Von Chiang Mai über Pai nach Sukhothai (ai ai ai…)

17. Februar 2017, Nakhon Ratchasima

So, wieder lange nichts gehört von uns… Es war viel los aber zur Entschädigung gibt es jetzt einen extra langen Artikel…

Unser erstes Hostel in Chiang Mai war aufgrund eines intensiven Geruches nach frischer Farbe und fehlender Belüftung im Schlafsaal leider nicht so optimal, weshalb wir uns am nächsten Morgen erst einmal auf die Suche nach etwas besserem machten. Ein paar Hausnummern weiter wurden wir fündig in einem sehr ruhigen, sehr sauberen kleinen Hostel am Ende einer Sackgasse, wo wir uns für die nächste Woche einquartierten. Wir hatten zwar nicht unbedingt eine ganze Woche geplant, sondern verlängerten immer wieder für ein, zwei Nächte aber es gab eben auch wirklich viel zu tun in Chiang Mai.

Die Stadt trägt den Beinamen „Rose des Nordens“ nicht umsonst. Die Altstadt, von einem Wassergraben und Überresten einer Mauer umgeben, quillt über von goldglänzenden Tempeln, bunten Läden und vielfältigen Restaurants. Die ersten beiden Abende bummelten wir über die Nachtmärkte – es gibt eine Saturday und eine Sunday Walking Street, wo jeweils eine komplette Straße zur Fußgängerzone erklärt wird, auf der es dann samstags angeblich um die 600 Verkaufsstände geben soll und am Sonntag sogar tausend. Man schafft gar nicht, alles anzuschauen, auch wenn es noch so schöne Dinge zu sehen gibt: Kleidung, Schmuck, Täschchen, Papierwaren, Gemälde, Kunsthandwerk und jede Menge Essen und Trinken, mobile Massagestände und und und… Man kam teilweise kaum vom Fleck und wir gingen am Sonntag schon am späten Nachmittag, als die Händler noch beim Aufbauen waren. Aufgrund des chinesischen Neujahrs waren sehr viele chinesische Besucher in der Stadt, gefühlt die Hälfte aller Touristen und viele Händler sprachen neben Englisch auch Chinesisch. Unter den westlichen Touristen scheinen übrigens Deutsche die größte Gruppe hier zu sein. 😉

Impressionen aus Chiang Mai…

…und vom Nachtmarkt, mit echten und unechten Vögeln (die echten waren nicht zum Verkauf).

Einen Tag spazierten wir einfach durch die Altstadt und schauten ein paar der prächtigen Tempel an und einen anderen Tag fuhren wir zum etwas außerhalb der Stadt auf einem Berg gelegenen Tempel Doi Suthep, der vor Gold nur so strahlt und von wo man außerdem einen Fernblick über ganz Chiang Mai hat – liegt der Tempel doch mehr als 700 Meter über der Stadt. Abends gingen wir einmal essen mit zwei Deutschen aus unserem Dorm. Nicht wenige Restaurants hatten schon geschlossen, obwohl es erst halb acht war, und als wir schließlich doch noch ein halbwegs erschwingliches Lokal fanden, das noch geöffnet war, trafen die beiden dort zwei Kanadier, die sie in Bangkok kennengelernt hatten, und wir hatten einen schönen Abend zusammen.

Doi Suthep – prächtig wie der Hofstaat des Großmoguls Aureng Zeb im Grünen Gewölbe

Chiang Mai aus der Vogelperspektive

Außerdem begegneten wir wieder einmal – Überraschung! – Mélissa, der Französin aus der Transsib, die uns schon in Vang Vieng und Luang Prabang in Laos über den Weg gelaufen war. Ich stand gerade so an einem Kokosnuss-Eisstand und überlegte, mir eines zu kaufen, als sie mit ihrer Kraxe vorbei gelaufen kam; sie war gerade in Chiang Mai angekommen. Wir e-mailten uns, stellten fest, dass ihr Hostel auf der selben Straße wie unseres war und gingen einen Abend zusammen essen in ein sehr authentisches japanisches Restaurant. Da Mélissa ja auch ihr Herz an Japan verloren hat, schwelgten wir alle drei selig in essen-induzierten Erinnerungen. Sie wollte nun nach Myanmar weiter, aber später auch nach Malaysia und vielleicht Neuseeland. Mal schauen, ob uns das Glück nochmal hold ist und wir uns noch einmal zufällig begegnen.

Außerdem erfüllte ich mir einen lang gehegten Wunsch und machte einen Kurs in Thaimassage. Es gab verschiedene Schulen und alle möglichen Angebote von Halbtags- bis hin zu Monatskursen. Da ich nicht die Absicht habe, in Deutschland einen Massagesalon zu eröffnen (und auch aus Kostengründen) nahm ich einen Dreitageskurs, bei dem die Grundlagen der Thaimassage von Kopf bis Fuß gelehrt wurden. Außer mir war noch ein weiterer Teilnehmer mit von der Partie: Alonso aus Chile, eine sehr ruhige, immer lächelnde Seele. Wir erhielten ein Buch mit Fotos aller Schritte, die unsere Kursleiterin uns erklärte; sie demonstrierte immer an einem von uns und wir hatten genügend Zeit, uns neben jedem Foto im Buch unsere eigenen Notizen zu machen. Danach übten wir unter ihrer Aufsicht an uns gegenseitig. Das Tolle an einem Massagekurs ist, dass man jeden Tag eine Massage erhält. 🙂 Andererseits ist es auch ganz schön anstrengend, erfordert viel Übung und einige der Griffe würde ich wahrscheinlich nie ohne professionelle Aufsicht an irgendjemandem ausprobieren. Es hat aber auf jeden Fall Spaß gemacht, und wenn jemand von euch irgendwann mal Bedarf hat, meldet euch!

Don’t try this at home. 😉

In Chiang Mai besuchten wir auch ein Museum der besonderen Art: ein 3D-Museum. Dort sind verschiedenste Bildmotive an die Wände gemalt und man kann sich davor fotografieren, sodass es dann auf den Fotos so aussieht, als ob man Teil des Bildes an der Wand ist. Wir hatten einen Riesenspaß und waren fast vier Stunden dort. Die Fotos sprechen für sich (hier eine Auswahl der etwa 170 Bilder):

An unserem letzten Tag in der Stadt fuhren wir zum „Grand Canyon“, einem mit Wasser gefüllten Felsenbecken, das vermutlich mal ein Steinbruch war und wo man jetzt Baden und Klippenspringen kann. Nicht das wir letzteres vorgehabt hätten, aber die Schwimmwestenpflicht bestand für alle, die ins Wasser wollten und es hat trotzdem viel Spaß gemacht, vor allem, da fast keine Leute da waren und wir das überraschend warme Wasser so gut wie für uns hatten.

Der Grand Canyon von Chiang Mai

Am Nachmittag wurden wir dann mit einem Minivan abgeholt, um einen Abstecher nach Norden in Berge zu unternehmen. Wir wollten für ein paar Tage nach Pai und hatten gelesen, dass die Fahrt dorthin sehr kurvig wäre, aber wir machten uns ja gar keine Vorstellung… Wenn ich dachte, die Fahrt von Irkutsk nach Olkhon wäre die schrecklichste meines Lebens gewesen, dann war sie noch gar nichts gegen diese Fahrt nach Pai. Wir erfuhren zum Glück erst in Pai, dass die Straße von Chiang Mai dorthin angeblich 762 Kurven hat, nicht wenige davon 180° und das bei einer Steigung von gefühlten 12-18%. Das an sich wäre auch gar nicht so schlimm gewesen, hätte unser Fahrer den Fuß ab und zu mal vom Gaspedal genommen. Aber stattdessen hatte man das Gefühl, dass er vor den Kurven noch extra Gas gab, wo er ohnehin schon gefühlt viel zu schnell unterwegs war. Ohne Reisekaugummi hätte ich die Fahrt gar nicht überstanden und im Bus purzelte alles durcheinander. Als wir nach dreieinhalb sehr langen Stunden endlich den Busbahnhof von Pai erreichten, sammelten wir erst einmal alle möglichen Dinge unter den Sitzen auf und verteilten sie wieder an ihre jeweiligen Besitzer…

Wir suchten uns das erstbeste Restaurant mit Internet und schrieben dem Hostelbesitzer, bei dem wir die erste Nacht gebucht hatten, damit er uns abholen kommt. Das Hostel war nämlich etwas außerhalb gelegen und es war mittlerweile auch schon dunkel. Dort angekommen stellten wir fest, dass es wahrscheinlich nicht so das richtige für uns war. Wir haben zwar im Prinzip kein Problem mit simplen Quartieren – Matte auf dem Fußboden, WC über’n Hof, Selbstverpflegung – aber in Thailand bekommt man einfach für den selben Preis wesentlich besseres und insbesondere auf Selbstversorgung sind wir einfach nicht eingerichtet, weil das in Südostasien normalerweise völlig unnötig ist. Aber das Hostel lag eine halbe Stunde zu Fuß von Pai und entsprechend auch von den Restaurants entfernt und das war uns einfach zu unpraktisch. Davon abgesehen, dass unser Zimmer keine Tür sondern nur einen Vorhang hatte…

Also machten wir uns am nächsten Morgen im Ort auf die Suche und fanden eine hübsche Pension direkt im Zentrum, mit einem schönen grünen Garten, wo man draußen sitzen konnte, und einem gemütlichen Zimmer mit Tür, eigenem Bad und richtigen Betten für nur einen Euro mehr.

In Pai

Pai ist nur ein größeres Dorf; es Kleinstadt zu nennen wäre übertrieben. Allerdings ist es extrem touristisch und insgesamt eine sehr interessante Mischung aus Backpackern, Hippies und einer muslimischen Gemeinde, was das Essensangebot sehr interessant macht. Wir gingen spazieren, bummelten über den allabendlichen Nachtmarkt, aßen viele leckere Dinge von Fladenbrot mit Hummus und Falafeln über thailändisches und indisches Essen bis hin zu Guacamole-Bruschettas, und faulenzten auch mal einen Tag in unserem Guesthouse. Einen Tag unternahmen wir außerdem eine geführte Tour rund um Pai, mal wieder mit einer supernetten und interessanten Gruppe, bunt gemischt aus Deutschen, Israelis, Engländern und US-Amerikanern und einem Kanadier. Wir besichtigten die sehr beeindruckende Lod Cave, eine riesige Höhle, durch die man ein Stück weit mit einem Bambusfloß fuhr und in der es mehrere große Hallen mit Stalagtiten und Stalagmiten und anderen interessanten Formationen zu sehen gab. Außerdem konnte man ab und zu eine Fledermaus erspähen.

