte den Tag im Bett – zum Glück sank auch bei ihr die Temperatur von allein wieder – und ich ging nur zum Essen raus, brachte aber kaum einen Bissen runter. Die darauffolgende Nacht war mir wieder furchtbar schlecht und so checkten wir dann am nächsten Tag aus, um nach Pakse zu fahren. Die Insel bekam uns anscheinend nicht.

Der Bus nach Pakse war hoffnungslos überbelegt. Die Fahrgäste waren fast ausschließlich Ausländer, und viele der Kraxen und Koffer passten gar nicht mehr in die Gepäckräume des Busses und mussten mit auf die Sitze, in den Gang, zwischen die Füße… Es war eine sehr beengte Fahrt aber niemand beschwerte sich; alle nahmen es mit Humor und versuchten das Beste daraus zu machen. Zum Glück waren es ja nicht einmal drei Stunden.

In Pakse gönnten wir uns ein richtig schickes Hotel. Es war mit 20 € pro Nacht so ziemlich das teuerste, das wir bisher hatten, aber wir wollten mal etwas wirklich sauberes, ordentliches, wo die Rohre nicht offen durchs Bad liefen und die Fenster dicht waren. Unser Zimmer lag im vierten Stock, war sehr geräumig und hatte eine gute Aussicht auf die umliegenden Tafelberge.

Viel unternahmen wir nicht in Pakse. Wir spazierten am nächsten Vormittag durchs Zentrum um ein günstigeres Hotel zu suchen und ansonsten ruhten wir uns viel aus. Wir hatten zwar beide kein Fieber und keinen Durchfall mehr, waren aber ziemlich entkräftet und unsere Mägen waren der generellen Idee von Essen nicht so zugetan. So aßen wir im Großen und Ganzen nur Obst oder Gemüsesuppe mit Reis. Schlimm genug, um zum Arzt zu gehen, war es allerdings auch nicht, also warteten wir einfach ab.

Am Silvesterabend stellte sich unser Zimmer im vierten Stock als sehr gute Investition heraus, denn auch die Laoten mögen Knallerei. Sie fangen zwar schon eine Viertelstunde vor Mitternacht damit an und fünf Minuten nach Neujahr ist alles vorbei, aber es gab ein wunderschönes Feuerwerk, das wir ganz bequem vom Fenster aus sehen konnten.

Nach zwei Nächten in dem teuren Hotel zogen wir in ein günstigeres weiter im Stadtzentrum um und versuchten uns an einem Ausflug. Mit dem Tuktuk ließen wir uns auf die andere Seite des Flusses zum Fuße des Wat Phou Salao-Tempels fahren, wo eine riesige, goldene Buddhastatue über dem Mekong thront – in 125 m Höhe. Zugegeben, das war dann vielleicht doch ein bisschen viel für den ersten Ausflug seit einer Woche und mit nichts als einer Schüssel Obstsalat (K) bzw. Kürbissuppe (B) im Bauch, aber nun waren wir einmal da und von unten sah es gar nicht so schlimm aus, auch wenn die Steintreppe sehr, sehr steil war. Nur leider waren wir am Ende der Steintreppe erst auf halber Höhe und die Holztreppe, von der wir gelesen hatten, sah aus, als wäre sie schon vor Jahren verrottet. Stattdessen gab es einen Sächsische Schweiz-würdigen Trampelpfad neben der Treppe, den wir buchstäblich mit letzter Kraft erklommen. Am Buddha angekommen ließen wir uns auf die schattigen Stufen des Podestes der majestätischen Statue fallen und blieben erstmal eine halbe Stunde sitzen. Aber die Aussicht war so grandios, dass es sich trotz allem gelohnt hat. Aus dieser Höhe blickten wir viele Kilometer weit über den Mekong, die Stadt und die Tafelberge. Pakse hat einen kleinen Flughafen und nach einer Weile näherte sich ein Flugzeug, das wir aus der Vogelperspektive beim Landen beobachten konnten. Ein Mönch hielt eine Weile Smalltalk mit uns. Es war wirklich ein toller Ausflug, auch wenn wir danach vollkommen platt waren.

Hoch hinauf...

Hoch hinauf…

...zum goldenen Buddha...

…zum goldenen Buddha…

...und toller Aussicht!

…und toller Aussicht!

Abends gingen wir sehr lecker essen – wir hatten ein original japanisches Restaurant entdeckt und aßen Udon und Soba (verschiedene Arten Nudeln), die wie in Japan schmeckten und zum ersten Mal seit einer Woche waren wir zuversichtlich, dass wir auf dem Weg der Besserung sind.

Heute fuhren wir dann weiter nach Savannakhet, was die zweitgrößte Stadt von Laos ist. Von allen Orten, die wir bisher hier gesehen haben, war das Dorf Don Det im Mekong noch der geschäftigste. In Pakse sagten sich Fuchs und Hase gute Nacht – die Straßen waren so leer wie nirgends in Südostasien, und hier scheint es genauso zu sein, nur größer. Die inoffizielle Abkürzung der Lao PDR (People’s Democratic Republic) – Lao Please Don’t Rush – scheint gerechtfertigt.

Dafür war die heutige Busfahrt ein echtes Highlight. Wenn wir sonst dieser Tage schon nicht viel erleben, dann entschädigen uns die öffentlichen Verkehrsmittel mehr als reichlich. Es handelte sich um einen großen Bus, doch leider konnten wir nicht nebeneinander sitzen, da die Plätze nummeriert waren und unsere Plätze schräg übern Gang lagen und am Fenster jeweils schon jemand saß. Naja, halb so schlimm. Es wurde auch so unterhaltsam.