Lod Cave

Danach ging es baden in eine natürliche heiße (na sagen wir mal angenehm warme) Quelle, wobei uns nicht klar war, woher dort das warme Wasser kommt, wo die Gegend ja nicht vulkanisch ist. Es war aber trotzdem ein netter Badestopp in einem Bach.

Die „heiße“ Quelle

Abends fuhren wir zum Pai Canyon, der wie eine Mischung aus Miniatur-Grand Canyon und Sächsischer Schweiz wirkt. Dort konnten wir ein bisschen herumwandern und den Sonnenuntergang über den Bergen sehen, was wirklich schön war. Dort trafen wir auch zufällig Noémi wieder, aus unserer Gruppe bei der Steinkrüge-und-Landminen-Tour in Laos. Wieder einmal ein freudiges Wiedersehen.

Sonnenuntergang am Pai Canyon

Uns bangte sehr vor der Rückfahrt nach Chiang Mai, aber wir konnten ja nicht ewig in Pai bleiben, und so buchten wir schließlich einen Vormittagsbus zurück. Und was soll man sagen: es gibt tatsächlich Busfahrer, die vor Kurven abbremsen und das auch nicht ruckartig, sondern sanft und gleichmäßig, und die – oh Wunder – die Strecke trotzdem in der gleichen Zeit schaffen wie die Raser. Es war diesmal überhaupt kein Problem; ich brauchte nicht einmal Reisekaugummis und wir kamen entspannt und mit ruhigem Magen in Chiang Mai an. Dort buchten wir, da es erst Mittag war, gleich einen Bus zur Weiterfahrt zu unserem nächsten Reiseziel Sukhothai. Diesmal war es ein großer Bus, was auch ganz angenehm war, da die Fahrt immerhin noch fünf Stunden dauerte. Zum Glück hatten wir schon ein Guesthouse für die erste Nacht gebucht, da wir wieder erst im Dunkeln ankamen und einen ziemlichen Reisetag hinter uns hatten. Mit uns im Bus saß eine ältere Deutsche, die ins gleiche Quartier wollte. Wir kamen ins Gespräch, da es von der Bushaltestelle eine halbe Stunde zu laufen war. Wir waren überrascht, als sie uns erzählte, dass sie Arthritis in beiden Knien hat und in Deutschland vor Schmerzen kaum laufen kann. In der Wärme Südostasiens hat sie kaum Beschwerden.

Dafür waren wir dann diejenigen, die wieder Beschwerden kriegten, allerdings nicht in den Knien. Womit wir uns diesmal abgeschossen haben, wissen wir leider auch nicht, aber die nächsten zwei Tage waren wir mit Durchfall und Magenkrämpfen völlig außer Gefecht gesetzt. Glück im Unglück war, dass wir wieder etwas zeitversetzt anfingen, zuerst Kathrin und einen halben Tag später ich, sodass wir uns mit dem Einkaufen von Snacks und Wasser abwechseln konnten. Leider war nämlich der nächste Laden eine gute Viertelstunde zu laufen, was in diesem Zustand eine ganz schöne Strecke ist.

Als es uns wieder etwas besser ging, erkundeten wir die Tempelruinen von Sukhothai, weshalb wir eigentlich dorthin gefahren waren. Ein Großteil der alten Gemäuer steht in einem wunderschönen Park mit großen Bäumen und seerosenüberwucherten Teichen. Mit dem Fahrrad kann man entspannt von einer Ruine zur nächsten fahren, unbehelligt von Autos und anderen Touristen, denn obwohl der Historische Park Weltkulturerbe ist, verirren sich nur wenige Besucher dorthin.

Großer Buddha im Wat Sri Chum

Ein bisschen wie Angkor Wat, aber kleiner und viel entspannter

Herrlich, mal so ohne Autos und Motorräder herumzufahren…

Sonnenuntergang über dem Wat Sa Si

Von Sukhothai wollten wir weiter nach Nakhon Ratchasima, eine Stadt im Osten Thailands, fast 500 km entfernt, aber wir wussten nicht so richtig, wie wir von Sukhothai aus dorthin kommen sollten. Wir fragten am Busbahnhof, wo es einen Bus nach Bangkok gab, aber der Morgenbus war schon ausgebucht und die Dame war derart unfreundlich, dass weiteres Fragen zwecklos war. Also war wieder einmal Freestyle und Vertrauen ins Verkehrsnetz angesagt: am nächsten Morgen fuhren wir (trotz erneuten Durchfalls meinerseits, aber dafür gibt es ja Tabletten und wir wollten einfach nur noch weiter) mit dem öffentlichen Songthaew eine halbe Stunde nach Neu-Sukhothai zum Busbahnhof. Dort sagte man uns, dass es von der nächstgrößeren Stadt Phitsanulok aus einen Bus nach Nakhon Ratchasima gäbe. Also weiter mit dem nächsten Bus, der auch nach fünf Minuten schon losfuhr, eine Stunde nach Phitsanulok. Dort gab es leider zwei Busbahnhöfe und wir kamen natürlich am lokalen an. Eine freundliche Tuktukfahrerin fragte uns, wo wir hinwollten und sprach dann mit dem Fahrer unseres Busses, aus dem wir gerade ausgestiegen waren. Sie hätte ja auch ein Geschäft an uns machen können, aber stattdessen sagte sie, wir könnten mit dem Bus weiterfahren bis zum Fernbusbahnhof, was wir dann auch taten. Dort setzte uns der Busfahrer direkt vor dem richtigen Schalter ab und wir konnten zwei Stunden später weiterfahren nach Nakhon Ratchasima.

Diesmal war es ein richtiger Luxusbus mit Toilette, Bordunterhaltung in Form von Filmen („Sharkansas“ lässt grüßen), und sogar Bordservice – Getränke und Frischetücher inklusive. Dafür war es auch nochmal eine richtig lange Fahrt, über sieben Stunden, und als wir gegen acht in Nakhon Ratchasima ankamen, hatten wir noch nicht mal ein Quartier, da wir ja nicht wissen konnten, ob wir es bis dorthin schaffen. Wir hatten uns aber schonmal provisorisch ein Hotel herausgesucht, zu dem wir uns dann mit dem Tuktuk fahren ließen, nachdem sämtliche anwesende Fahrer mehrere Minuten lang diskutiert hatten, wo das Hotel denn liegt. Wir kamen schließlich an wo wir hinwollten, es gab noch freie Zimmer und so konnten wir uns dann ziemlich k.o. erstmal ins Bett fallen lassen.

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem öffentlichen Bus in die 50 km entfernte Stadt Phimai. Dort gab es einen kleinen historischen Park mit einer mehr schlecht als recht restaurierten Ruine aus der Angkor-Zeit, die aber trotzdem sehr schön war.

Im Historischen Park von Phimai

Außerdem gibt es in der Nähe des Städtchens auf einer kleinen Insel einen riesigen Banyan-Baum. Diese Baumart fällt dadurch auf, dass sie keinen Hauptstamm zu haben scheint, sondern von den Ästen immer wieder Wurzeln nach unten wachsen und der Baum dadurch zu einem riesigen Geflecht wird. Das Exemplar in Phimai ist das größte in Thailand, wenn nicht noch darüber hinaus; unter seinem Geflecht gibt es zahllose Picknicktische und -bänke, zwei Schreine und einen ganzen Rundweg.

Das gesamte hellgrüne ist der Banyan-Baum!!

Man sieht sozusagen den Baum vor lauter Wald nicht…(ja, das ist alles der eine Baum!)

Zurück in Nakhon Ratchasima suchten wir einen Tempel (Wat Phra Narai Maharat), von dem wir gelesen hatten, dass es in dem umliegenden See Bindenwarane geben sollte. Wir fanden den Tempel, und drumherum lag auch ein „Gewässer“, aber danach, dass es hier Warane geben sollte, noch dazu welche, die bis zu drei Metern lang werden können, sah es eher nicht aus. Der vielleicht hundert Meter im Quadrat messende Teich war ein künstlich angelegtes Betonbecken mit nackten, schrägen Wänden und keinerlei Grün. Das Wasser war trüb, von einem grünen Film überzogen und am Ufer schwamm eine Menge Müll herum. In der Mitte auf einer künstlichen Insel lag der Tempel. Da lag wohl offensichtlich ein Irrtum vor.

Wir wollten schon wieder kehrt machen, als wir plötzlich etwas auf der Uferschräge liegen sahen – kaum zu glauben, aber es war tatsächlich ein Waran! Danach sahen wir noch weitere Exemplare, die sich sonnten oder im Teich herumschwammen. Aus irgendeinem Grund schien dieser keimige Tümpel das reinste Biotop zu sein; wir sahen auch eine Art Eisvogel, der immer wieder in die dreckige Brühe schoss und mit Beute herauskam. Verrückt. Warum die Warane dort leben, und ob sie manchmal versuchen, auszubüchsen, wissen wir nicht.

Bindenwaran in der Stadt

Das war aber noch nicht die größte Überraschung des Tages. Unverhofft kommt oft, leider nicht immer im besten Sinne… Unser Hotel am Stadtrand, das kein Tuktuk- oder Taxifahrer je zu kennen schien, war zwar sehr ordentlich und modern, aber leider funktionierte das Internet nicht, was die weitere Reiseplanung deutlich erschwerte. Also suchten wir im Stadtzentrum ein Café oder ähnliches, wenn wir schonmal da waren, um dort das Wlan zu nutzen. Und als wir so herumliefen und suchten, stolperte Kathrin leider über eine Kante im Bordstein und verdrehte sich den Fuß. Zunächst sah es nicht weiter schlimm aus; wir liefen noch langsam bis zum nächsten Café und bestellten etwas zu essen. Aber während wir dort saßen, schwoll die umgeknickte Stelle immer weiter an und tat dann auch in Ruhe weh. Also nutzten wir das vorhandene Wlan, um nach englischsprachigen Krankenhäusern zu suchen und baten die Kellner, uns ein Taxi zu bestellen. Das ganze Café-Team war unglaublich besorgt und hilfsbereit, zwei Leute begleiteten uns nach draußen und bestanden darauf, Kathrin zu stützen und ihren Rucksack zu tragen und das Taxi bis direkt vor die Tür zu lotsen.

Wir fuhren ins Korat Memorial Hospital, da wir einen Blogeintrag von jemandem gelesen hatten, der dort gut behandelt worden war. Vor Ort standen schon mehrere Rollstühle in der Einfahrt und ein „Portier“ (nennt man das so im Krankenhaus?) bugsierte Kathrin in einen davon und rollte sie direkt in die Notaufnahme. Dort waren sofort mehrere Krankenschwestern und eine Ärztin zur Stelle, die gut Englisch sprachen und direkt mit der Untersuchung begannen. Ich wartete draußen während K zum Röntgen gefahren wurde, zurück ins Behandlungszimmer, nochmal zum Röntgen, wieder ins Behandlungszimmer,… Eine knappe Stunde später war der Fuß dann bandagiert und mit einem Eispack versehen, Diagnose Verstauchung, zwei Tage ruhig halten und dann weiter sehen… Wir bekamen noch Schmerzmittel und ein Medikament zur Muskelentspannung und bezahlten am Ende nicht einmal 60 Euro für alles.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf die Suche nach einem Hotel im Stadtzentrum, denn zwei Tage Bettruhe sind ohne Internet auch ganz schön langweilig und außerdem gab es rund um unser Vorstadthotel nicht wirklich irgendwelche Einkaufsmöglichkeiten. Die Suche gestaltete sich schwieriger als gedacht. Obwohl Nakhon Ratchasima eine Großstadt ist, ist es alles andere als touristisch (tatsächlich haben wir hier so gut wie überhaupt keine Ausländer gesehen, geschweige denn Backpacker) und entsprechend gibt es nicht viel Auswahl. Zwischen zu teuer, zu abgelegen, Bezahlinternet und Baustelle direkt nebenan fand ich am Ende ein passables, das außerdem eine große Mall mit Supermarkt und Restaurants in Laufentfernung hat, und dort richteten wir uns dann ein. Die zwei Tage Bettruhe sind inzwischen herum und heute konnte Kathrin schon wieder vorsichtig rausgehen, daher werden wir morgen nach Bangkok weiterfahren; es wird schon gehen, wenn ich die Kraxen trage und wir so weit wie möglich Taxi fahren. Schauen wir mal…

Mit dem Tuktuk nach Thailand

05. Februar 2017, Pai

Wir haben ja nun schon mit so einigen Verkehrsmitteln Grenzen passiert – Zug, Bus, Boot – aber nach Thailand fuhren wir sozusagen mit dem Tuktuk (zumindest fast). Wir hätten zwar einen Bus buchen können, aber der wäre unnötig teuer gewesen und wir hatten ohnehin nicht mehr genug Landeswährung. Also nahmen wir uns morgens ein Tuktuk und fuhren die zehn Minuten bis zur laotischen Grenze, wo wir unseren Ausreisestempel erhielten. Zugegeben, direkt über die Grenze, also die Friendship Bridge, mussten wir dann einen Shuttlebus nehmen (laufen durfte man nicht), aber auf der anderen Seite fuhren wir wieder mit dem Tuktuk bis in den nächsten Ort. Vorher an der Thaigrenze zitterten wir nochmal kurz, ob wir wohl mit unserem Visum aus Vientiane einreisen und die 60 Tage bewilligt bekommen würden. Wir mussten nämlich an der Grenze noch ein Einreiseformular ausfüllen und darin unter anderem angeben, wann und wie wir Thailand wieder verlassen würden, und ich hatte gelesen, dass einem die Einreise ohne Ausreisenachweis verweigert werden kann. Uns blieb nun nichts anderes übrig, als die Information freizulassen. Da nicht viel los war, gingen wir gleich zu zweit zum Schalter, wo ein mittelalter, etwas beleibter Beamter saß, der so viel geballtem Charme glücklicherweise nicht widerstehen konnte, seinen anderweitig vermutlich eher langweiligen Tag mit etwas Geschäker aufpeppte und uns ohne unangenehme Fragen alle Stempel in den Pass pappte, die wir brauchten, 60 Tage Aufenthalt inklusive.

Die Tuktukfahrerin, die uns danach chauffierte, war ein echter Schatz. Anstatt uns zum Busbahnhof zu bringen wie vereinbart, setzte sie uns an der Hauptstraße ab, wo schon der richtige Bus bereitstand – am Busbahnhof hätten wir eine Stunde auf den nächsten warten müssen. Und damit nicht genug, sie brachte uns sogar noch über die Straße bis direkt zur Bustür, damit wir nicht überfahren werden. Denn wir sind jetzt in Thailand, und in Thailand herrscht Linksverkehr und in Thailand, das lernten wir sehr schnell, fahren sie wie die Bekloppten.

Der öffentliche Bus ins drei Stunden entfernte Chiang Rai kostete nur 60 Baht (ca. 1,50 €) pro Person – in Thailand ist auch alles viel günstiger als in Laos. Während der Fahrt verglichen wir die beiden Länder. Obwohl wir gerade erst angekommen waren, fielen uns schon einige Unterschiede auf. Der Verkehr ist viel schneller und es sind viel mehr Autos und weniger Motorräder unterwegs. Es wird kaum gehupt. Die Häuser sind groß und schick, teilweise sehr modern. Und die Landwirtschaft: riesige Felder, die mit Traktoren bewirtschaftet und mit Chemikalien besprüht werden – verschwunden sind die Wasserbüffel, das freilaufende Geflügel, die gebeugten Gestalten mit Spitzhut auf den kleinen Äckern. Das Wohlstandsgefälle zwischen den beiden Ländern ist riesig; kein Wunder dass so viele Laoten (und Kambodschaner) zum Arbeiten nach Thailand kommen.

In Chiang Rai machten wir uns als erstes auf Hostelsuche und mussten prompt feststellen, dass die Quartiere im Zentrum ziemlich gut gebucht waren. Wir fragten bei mehreren vergebens bis wir schließlich in einer Seitenstraße in einem Garten ein sehr hübsches kleines Hostel fanden, dass noch freie Dormbetten hatte.

Die wichtigste Sehenswürdigkeit von Chiang Rai ist Wat Rong Khun, der Weiße Tempel, ein moderner, von einem zeitgenössischen thailändischen Künstler entworfener, buddhistischer Tempelkomplex, an dem immer noch gebaut wird. Mehrere Gebäude sind schon fertig und ziehen täglich hunderte Touristen (und vielleicht auch ein paar Gläubige) an, aber angeblich sollen die Arbeiten noch bis 2070 andauern.

Irgendwie sind uns den Massen zum Trotz noch ein paar Fotos fast ohne Menschen gelungen.

Leider war der Tempel, als wir ankamen, von chinesischen Reisegruppen derart überrannt, dass wir anstehen mussten, um ihn überhaupt von innen zu sehen. Aber das Warten hat sich durchaus gelohnt. Da Fotografieren im Tempel verboten war, bleibt uns jetzt nichts anderes übrig, als euch zu beschreiben, wie es drinnen aussah. Eigentlich sah es ähnlich aus wie in den meisten anderen buddhistischen Tempeln; an der Stirnseite saß ein Buddha und die Wände waren mit buddhistischen Motiven bemalt. Aber das war nicht alles. An mehreren Stellen hat der Künstler nämlich ganz und gar unreligiöse Motive verewigt: zwischen Darstellungen nuklearer Zerstörung oder des Attentats auf die Twin Towers verstecken sich Pikachu und Superman genauso Harry Potter und Michael Jackson, um nur einige von vielen zu nennen.

Da wir nicht fotografieren durften, müsst ihr mit diesem Bild von Wikipedia vorlieb nehmen…

Neben dem Weißen Tempel war unser Highlight in Chiang Rai vermutlich das mit „Cat’n a Cup“ sehr passend benannte Katzencafé. Für diejenigen von euch, die mit dem Konzept nichts anfangen können: es handelt sich im Prinzip um ein ganz normales Café, mit dem zusätzlichen Bonus, dass es dort jede Menge verschmuste und verspielte Katzen gibt. In diesem Café saß man auf Kissen auf dem Boden an flachen Tischen, was die Interaktion mit den Samtpfoten sehr begünstigte. Zwar gibt es immer ein paar Leute, die den Katzen unnötig auf die Pelle rücken (oder Eltern, die partout nicht in der Lage sind, ihre katzenschwanzziehenden Kinder zu zähmen) aber im großen und ganzen herrschte in dem Café eine sehr angenehme Atmosphäre und es gab auch viele Rückzugsorte für die Katzen, welche außerhalb der Reichweite der Gäste lagen. Und man musste auch wirklich gar nichts weiter tun als Platz zu nehmen und abzuwarten; die neugierigen Stubentiger kamen beizeiten von ganz allein näher, beanspruchten Rucksäcke als Sitzgelegenheiten, spielten mit Handtaschengurten, haschten sich quer durchs ganze Café oder holten sich bei Bedarf ein paar Streicheleinheiten. Eventuell waren wir vielleicht auch mehr als einmal dort, öhöm…

Ansonsten bummelten wir einfach mal so durch die Stadt und schauten ein paar Sehenswürdigkeiten an, wobei wir auch mehr oder weniger zufällig über das Blumenfestival stolperten, das dort gerade stattfand und keinen Eintritt kostete.

Abends holten wir uns unser Essen vom Nachtmarkt, der über ein paar nette Souvenir- und Schnickschnackstände sowie einen riesigen Foodcourt verfügte, den auch die Einheimischen zu nutzen schienen. Einen Abend ging ich allein, da Kathrin keinen Appetit hatte und sich nicht nach Rausgehen fühlte. Während ich so in der Schlange für mein Pad Thai stand (gebratene, leicht gesüßte Reisnudeln serviert mit Limette, Erdnüssen und frischen Sprossen) und meinen Blick auf der Suche nach einem freien Sitzplatz über die Tische schweifen ließ, kam mir der Gedanke, dass ich bestimmt schon irgendjemanden dort kenne – nur vielleicht noch nicht in diesem Augenblick. Klingt esoterisch? Glaubt ihr nicht? Ich suchte mir mit meinem Nudelteller einen Tisch, wo nur eine Person saß, eine junge Frau in meinem Alter, fragte ob noch frei ist, und als sie bejahte, setzte ich mich zu ihr. Natürlich kamen wir ins Gespräch, zuerst auf Englisch, merkten dann, dass wir beide Deutsche sind und lange Rede kurzer Sinn, am Ende bummelten wir noch zusammen durch die Stadt, versackten schließlich am Glockenturm mit Bier (sie) und japanischer Limo (ich), da die meisten Kneipen schon geschlossen hatten und wir nicht ins Rotlichtviertel gehen wollten, und tauschen jetzt via Facebook Reisetipps aus. So einfach geht das.

Von Chiang Rai aus unternahmen wir auch einen ziemlich genau 23 Stunden dauernden Übernacht-Ausflug zurück zur laotischen Grenze, allerdings ein ganzes Stück südlich unseres Grenzübergangs. Wir hatten gelesen, dass man von einer 1.600 Meter hohen Klippe namens Phu Chi Fa den Sonnenaufgang über dem Nebelmeer zwischen den Bergen von Laos sehen könnte. Es gab einen öffentlichen Bus, der sich in etwa drei Stunden die sehr kurvige Straße hoch ins Dorf unterhalb der Klippe hinaufquälte. Vor Ort, so hatten wir gelesen, gäbe es jede Menge Guesthouses und man könne auch von überall den Shuttle zur Klippe für den nächsten Morgen buchen. Einfacher gesagt als getan. In dem winzigen Ort angekommen, war nichts, aber auch gar nichts auf Englisch beschriftet – wie nun ein Quartier finden? Wir gingen schließlich nach dem Aussehen und fragten dort, wo mehrere gleichaussehende Bungalows nebeneinander standen. Der erste war zu teuer, bei Nummer zwei kostete es nur die Hälfte, aber der Preis war auch das einzige, was die Betreiberin kommunizieren konnte (mit den Fingern). Sie verstand nicht einmal meine Frage nach einem Restaurant – wie wir da den Shuttle zur Klippe buchen sollten, war uns schleierhaft. Im Internet hatte das alles sehr viel einfacher geklungen.