Hier eine Chronologie der ersten anderthalb Stunden dieser denkwürdigen Fahrt:

09:30 Uhr: Der Bus fährt pünktlich vom Rand der Hauptstraße ab, nachdem alles Gepäck tatsächlich im Gepäckraum verstaut werden konnte. Diesmal sind wir die einzigen Ausländer

09:35 Uhr: Im Schneckentempo fahren wir mit geöffneter Tür die Hauptstraße entlang und alle zehn Meter steigt noch irgendjemand ein. Aus den Lautsprechern plärren Lao-Schlager und dazu laufen Musikvideos auf einem großen Bildschirm vorn. Wir fragen uns, wie es sein kann, dass Männer und Frauen in diesem Land nicht im selben Hotelzimmer übernachten dürfen aber es gleichzeitig niemanden stört, dass in jedem Video so knapp bekleidete Mädchen in so anzüglichen Posen tanzen, dass wir uns geradezu fremdschämen.

09:40 Uhr: Die Tür ist inzwischen geschlossen und wir haben das Zentrum verlassen. Wir halten am Straßenrand – wieder einmal – und zwei Männer laden einen Sack Reis in den Bus. Der Gepäckraum ist ja voll, also muss der Reissack in den Passagierraum. Sie schieben ihn nach hinten durch und laden noch einen Sack ein. Und dann noch einen. Und noch einen. Und noch einen. Und… so geht es weiter, bis der komplette Gang mit gelben Zentnersäcken Reis belegt ist.

09:50 Uhr: Der Busbegleiter kontrolliert die Tickets. Dazu muss er auf den Reissäcken entlang steigen, da der Gang ja komplett damit gefüllt ist. Auch weitere Fahrgäste, die noch einsteigen, müssen über die Säcke klettern.

10:00 Uhr: Wir erreichen einen Busbahnhof. Mehr Leute steigen ein, darunter zwei ältere Sikhs mit Turban und ein europäisch aussehender Herr mittleren Alters. Die vordersten beiden Reissäcke werden entladen, Gott weiß wohin. Danach weiteres Geziehe und Gehieve. An die Stelle der Reissäcke wird ein Motorrad in den Gang geschoben, dessen Lenker den Busfahrer fast im Ohr krabbelt.

10:15 Uhr: Weiter geht die Fahrt. Einer der Männer, die das Motorrad festhalten, kramt von irgendwo ein Seil hervor und bindet das Hinterrad zwischen zwei Sitzen fest. Meine Nachbarin ist friedlich mit dem Kopf auf meiner Schulter eingeschlafen.

10:30 Uhr: Immer mal wieder hält der Bus, um noch weitere Fahrgäste vom Straßenrand zusteigen zu lassen. Die neuen Fahrgäste müssen jetzt erst einmal über das Motorrad klettern, um anschließend über die Reissäcke zu ihren Sitzplätzen zu gelangen. Die meisten steigen dazu auf den Sitz neben dem Motorrad und dann auf den Motorradsitz oder dessen Auspuff, andere versuchen sich auf den Lehnen abzustützen. Da das Ende des Motorrads genau neben meinem Sitz liegt und ich nicht ständig getreten werden möchte, kuschele ich mich vertrauensvoll noch ein bisschen enger in meine schlafende Nachbarin.

Hab mein Wage vollgelade...

Hab mein Wage vollgelade…

10:40 Uhr: Wieder einmal hält der Bus am Straßenrand. Schneller als 50 km/h sind wir bis jetzt garantiert zu keinem Zeitpunkt gefahren. Diesmal steigen keine neuen Fahrgäste zu, sondern eine fliegende Händlerin, die Hähnchenspieße verkauft, welche sie in Bündeln in den Händen trägt. Mit vollen Händen klettert es sich nicht so gut über das Motorrad aber das hält sie nicht ab. Es hält auch die nächste fliegende Händlerin, die ganze gebratene Hähnchen auf Spießen verkauft nicht ab. Und auch nicht die übernächste, und die danach… Moment mal? Es steigen gut und gern acht Damen mit Hähnchenspießen ein, kraxeln über das Motorrad und stapfen über die Reissäcke nach hinten. Der Busfahrer fährt inzwischen langsam weiter, während die Damen ihre fettige Ware unters Volk bringen.

10:45 Uhr: Nächster Stopp am Straßenrand. Wer dachte, dass die Händlerinnen hier wieder aussteigen, hat weit gefehlt. Im Gegenteil: Weitere acht Händlerinnen steigen ein, noch mehr Hähnchenspieße; danach noch drei, vier Damen, die geschnittenes Obst und Wasserflaschen verkaufen. Im Bus geht es inzwischen zu wie auf einem Jahrmarkt. Kathrins Nachbar erwirbt zwei Spieße, deren Fett ein paar asymmetrische Flecken auf Kathrins Hose tropft, während die Verkäuferin sich über sie beugt um zu kassieren.

10:50 Uhr: Die Händlerinnen steigen alle einen Kilometer weiter wieder aus, vermutlich um mit dem nächsten Bus in die Gegenrichtung zurückzufahren. Zwei Mönche steigen ein und setzen sich zu den Sikhs und dem Europäer auf die Rückbank. Meine Sitznachbarin ist inzwischen wach und vergleicht unsere Armbehaarung. Aus den Lautsprechern plärren weiter Lao-Schlager – der Busfahrer wechselt ab und zu mal die CD. Ich fange an, Lao-Schrift anhand der Karaoke-Untertitel zu lernen…

Am Ende sind wir gut in Savannakhet angekommen, haben wieder einen kleinen Bungalow für uns, in dem wir vorhin etwas kreativ werden mussten, um ein Moskitonetz aufzuhängen (Leukoplast sei Dank), haben einen Stadtspaziergang gemacht und etwas gegessen. Genug Programm für heute!