Nachdem wir dann zumindest ein Bett hatten, machten wir uns auf die Suche nach etwas zu essen. Es gab eine Handvoll Restaurants aber keines mit englischer Speisekarte… Am Ende entschieden wir uns für eines, wo zumindest schon Ausländer drin saßen und siehe da, es gab doch eine Übersetzung der Karte. Wirklich auf Ausländer eingerichtet ist der Ort nicht; er scheint in erster Linie von Thais frequentiert zu werden, und die einzigen anderen Ausländer, die noch mit uns im Bus hergekommen waren – ein Brasilianer (aus Rio de Janeiro, ehe jemand fragt 😉 ) und zwei Russinnen, fanden nach und nach ebenfalls den Weg in dieses Lokal und setzten sich alle zu uns. Von der allgemeinen Ratlosigkeit über den Shuttle abgesehen war es ein sehr schöner Abend.

Wir beschlossen, am nächsten Morgen einfach in den Ort zu laufen und zu schauen, ob wir eine Mitfahrgelegenheit finden. Aber wir hätten uns überhaupt keine Sorgen machen müssen: am nächsten Morgen kurz vor halb sechs klopfte es an unserer Tür und ein Pick-up-Fahrer fragte, ob wir mitfahren wollten… Die zehnminütige Fahrt führte vom Dorf aus noch weiter steil nach oben bis zu einem Parkplatz unterhalb der Klippe, wo trotz der frühen Stunde ein unglaublicher Betrieb herrschte – der Parkplatz war voll mit Fahrzeugen; an Verkaufsständen gab es alles von Taschenlampen über Kaffee bis hin zu Bommelmützen und die 750 m Fußweg bis zur Spitze der Klippe legten wir in einer Karawane von Thais zurück, von denen nicht wenige gekleidet waren wie für eine Polarexpedition. Zugegeben, es war schon kalt. Für thailändische Verhältnisse war es sogar eisig: 13 Grad zeigte das Thermometer (und allen, die uns jetzt für Memmen halten und auf deutsche Temperaturen verweisen, sei gesagt, 13 Grad draußen bedeuten auch 13 Grad drinnen im Bungalow; hier gibt es nämlich keine kuschelig warme Zentralheizung…). Noch im Dunkeln suchten wir uns einen Platz ganz vorn am Zaun bevor es zu voll wurde; stöpselten uns Kopfhörer rein um das unaufhörliche Gebrabbel der Menschenmenge mit Musik nach Wahl zu überdecken und dem Moment etwas mehr Atmosphäre zu verleihen und dann warteten wir ab.

Das Morgenrot gab den Blick frei auf ein Meer von Wolken, das uns zu Füßen lag und aus dem die Berggipfel auf der laotischen Seite wie Inseln aufragten. Als die Sonne schließlich am Horizont aufging, verschwand sie schon nach wenigen Augenblicken über einer weiteren Wolkenschicht, von wo aus ihre Strahlen ganz deutlich hervortraten und das Nebelmeer in Töne von Pink und Gold tauchten. Es war unbeschreiblich schön.

Zurück im Ort hatten wir noch Zeit, im Restaurant vom Vorabend zu frühstücken bevor der Minibus zurück nach Chiang Rai fuhr. Dort am Busbahnhof angekommen buchten wir gleich noch eine Weiterfahrt nach Chiang Mai und verbrachten dann die Wartezeit noch einmal im Katzencafé. Was für ein Tag.

Von Luang Prabang zur thailändischen Grenze

31. Januar 2017, Chiang Mai

Nach Luang Prabang fuhren wir gemeinsam mit Megan und Noémi im Minibus, wo wie immer sämtliche Plätze besetzt waren. Nur leider sind wir falang (westliche Ausländer) etwas größer als die meisten Laoten, sodass wir wie in einer Sardinenbüchse saßen, uns praktisch nicht bewegen konnten und nach den fast acht Stunden Fahrt über die extrem kurvigen Straßen total verspannt ankamen.

Wir verabschiedeten uns von den Mädels und machten uns auf zu unserem Hostel am Rande der Altstadt. In unserem Dorm fiel uns sofort ein Rucksack auf, der aussah wie Mélissas (die Französin aus der Transsib) – siehe da, als wir abends vom Essen zurückkamen, trafen wir sie wieder. Die Welt ist klein.

Einen Tag schlenderten wir einfach nur durch die Stadt, von der wir nur Gutes von anderen Reisenden gehört hatten. Und tatsächlich ist Luang Prabang ganz anders als alle anderen Städte in Laos. Die alten Kolonialvillen sind geschmackvoll restauriert; es gibt zahlreiche Boutiquen und Souvenirgeschäfte und schöne kleine Resorts. Es fahren viel mehr Autos als in anderen Städten und man bekommt den Eindruck, dass Luang Prabang sehr wohlhabend sein muss.

Luang Prabang – kleine Gassen, …

…prächtige Tempel …

…und historische Kolonialbauten.

Jeden Abend gibt es in der Altstadt einen ziemlich großen Nachtmarkt, auf dem die üblichen Schlabberhosen mit Elefantenmuster, bunte Täschchen in allen Größen und sonstige Souvenirs verkauft werden. Einen Abend bummelten wir über den Markt, angenehm überrascht, dass die Verkäufer uns weitgehend in Ruhe ließen. Einen anderen Abend besuchten wir ein kleines Theater, wo ein Märchenerzähler mit musikalischer Begleitung auf Englisch laotische Volkssagen vortrug. Einmal stiegen wir auch am späten Nachmittag auf den „Hausberg“, den Phou Si Mountain, der einer der Volkssagen nach eigentlich die Spitze eines Berges auf Sri Lanka ist – eine Königin, die einst in Luang Prabang lebte, wollte unbedingt eine bestimmte Sorte Pilze essen, die es nur auf diesem Berg in Sri Lanka gab. Also schickte sie Hanuman, den Affenkönig (der praktischerweise Superkräfte besitzt), aber sie verriet ihm den Namen der Pilze nicht. Es handelte sich nämlich um Affenohrpilze, und Hanuman wäre vermutlich nicht besonders kooperativ gewesen, wenn er dies erfahren hätte. So flog er los und brachte Pilze, aber es waren nicht die richtigen, und die Königin schickte ihn noch einmal und noch einmal und jedes mal holte er die falsche Sorte. Am Ende hatte er die Nase voll und brachte ihr einfach die gesamte Bergspitze, damit die Königin ihre Pilze selber suchen konnte.

Wir hatten von Megan gehört, dass man für den Sonnenuntergang auf dem Berg zeitig kommen sollte, also waren wir schon über eine Stunde vorher da. Und was soll man sagen, wir fanden gerade noch einen freien Sitz-/Stehplatz mit Mekongblick; es waren schon Busladungen von Chinesen und anderen Touristen da und bis zum tatsächlichen Sonnenuntergang wuchs ihre Zahl gut und gern auf mehrere hundert; es war verrückt. Der Sonnenuntergang war aber sehr schön, da hat sich das Warten zumindest gelohnt.

Ausblick vom Phu Si – Sonnenuntergang über dem Mekong

An einem Nachmittag machte ich mich auf, die berühmte Lao-Kräutersauna auszuprobieren, von der es direkt auf unserer Straße eine im Rot-Kreuz-Zentrum gab, die größtenteils von Einheimischen genutzt wurde. Ich bekam ein Handtuch und einen Sarong, der groß genug war, um ihn als Wickelkleid zu tragen – in Laos würde man niemals nackt in die Sauna gehen. Es gab einen Frauen- und einen Männerraum und davor zwei separate Sitzecken mit Bänken und einem Tisch, auf dem ein Teespender und Tassen zur freien Verfügung standen. Mehrere Frauen saßen dort und machten ein Päuschen. Ich öffnete die Tür zur Sauna und mir kam eine dicke weiße Dampfwolke entgegen. Drin war es fast völlig dunkel; ich konnte nicht mal sehen, wie groß der Raum war oder wie viele Leute sich darin aufhielten, und die Hitze war so unerträglich, dass ich es nicht mal in den Raum hinein schaffte sondern die Tür direkt wieder schloss, sehr zur Unterhaltung der teetrinkenden Damen draußen. Sie empfahlen mir, erstmal eine heiße Dusche zu nehmen, und danach ging es tatsächlich besser. Aber mehr als eine halbe Minute am Stück hielt ich nicht aus; die feuchte, aromatisch duftende Hitze war so beißend, dass selbst die Einheimischen sich ihre Handtücher um das Gesicht wickelten und wir alle da saßen wie Mumien. Nach dreimal Dampfgaren fühlte ich mich ausreichend aufgewärmt für eine Massage, die ebenfalls dort angeboten wurde und die wieder recht schmerzhaft (aber zugleich sehr wohltuend) war.

Von Luang Prabang aus machten wir zudem einen Tagesausflug zum Kuang Si-Wasserfall. Dorthin gab es Minibustouren, die aber nicht viel Zeit am Wasserfall ließen. Ein Tuktuk zu zweit wäre zu teuer gewesen, also versuchten wir unser Glück mit einem Sammeltuktuk. Wir liefen von der Touristeninformation durch die Altstadt und hielten nach Tuktuks Ausschau, in denen vielleicht schon jemand saß, aber alle waren leer. Wir wollten schon fast aufgeben, als uns ein Fahrer ansprach und sagte, er hätte schon weitere Gäste für die Tour und würde um elf losfahren. Wir handelten einen Preis aus, der auch nicht teurer war als die Minibustouren und zudem sicherte der Fahrer uns zu, dass er vor Ort vier Stunden warten würde. Umso besser. Wir belohnten uns und füllten die Wartezeit bis elf Uhr mit einem Snack am Crêpe-Stand (Banane-Nutella-Erdnussbutter ist die Beste Mischung der Welt) und als wir uns dann am Tuktuk einfanden, das ein umgebauter kleiner Lieferwagen war, hatte der Fahrer tatsächlich acht Leute zusammen bekommen.

Die Fahrt dauerte etwa eine Dreiviertelstunde. Bevor man den eigentlichen Wasserfall erreichte, führte der Weg vom Parkplatz aus erst einmal durch eine Auffangstation für Kragenbären (auch Mondbären genannt), die aus den Händen von Wilderern befreit wurden und nun dort gepflegt werden. Die Bärengehege erinnerten an den Pandapark in Chengdu; die Bären hatten relativ viel Platz im Grünen, viel Spielzeug und waren sehr aktiv.

Kragenbär

Von dort gelangten wir über einen Waldweg an den Fuß des Kuang Si-Wasserfalls. Dieser fällt in unzähligen Stufen und Kaskaden ins Tal, einige mehrere Meter hoch, andere nur so hoch wie Treppenstufen. Da das Wasser sehr mineralhaltig ist, hat es eine milchig-blaue Farbe, die im sonnenbeschienenen Dschungel einfach paradiesisch wirkt. In einigen der natürlichen Pools konnte man baden, was wir uns aber in Anbetracht der relativ kühlen Temperaturen/ Blutegel/ Massen anderer Touristen verkniffen. Wir folgten dem Wasser fluss- (oder sollte man sagen fall-)aufwärts bis zum Hauptwasserfall, der gut und gern 80 Meter hoch war und uns definitv als einer der schönsten Wasserfälle, die wir je gesehen haben, in Erinnerung bleiben wird. Man konnte sogar noch an der Seite des Wasserfalls durch den Wald nach oben steigen und hatte von dort einen tollen Blick auf die umliegenden Berge. Anschließend besuchten wir noch einen Schmetterlingsgarten am Fuße des Wasserfalls, der von einem holländischen Paar geführt wird, die ihr komplettes Leben zuhause aufgegeben und ihr ganzes Hab und Gut verkauft haben, um sich ihren Traum von diesem Park zu erfüllen. Nach den Horden von Touristen war der Schmetterlingspark eine Oase der Ruhe und als Bonus gab es noch eine gratis Fischmassage für die Füße in einem natürlichen Wasserbecken.

Kuang Si-Wasserfall

Kuang Si-Wasserfall

Von Luang Prabang aus machten wir uns auch auf den Weg zu unserem letzten Reiseabschnitt in Laos. Bis zur thailändischen Grenze in Houay Xay/Chiang Khong kann man nämlich mit dem Boot auf dem Mekong fahren. Es gibt dazu zwei Möglichkeiten: das Speed Boat – ein Motorboot, das die Strecke in sechs Stunden schafft, während derer man mit Rettungsweste und Helm ausgerüstet in der prallen Sonne brutzelt, vom Motorenlärm taub wird und hofft, keinen Felsen zu rammen – oder das Slow Boat, für welches wir uns entschieden, da uns unser Leben und Gehör lieb sind.

Das Slow Boat ist ein sehr großes Long Boat, das gut und gern fünfzig Passagieren und deren Gepäck Platz bietet, über Toiletten und einen Imbiss verfügt und außerdem überdacht und daher schattig ist. Alles viel komfortabler, dafür ist man aber zwei Tage lang je neun Stunden unterwegs und übernachtet zwischendurch in einem Dorf auf halber Strecke. Was soll’s, wir haben Zeit, und für längere Fahrten in öffentlichen Verkehrsmitteln sind wir mittlerweile Profis. Dieser Blog heißt nicht umsonst so wie er heißt. 😉

Da zum einen die Ticketbuchung über das Hostel nur mit Aufpreis möglich gewesen wäre und es zum anderen online kaum Übernachtungsmöglichkeiten für das Dorf unterwegs zu buchen gab, entschieden wir uns für eine 100% Freestyle-Variante und buchten gar nichts, sondern fuhren früh einfach zum Bootspier. Alles kein Problem, das Ticket war sogar noch günstiger als gedacht und das Boot war alles andere als ausgebucht. Wir hatten jeder eine Zweierbank für uns und dazu noch einen Tisch in der Mitte auf den wir die Berge von Bananen, Mandarinen, Drachenfrüchten, Muffins, Keksen und Kräckern packen konnten, mit denen wir uns sicherheitshalber ausgestattet hatten. Neun Stunden sind lang.

Die Bootsfahrt war traumhaft schön. Das Flussufer war von grünem Dschungel und hohen, steilen Bergen gesäumt. Manchmal sahen wir andere Boote, oder kleine Dörfer am Ufer, oder Wasserbüffel, die sich im Fluss abkühlten. Ab und an fuhr das Boot dicht an die Sandbänke oder Felsen am Ufer, damit Einheimische aussteigen konnten. Diese verschwanden dann rasch im Dschungel und durch das Grün konnte man die Hütten ihrer Dörfer gerade so erkennen.

Alles in allem war es ein wunderbar entspannter Tag und erinnerte uns sehr an die Tage in der Transsib. Wir waren echt froh, dass wir noch einen weiteren Tag vor uns hatten voll Sonnenschein, frischer Luft und nichts zu tun als die wunderschöne Landschaft zu genießen, zu lesen, ab und zu ein Nickerchen zu halten und uns durch unsere Vorräte zu futtern – neun Stunden können dafür gar nicht lang genug sein.

Slow Boat auf dem Mekong – wunderschöne Aussicht …

… Lektüre und leckere Snacks 🙂

Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir das Dorf Pakbeng, wo schon einige Slow Boats aus der Gegenrichtung am Pier lagen und ein Dutzend Einheimischer versuchte, Gäste für ihre jeweiligen Guesthouses zu gewinnen. Wir ließen sie stehen und liefen selbst ins Dorf – vom Pier keine Minute entfernt – wo wir uns im erstbesten einquartierten. Vermutlich boten sie ohnehin alle das gleiche zu den gleichen Preisen an. Pakbeng lebt davon, die Durchgangsstation der Slow Boats zu sein; neben den unzähligen Übernachtungsmöglichkeiten gab es natürlich auch an Restaurants keinen Mangel. Darüber hinaus bot so ziemlich jedes Guesthouse und Restaurant am nächsten Morgen auch noch frisch gemachte Sandwiches und anderes Essen zum Mitnehmen an, alles bestens organisiert.

Am nächsten Morgen mussten wir uns ein neues Bootsticket kaufen, da es diese immer nur für eine Tagesstrecke gab und wir am Vortag daher nur bis Pakbeng gelöst hatten. Leider konnten wir unsere Fahrt nicht mit dem bequemen Boot vom Vortag fortsetzen. Alle Slow Boats sind Privatboote und die Fahrer wechseln sich ab, damit alle mal drankommen. Dieses Boot hatte nun ausrangierte Bussitze statt Bänken und auch keine Tische, aber zeitiges Kommen sichert ja bekanntlich gute Plätze und da wir auf wundersame Weise mal die ersten waren (lag vielleicht daran, dass wir so nah am Pier übernachtet hatten), konnten wir uns immerhin zwei Doppelsitze zurechtschieben und uns gegenüber sitzen.

Diesmal trafen wir auf dem Boot ein bekanntes Gesicht: Milène, die Französin, die mit uns in Phonsavan auf der Tour zu den Steinkrügen gewesen war (und die zuvor schon in Luang Prabang im selben Hostel wie wir untergekommen war, die Welt ist klein). Sie hatte etwas mehr Zeit in Pakbeng verbracht und dort noch Ausflüge unternommen und fuhr nun ebenfalls nach Houay Xay.

Auch am zweiten Tag war die Fahrt wieder herrlich, aber als der Fluss nach einer Rechtsbiegung die Grenze zu Thailand erreichte, der wir fortan folgten, standen die Unterschiede zwischen den beiden Ländern drastisch heraus. Sah man auf laotischer Seite hier und da ein Dorf mit überwiegend hölzernen Stelzenhäusern, Wasserbüffel an der sandigen Uferböschung und ansonsten nur Dschungel, war das Ufer auf thailändischer Seite befestigt und die Häuser waren richtige moderne Villen.

Kurz vor Houay Xay fuhren wir unter der Friendship Bridge hindurch, über die wir am nächsten Tag die Grenze passieren würden. Im Ort angekommen liefen wir wieder los und fragten in zwei, drei Hotels nach den Preisen um uns dann für das zweitgünstigste zu entscheiden – im günstigsten gab es gerade keinen Strom. In unserem fiel zwar auch kurze Zeit später der Strom aus – leider nachdem wir schon bezahlt hatten – aber dank „fachmännischem“ Herumgewerkel an der Oberleitung direkt neben dem Gebäude, wobei drei oder vier Männer vom Dach eines Pick-ups auf den Masten kletterten und irgendetwas machten, konnte der Schaden im Laufe des Abends noch behoben werden.

Und am darauffolgenden Morgen war es Zeit, Abschied von Laos zu nehmen… aber dazu erzählen wir euch im nächsten Beitrag.

UXO – Laos tödliches Erbe

23. Januar 2017

Laos ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die Infrastruktur ist schlecht, viele Dörfer sind nur über lehmige Pisten zu erreichen, die bei Regen unpassierbar werden. Viele Menschen haben nicht genug zu essen, obwohl es genug Land gäbe, um die Bevölkerung zu ernähren. Doch es werden kaum neue Straßen gebaut, und die Menschen zögern, neues Land urbar zu machen. Der Grund dafür heißt UXO – unexploded ordnance (nicht-explodierte Munition/Blindgänger). Reisen bildet – in Laos haben wir mehr gelernt als in allen anderen Ländern bisher – und dieses Wissen möchten wir gern mit euch teilen, da es im Rest der Welt leider kaum bekannt ist.

Laos hält den traurigen Rekord des am stärksten bombardierten Landes der Welt gemessen an der Bevölkerungszahl. Obwohl Laos nie direkt in den Vietnamkrieg involviert war, wurde es von den USA im sogenannten ’secret war‘, dem heimlichen Krieg zwischen 1964 und 1973 bombardiert wie kein anderes. Die USA verfolgten zwei Ziele: zum einen, die Versorgungswege der vietnamesischen Armee im Süden von Laos zu unterbrechen und zum anderen, die kommunistische Pathet Lao-Bewegung im Nordosten des Landes zu zerstören, um den Kommunismus aufzuhalten. Das Ausmaß des Bombardements war beispiellos – auf Laos fielen mehr amerikanische Bomben als während des zweiten Weltkriegs über Deutschland und Japan zusammen. Ein Angriff durchschnittlich alle acht Minuten, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr, neun Jahre lang… weit über 580.000 Luftangriffe, und viele zielten nicht einmal auf militärische Punkte, sondern auf Dörfer, Felder oder Höhlen, in denen die Menschen Schutz suchten. Von Stützpunkten in Thailand aus flogen die Bomber ihre Angriffe auf vietnamesische Ziele, doch wenn sie ihre Mission wegen schlechten Wetters oder Feindbeschusses nicht erfüllen konnten, entlud manch ein US-Bomber nicht-verbrauchte Bomben beim Rückflug lieber über Laos (oder auch Kambodscha), da das Landen mit Ladung unter dem Sicherheitsprotokoll zu umständlich gewesen wäre. Ein Großteil der Munition waren Streubomben – diese öffnen sich im freien Fall und schütten hunderte Kleinbomben aus, nur so groß wie Tennisbälle, die sich über ein riesiges Gebiet verteilen. Mehr als zwei Millionen (!) Tonnen Bomben luden die USA über Laos ab, und schätzungsweise ein Drittel davon detonierte nicht – 80 Millionen Blindgänger blieben als tödliches Erbe zurück. Diese haben seit dem Ende des Krieges mehr als 50.000 Menschen getötet oder verletzt, fast die Hälfte davon Kinder, und verhindern bis heute den Fortschritt in diesem Land. Denn wie soll man neue Straßen, Häuser, Kanäle bauen, neue Felder bestellen, wenn jeder Schritt, jeder Spatenhieb der letzte sein könnte? Viele Menschen werden bei der Feldarbeit verletzt, oder während sie Kräuter im Wald suchen. Manche im Lehmboden versteckte Kleinbomben detonieren durch die Hitze eines Kochfeuers. Manche Menschen versuchen, Blindgänger zu öffnen, um den darin enthaltenen Sprengstoff für die Erschließung eines neuen  Feldes oder Grundstücks zu nutzen. Kinder suchen oft nach Metallresten, die sie verkaufen können, um so ihre Familien zu unterstützen und sind dadurch besonders gefährdet. Da viele Menschen Bombenteile als Alltagsgegenstände wiederverwerten, erkennen Kinder sie manchmal nicht als gefährlich und spielen damit. Die Bomben liegen überall; wir haben Geschichten von Bauern gehört, die über die Jahre mehr als 50 dieser Kleinbomben, von den Laoten Bombies genannt, aus ihrem Acker geholt haben. Viele Hilfsorganisationen setzen sich unermüdlich für die Beräumung des Landes, die medizinische Betreuung und Rehabilitierung der Opfer sowie die Aufklärung der Bevölkerung, vor allem der Kinder, über den richtigen Umgang mit Blindgängern, ein.

Überbleibsel aus dem Krieg

Dachten wir anfangs noch, dass die Gefahrenzonen weit ab von den touristischen Pfaden in Gegenden lägen, in die wir sowieso nicht kommen, wurden wir bald eines besseren belehrt, denn Phonsavan liegt im Zentrum eines der am stärksten bombardierten Gebiete in Laos.

Zu unserer Tour zur Ebene der Steinkrüge hatte sich noch drei andere Frauen angemeldet: Milène aus Frankreich, die am Vortag im selben Bus wie wir aus Vang Vieng angereist war, sowie eine weitere Französin, Noémi, und eine US-Amerikanerin, Megan, die zusammen reisten. Zuerst ging es zu Fundstätte Nummer eins, wo wir uns in einer kleinen Ausstellung über die Krüge und die Region informieren konnten bevor wir mit einem Golfcart zur eigentlichen Sehenswürdigkeit gefahren wurden.

Die meisten Krüge sind kleiner als mannshoch und unterschiedlich gut erhalten. Nicht wenige wurden durch die Bombardements beschädigt und auch zwischen den Krügen sahen wir immer wieder Einschlagkrater. Darüber hinaus setzen ihnen aber auch Verwitterung, Plünderung und nicht zuletzt der neuerdings wachsende Tourismus zu – das Gebiet steht auf der Unesco-Anwärterliste, aber sonderlich viele Touristen waren eigentlich nicht unterwegs.

Stätte 1

Ein Einschlagkrater in Stätte 1

Während wir herumliefen, hörten wir in der Ferne einen Knall, der wie eine Explosion klang. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass das wirklich ein Blindgänger gewesen sein soll; vielleicht kam das Geräusch von einer Baustelle? Doch dann knallte es erneut, und diesmal sahen wir im Tal eine Wolke aufsteigen….

Die Fundstätten sind von Blindgängern beräumt und markiert mit Steinen im Boden, die eine rote und eine weiße Seite haben – auf der weißen Seite ist es sicher zu gehen, die rote wurde noch nicht untersucht. Sie tragen das Kürzel der Mines Advisory Group (MAG), einer brititschen Nichtregierungsorganisation, die weltweit in Krisengebieten Munitionsrückstände beräumt und seit über 20 Jahren in Laos tätig ist.

MAG-Marker

Mit dem Minibus fuhren wir zu Stätte zwei, die in einem wunderschönen Kiefernwäldchen verteilt auf zwei Hügel liegt, und von dort gab es einen markierten Wanderweg zu Stätte drei. Der Weg war links und rechts mit MAG-Markern gekennzeichnet – ein seltsames Gefühl, sich bewusst zu machen, dass 20 Meter weiter vielleicht noch eine Bombe im Boden liegt… Wir waren tunlichst darauf bedacht, immer innerhalb der Marker zu bleiben.

Nach etwa zwanzig Minuten erreichten wir eine Anhöhe mit einer allem Anschein nach recht neu errichteten Picknickhütte, von wo aus wir einen fantastischen Rundblick auf die bergige Landschaft hatten, die uns mit ihren trockenen Wiesen und Kiefernwäldchen an Dalat in Vietnam erinnerte.

Stätte 2

Die Picknickhütte…

…und die wunderschöne Landschaft – doch der Frieden ist trügerisch.

Von der Hütte aus führte der Weg bergab in ein Dorf, wo uns unser Minibus wieder in Empfang nahm. Während wir am Eingang zu Stätte drei Mittag aßen, hörten wir erneut eine Detonation. Die Einheimischen im Restaurant sagten uns, das käme jeden Tag vor…

Stätte drei war ein sonnenbeschienener Hain zwischen Reisfeldern, auf denen Rinder weideten. Die Krüge unterschieden sich nicht wirklich von denen in den anderen beiden Stätten, aber die Atmosphäre war friedlich und die Landschaft schön, und dafür hat es sich schon gelohnt; noch dazu verstanden wir uns super mit den anderen drei Damen.

Stätte 3

Megan, Noémi, Kathrin, Milène und Birgit im Reisfeld

Kurze Zeit später hielt der Fahrer mit uns auf einer Anhöhe außerhalb des Dorfes, und dort konnten wir den Räumungsteams der MAG live bei der Arbeit zusehen. Mitarbeiter mit Megaphonen warnten die Menschen im Dorf vor den anstehenden Detonationen. Dann wurde es sehr still. Und dann kam die Explosion, der Knall, die Rauchwolke. Zwei davon sahen wir aus einer Entfernung von wenigen hundert Metern. Wir waren froh, dass alle Explosionen, die wir an diesem Tag gehört hatten, kontrollierte Sprengungen im Rahmen der Räumungsarbeiten waren, aber gleichzeitig auch traurig und entsetzt, wie präsent die Problematik tatsächlich ist.

Letzter Programmpunkt (von einer kurzen Verkostung in einer Reiswhiskey-Destille abgesehen) war ein Stopp an einem alten russischen Panzer, der im Vorgarten eines Bauern vor sich hin rostet. Geht ein Großteil der Blindgänger auch zu Lasten der USA, darf man nicht vergessen, dass die Russen Waffen an alle im Krieg beteiligten Seiten in Laos und Vietnam verkauften und neben den Blindgängern auch noch zahlreiche Landminen und nicht-explodierte Granaten der laotischen Truppen im Boden liegen.

Heute wachsen Blumen im Bauch des Panzers…

Da wir nachmittags noch Zeit hatten, besuchten wir das Informationszentrum der MAG, um noch mehr über die Problematik der UXO in Laos und die Arbeit der Räumungsteams zu lernen, die wir nur eine Stunde zuvor mit eigenen Augen gesehen hatten. Diese Menschen sind wahre Helden, und wir können euch nur empfehlen, hier: http://www.maginternational.org mehr über ihre lebensgefährliche und gleichzeitig lebensrettende Arbeit zu erfahren. Auf der Website gibt es auch ein Spendenportal.

Zurück in Phonsavan gesellten sich einige Schülerinnen zu uns, die ihr Englisch verbessern wollten und so unterhielten wir uns eine Weile mit ihnen. Sie sprachen schon sehr gut Englisch, sodass wir eine relativ flüssige Konversation haben konnten. Abends aßen wir mit den drei Damen aus unserer Tourgruppe und am nächsten Morgen fuhren wir mit Megan und Noémi zu unserem nächsten Reiseziel nach Luang Prabang.

Die Namen der Schülerinnen haben wir leider nicht so gut verstanden, geschweige denn uns gemerkt…

Hatten wir bei unserer Ankunft in Phonsavan eine unangenehme Atmosphäre im Ort gespürt – möglicherweise die Last der Geschichte – verbesserte sich unser Gefühl am nächsten Tag. Einerseits hatten wir sehr freundliche Menschen kennengelernt (sowohl unsere Tourgruppe als auch die sehr wissbegierigen Schülerinnen) und andererseits mehr über das Leben der Menschen im UXO-kontaminierten Gebiet erfahren und gesehen, dass ihnen von vielen Seiten geholfen wird. Dann machte uns die Situation nicht mehr so viel Angst. Auf jeden Fall werden wir das, was wir in Laos über das schreckliche Erbe des Krieges gelernt haben, niemals vergessen.

Vientiane und Vang Vieng

19. Januar 2017

Schon wieder Blog-Rückstand, ohje… Dann wollen wir euch mal ganz schnell auf den neuesten Stand bringen. Zur Entschädigung gibt’s ein paar Fotos mehr. 😉

Mittlerweile sind wir schon eine ganze Weile im Norden von Laos unterwegs und es gefällt uns immer besser.

Die Busfahrt von Konglor nach Vientiane war weitgehend ereignislos bis auf einen Motorschaden irgendwo auf der Landstraße, wo wir dann eine halbe Stunde lang bei 34 Grad im Schatten des Busses saßen, während der Fahrer komplett im Motor verschwand und versuchte, das Ding wieder zu Laufen zu kriegen, was ihm letztlich auch gelang (nachdem er sich von einem vorbeikommenden Mopedfahrer ins nächste Dorf fahren ließ und mit einem Ersatzteil wiederkam). Wie immer regte sich niemand auf; alle blieben gelassen bis das Problem behoben war und dann ging es einfach weiter.

Vientiane ist die Hauptstadt von Laos, mit ihren reichlich 350.000 Einwohnern aber trotzdem recht überschaubar. Wir fühlten uns sofort wohl und sicher; ganz anders als in Hanoi oder Phnom Penh. Gleich am ersten Abend bummelten wir über den Nachtmarkt in einem Park am Mekong-Ufer und waren angenehm überrascht, nicht von den Händlern behelligt zu werden.

Am nächsten Morgen machten wir uns als erstes auf zum thailändischen Konsulat. Wir wollten versuchen, ein Visum für unser nächstes Reiseland zu beantragen, da wir gelesen hatten, dass es aktuell kostenlos erteilt wird und wir damit bis zu zwei Monaten im Land bleiben könnten ohne verlängern zu müssen. Es war mit etwas Lauferei verbunden, da wir zuerst fälschlicherweise zur Botschaft gingen, von wo man uns dann zum Konsulat schickte, aber zumindest bekamen wir so einen Überblick über das Stadtzentrum, und da es bewölkt war, war es auch nicht allzu heiß. Nach etwa einer Stunde hatten wir alle Formalitäten erledigt und hofften, am nächsten Tag unsere Pässe samt Thai-Visum abholen zu können. Den Rest des Tages schauten wir uns die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt an. Die goldene Stupa des That Luang-Tempels schimmerte leider unter der Wolkendecke gar nicht so schön golden wie auf den Bildern im Internet, aber die umliegenden Tempel waren auch sehr schön und so hatte es sich doch gelohnt. Wir beobachteten einige Mönche, aßen gegrillte Bananen und Klebreis am Spieß und schauten mit gemischten Gefühlen zu, wie einige Einheimische von einem Händler Spatzen in kleinen Käfigen kauften, um diese dann vor einem Schrein nach ihrem Gebet freizulassen.

Danach ging es weiter zur laotischen Version des Triumphbogens, der sogar ein paar Meter höher ist als sein französisches Vorbild (natürlich um den Kolonialherren eins auszuwischen) und zu einem Zentrum für die Opfer von Landminen und Blindgängern (aber dazu mehr im nächsten Beitrag).

Patuxai, der Triumphbogen – auch vertikale Landebahn genannt, weil der darin verbaute Beton, von den USA gesponsort, eigentlich dem Flughafen zugute kommen sollte.

Aussicht vom Patuxai

That Luang

Am zweiten Tag fuhren wir mit dem öffentlichen Bus zum Buddha-Park, einem skurrilen Sammelsurium von Buddhastatuen und mythischen Skulpturen eine Dreiviertelstunde außerhalb der Stadt.

Im Buddhapark

Eingang zum Aussichtsturm

Nachmittags holten wir unsere Pässe ab – mit thailändischem Visum – und abends ließen wir unseren Hauptstadtaufenthalt mit einem äußerst leckeren Essen in einem original japanischen Restaurant direkt neben unserem Hostel ausklingen, wo wir schon die vorigen beiden Abende gegessen hatten; die Speisekarte füllte zwei dicke Hefter und alles schmeckte wie in Japan, da konnten wir einfach nicht widerstehen, und wir fürchteten, dass wir schon bald nur noch Lao-Food zur Auswahl hätten. (Mittlerweile essen wir auch wieder gebratenen Reis und süß-saures Gemüse und Nudelsuppe; hier im Norden schmeckt es irgendwie besser.)

Von Vientiane aus fuhren wir nach Vang Vieng und wussten nicht so recht, was wir dort erwarten sollten. Vang Vieng ist im Prinzip ein Dorf, dass sich aber einen zweifelhaften Ruf als Backpacker-Absteige eingehandelt hat, weil der dortige, gemächlich fließende Fluss ein Eldorado für Tubing ist. Dabei lässt man sich in einem Gummireifen den Fluss hinab treiben und kann an diversen Bars zum Eimersaufen aussteigen. Nicht dass wir das vorgehabt hätten; Vang Vieng sollte auch sehr schöne Landschaft haben und war außerdem der einzig sinnvolle Zwischenstopp auf dem Weg zu unseren weiteren Zielen.

Nach fünfstündiger Busfahrt erreichten wir das Dorf im Regen und richteten uns auf einen ereignislosen Nachmittag in unserem gebuchten Hostel ein. Dort allerdings erwartete uns eine riesige Überraschung: während wir noch an der Rezeption standen und eincheckten, sprach uns plötzlich jemand von der Seite an: Mélissa, die mit uns in der Transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Irkutsk gefahren war! Was für ein freudiges Wiedersehen! So verbrachten wir den Nachmittag mit Reisegeschichten; erzählten, was wir seit unserem Abschied am Baikalsee so erlebt hatten (Mélissa ist viel länger in Japan geblieben als geplant, weil es ihr so gut gefallen hat, was wir absolut nachvollziehen konnten), und gingen etwas essen. Am Abend, als sich der Regen gelegt hatte, unternahmen wir zusammen einen Spaziergang durchs Dorf und die schlammigen Reisfelder und bewunderten die grünen Berge, welche uns auf allen Seiten umgaben.

Impressionen aus…

…Vang Vieng

Da es am nächsten Tag immer noch nach Regen aussah, spazierten wir gemeinsam mit Mélissa zu einer Höhle etwas außerhalb von Vang Vieng. Es war eine nette kleine Tour und an der Höhle angekommen, stellten wir fest, dass wir eigentlich alle drei keine Lust auf die Höhle hatten und so investierten wir das gesparte Eintrittsgeld lieber in Snacks und besichtigten anschließend ein paar kleine Tempel im Ort.

Wer findet die Katze?

Am darauffolgenden Tag gingen wir wieder getrennter Wege. Kathrin und ich wollten uns Fahrräder ausleihen und zu einem Wasserfall fahren, aber bis wir aus den Puschen kamen, waren alle Fahrräder in unserem Hostel schon vergeben und so beschlossen wir, die sieben Kilometer eben zu laufen, was sich am Ende als gute Entscheidung herausstellte. Die Straße war so schlecht, teilweise steil und teilweise extrem schlammig, dass wir mit dem Fahrrad auch nicht viel Freude gehabt hätten. Als Wanderung war es aber sehr schön. Die Landschaft um Vang Vieng herum ist wirklich traumhaft schön mit ihren bewaldeten Bergen und grünen Reisfeldern. Der Kaeng Nyui-Wasserfall war auch ein echtes Kleinod, wie er so pittoresk eine Felswand am Ende eines malerischen Tals hinabstürzte. Am Parkplatz stärkten wir uns noch mit einer Kokosnuss (die gegrillten Eidechsen ließen wir links liegen) und machten uns dann bei mittlerweile schönstem Sonnenschein auf den Rückweg.

Das hätte mit dem Fahrrad auch nicht so viel Spaß gemacht…

Kaeng Nyui

Entdeckung am Wegesrand (nicht auf dem Grill)

Wir hätten es durchaus noch länger in Vang Vieng ausgehalten, aber unser Visum endet am 24. Januar und wir wollten noch etwas mehr vom Norden des Landes sehen, daher machten wir uns am nächsten Morgen auf nach Phonsavan. Dorthin gab es nur einen Minibus. Unser Gepäck kam aufs Dach, zusammen mit zahlreichen Paketen und Säcken, und ein Beutel mit zwei (lebenden) Hühnern, die mir echt leid taten, wurde auch noch drauf gepackt. Die Fahrt dauerte nicht fünf Stunden wie angegeben sondern eher mehr als sieben, da nur die letzten 30 Kilometer halbwegs geradeaus führten. Den Rest der Zeit wand sich die Straße in steilen Kurven die Berge hinauf und hinunter, aber dafür wurden wir mit Panoramen belohnt, die aus einem Fantasyfilm hätten stammen können. Am höchsten Punkt hielt der Minibus an einer Bergstation für einen Toilettenstopp der besonderen Art – die Kabinen hatten nach hinten keine Wand, sondern waren komplett offen, sodass man direkt vom WC aus die Aussicht genießen konnte – das hat man auch nicht alle Tage.

Die Umgebung von Vang Vieng

Traumhafter Fernblick

Unser Transportmittel (das Geflügel hat die Fahrt übrigens heil überstanden)

Unser Fahrtziel Phonsavan ist berühmt für die sogenannte Ebene der Steinkrüge (Plain of Jars), Überreste einer weitgehend unbekannten Kultur, die hier vor schätzungsweise 1500 – 2000 Jahren riesige Steinkrüge anfertigte – vermutlich zu Bestattungszwecken – die heute über ein großes Gebiet im Nordosten von Laos verstreut liegen. In der kleinen Stadt angekommen machten wir uns noch am Nachmittag auf die Suche nach einer geführten Tour, da man allein nur schwer zu den Fundstätten kommt. Gut, dass wir in mehreren Hostels und Büros fragten. Der erste wollte 350.000 Kip (ca. 40 €) pro Person, der letzte 150.000 Kip (ca. 17 €), da fiel die Entscheidung nicht schwer.

Am Ende ist uns Phonsavan nicht wegen der Steinkrüge in Erinnerung geblieben, sondern wegen eines ganz anderen Kapitels der laotischen Geschichte, aber davon berichten wir im nächsten Beitrag ausführlich…

Lao – Please Don’t Rush

08. Januar 2017, Konglor

Wenn wir dachten, in Pakse sagen sich Fuchs und Hase gute Nacht, dann setzte das noch größere Savannakhet – die mit 120.00 Einwohnern zweitgrößte Stadt des Landes – noch einen drauf. Eigentlich war alles genauso wie in Pakse – verfallende französische Architektur, kaum Geschäfte, leere Straßen – nur alles in einem noch größeren Maßstab.

Der noch am ehesten sehenswerte Ort war tatsächlich unser Guesthouse, das aus einer Reihe kleiner Bungalows in einem wunderschönen Garten bestand und eine Oase der Ruhe war – nicht dass wir die Ruhe in Savannakhet wirklich gebraucht hätten, denn ruhig war es im Prinzip überall – aber es war trotzdem sehr angenehm.

Wir bummelten einen Tag durch das Stadtzentrum, schauten uns die alten französischen Häuser und ein, zwei Tempel an und gingen abends in eines der wenigen Restaurants – diesmal koreanisch, da unsere Mägen dem einheimischen Essen immer noch skeptisch gegenüber stehen.

Alte französische Kirche

Alte französische Kirche von Savannakhet

Der Markt

Der Markt

Ob hier mal die Olympischen Spiele stattgefunden haben...?

Ob in Savannakhet mal die Olympischen Spiele stattgefunden haben…?

Ein schönes Wat

Ein prächtiges Wat

Von Savannakhet aus fuhren wir in eine Kleinstadt namens Thakhek weiter nördlich am Mekong, Ausgangspunkt für Touren zur berühmten Konglor-Höhle. Diese Busfahrt war vergleichsweise ereignislos. Wir kauften unsere Tickets früh am Busbahnhof, da man sie in Laos nicht vorab kaufen kann (am Vortag hatte man uns wieder weggeschickt) und es handelte sich auch wieder um einen großen Reisebus, mit Gepäckraum, Lao-Schlagern (einige erkannten wir von der letzten Fahrt wieder) und allem Luxus. Nach zwei Stunden hielten wir an einer Art Busbahnhof und standen dort fast eine Stunde, warum auch immer. In den Gang wurde diesmal ein Stapel Plastehocker geladen, und als im weiteren Verlauf der Fahrt immer mehr Leute einstiegen und die Sitze nicht mehr reichten, wurden die übrigen einfach in den Gang auf die Hocker platziert.

In Thakhek liefen wir ein bisschen durch das winzige Stadtzentrum und erkundigten uns nach Touren zur Konglor-Höhle. Leider waren diese ziemlich teuer für nur zwei Personen, also beschlossen wir, einen Tag zu warten, ob sich vielleicht noch andere Reisende anmelden. So gammelten wir den nächsten Tag in Thakhek herum, schliefen aus und ich ging zu einer (recht schmerzhaften aber effizienten) Massage. Unser Guesthouse lag unglücklicherweise direkt neben einer Karaoke-Bar und dort wurde bis in die frühen Morgenstunden gefeiert, aber wofür gibt es Ohropax.

Leider meldeten sich keine weiteren Interessenten mehr für die Tour und so machten wir uns am nächsten Tag auf eigene Faust auf den Weg nach Konglor. Entgegen unseren Informationen sagte man uns im Guesthouse, dass es tatsächlich einen Direktbus in das Dorf Konglor gäbe, wir das Ticket aber selbst am Busbahnhof kaufen müssten. Ein Bekannter des Rezeptionisten brachte uns nach einer kurzen Nacht (wieder mit Karaokebeschallung) früh um sechs mit seinem Pick-up zum Markt, was gleichzeitig der Abfahrtsort für die lokalen Busse war. Lokale Busse im Sinne von Songthaew (gesprochen songtau) – Pick-ups oder kleine LKWs, bei denen man hinten auf der überdachten Ladefläche auf Bänken sitzt, während das Gepäck auf dem Dach grillt und man sich an seine Sitznachbarn gekuschelt den abgasschweren Wind um die Nase wehen lässt. Unser Taxifahrer lud uns ab, sprach mit einigen herumstehenden Männern und fuhr dann davon. Einige Songthaews standen schon bereit, andere kamen im Laufe der nächsten halben Stunde angefahren. Die meisten hatten gleich gar kein Schild mit ihrem Ziel, aber selbst wenn, konnten wir es nicht lesen. Wir hofften, dass uns die Männer schon Bescheid sagen würden, da mittlerweile noch einige gefragt hatten, wo wir hinwollen und der halbe Markt wusste, dass wir nach Konglor fahren. 😉

Am Ende blieb uns die Fahrt im Songthaew erspart (erst einmal), denn es kam auch noch ein kleiner Bus angefahren, und dieser entpuppte sich als der richtige, wie ich im Gespräch mit dem Fahrer herausfand – von den Umstehenden hatte uns niemand Bescheid gegeben. Da der Bus kein Gepäckfach hatte, lud der Fahrer unsere Kraxen aufs Dach und sicherte sie mit einem Netz.

So sah das aus.

So sah das aus. Drumherum sieht man einige Songthaews.

Wir warteten noch etwa eine Stunde, bis sich der Bus füllte und dann sammelten wir wie immer noch ein paar Leute vom Straßenrand auf. Der Bus war nicht der schnellste und machte beim Schalten interessante Geräusche. Kurz hinterm Ortsrand – inzwischen waren wir fast voll besetzt – ging der Motor aus. Der Fahrer brachte ihn wieder zum Laufen, aber nach einigen Metern passierte es erneut. Also öffnete der Fahrer eine Klappe im Boden direkt hinter seinem Sitz, wo der Motor lag, werkelte etwas darin herum, klappte sie wieder zu, und weiter ging es. Der Abgasgeruch aus dem Motorraum war recht unangenehm und wahrscheinlich der Grund, warum die Tür während der kompletten Fahrt geöffnet blieb – mit einem Strick gesichert. Noch einmal volltanken (wozu der Fahrer den Motor sogar ausschaltete; wir hatten halb erwartet, dass er das bei laufendem Motor tun würde wie der eine in Kambodscha) und es ging tatsächlich so richtig los, über holprige Straßen, auf denen immer mal ein Stück Asphalt fehlte, hinein in die Berge in Richtung Konglor. Dort wurde es dann noch einmal richtig interessant. Der Bus schaffte nämlich die Steigung kaum, und wie der Fahrer tatsächlich immer noch einen Gang zum Herunterschalten fand, wo wir fast schon standen, war mir schleierhaft. Zwischenzeitlich wurde der Bus so langsam, dass wir nicht überrascht gewesen wären, wenn wir alle hätten aussteigen und schieben müssen, aber irgendwie schafften wir es nach etwa vier Stunden Fahrt bis über den Pass bis in Dorf Ban Nahin. Dort stiegen einige Leute aus, darunter auch ein israelisches Pärchen, die außer uns die einzigen Ausländer waren und nur mit Handgepäck reisten. Wir blieben sitzen, doch dann begann der Fahrer, unsere Kraxen vom Dach zu entladen. Vermutlich dachte er, sie gehören den Israelis, aber er hörte auch nicht auf, als sie ihm signalisierten, dass es gar nicht ihr Gepäck war. Tja, wenn das Gepäck aussteigt, steigen wir auch aus, und der Fahrer deutete auf ein Songthaew und sagte ‚Konglor‘. Anscheinend war es doch kein Direktbus. Die Kraxen wurden auf das Dach des Songthaews geladen, der Fahrer sagte ‚one hour‘ und verschwand dann. So saßen wir und die beiden Israelis da und harrten der Dinge, die noch kämen.

Eine Dreiviertelstunde später ging es weiter. Außer uns vier Ausländern waren noch vier einheimische Fahrgäste zugestiegen. Es wurden eine Menge Kisten und ein Karton mit Milchflaschen aufs Dach geladen, außerdem eine Traube leerer Benzinkanister, die mit einem Strick zusammengebunden waren. Kurze Zeit später wurden zwei Traktorreifen eingeladen. Da diese nicht mehr aufs Dach passten, wurden sie auf den Boden des Passagierraums gelegt, sodass einige von uns nun unfreiwillig eine Fußstütze hatten. Danach hielten wir an einer Tankstelle, doch das Personal schüttelte den Kopf – kein Sprit mehr vielleicht? An einer Hofeinfahrt stand ein mannshoher Kühlschrank, den wir – ihr habt es euch gedacht – auch noch aufluden; dieser kam auf die Trittfläche hinter dem Passagierraum, wo er mit einem Strick festgebunden wurde. Dann ließen wir Ban Nahin endlich hinter uns und das Songthaew fuhr schneller – allerdings zu schnell für die Ladung auf dem Dach und mit lautem Poltern fiel die Traube von Benzinkanistern hinten hinunter. Also Vollbremsung, Rückwärtsgang, Kanister wieder einladen, und weiter. An einer weiteren Tankstelle außerhalb des Ortes gab es tatsächlich Sprit und es wurde nicht nur unser Songthaew betankt, sondern auch noch alle Kanister gefüllt und noch zu den Traktorreifen zwischen die Füße der Fahrgäste gestellt. Wenn der beißende Benzingeruch nicht gewesen wäre, hätte man sie für große Kanister mit Himbeerbrause halten können, so rot war ihr Inhalt.

Bis nach Konglor waren es rund vierzig Kilometer auf einer teilasphaltierten, sehr buckeligen Straße, die Fahrt dauerte gut und gern noch einmal eine Stunde; nicht nur wegen der Qualität der Fahrbahn, sondern auch, weil wir wieder an jedem Hühnerhof anhielten und Sachen abluden – mehrere Höfe hatten anscheinend ein, zwei Benzinkanister bestellt, der Kühlschrank kam zu seinem neuen Besitzer, die Milchflaschen wurden abgeladen und schließlich wurden wir direkt vor einem Guesthouse im Dorf Konglor abgesetzt.

Konglor ist wirklich nur eine Handvoll Holzhütten auf Stelzen und drei, vier Guesthouses am Ende eines langen Tals, auf beiden Seiten von vielleicht 150 – 300 Meter hohen steilen Felswänden begrenzt, schwarze, bedrohlich wirkende Zacken, über die kein Weg führt. Wir suchten uns ein Guesthouse, aßen Mittag, ich unternahm noch einen kleinen Spaziergang durch das Dorf und das war’s für den Tag.

Schwarze Felszacken schirmen Konglor vom Rest der Welt ab.

Schwarze Felszacken schirmen Konglor vom Rest der Welt ab.

Nachdem wir in Thakhek ja zwei Nächte neben einer Karaoke-Bar geschlafen hatten, freuten wir uns auf die ländliche Ruhe in Konglor, doch es wurde nicht besser sondern noch viel schlimmer: direkt neben unserem Hostel fand eine Hochzeitsfeier statt: Bühne, riesige Lautsprecher und Karaoke bis spät in die Nacht… Diesmal halfen selbst die Ohropax nicht mehr so richtig, aber irgendwie konnten wir trotzdem ziemlich gut schlafen.

Der Besuch in der Konglor Höhle war ein echtes Erlebnis. Ein 7,5 km langer Fluss fließt hier direkt unter den Felsen durch und man kann ein Longboat mieten und sich durch die Höhle fahren lassen. Bis auf einen vielleicht 100 Meter langen Abschnitt, den man zu Fuß zwischen dezent beleuchteten Stalagmiten zurücklegt, war es in der Höhle zappenduster; die einzige Beleuchtung kam von der Stirnlampe des Bootsführers und den kleinen Stirnlampen, die wir zu den Schwimmwesten dazu bekamen. So konnte man die Höhe der Decke und die Ausmaße der Kammern nur erahnen, was sehr zur mystischen Atmosphäre des Ortes beitrug. Bis auf das Geräusch des Motors und das Rauschen des Wassers war es vollkommen still.

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Eingang zur Höhle

Eingang zur Höhle

Die Fahrt durch die Höhle dauerte etwa eine Dreiviertelstunde; an einer Stelle mussten wir aussteigen, da das Boot eine Stromschnelle nach oben gezogen werden musste, und als wir schließlich die andere Seite erreichten, konnten wir eine kleine Rast an ein paar Verkaufsständen in einem wunderschönen grünen Tal machen, wo Wasserbüffel im Fluss entspannten, bevor es auf dem gleichen Weg wieder zurück ging. Zu Fuß zurück nach Konglor bräuchte man sechs bis sieben Stunden; mit dem Motorrad sind es 200 km um die Berge herum und wieder in unser Tal hinein – um mal eine Vorstellung von den Dimensionen zu geben.

So lässt es sich aushalten.

So lässt es sich aushalten.

K und B als Höhlenforscher ;-)

K und B als Höhlenforscher 😉

Nachmittags unterhielten wir uns mit zwei Schweizerinnen und machten dann ein Schläfchen, solange die Akustik von der wieder in vollem Gange laufenden Hochzeitsfeier noch erträglich war. Die Musik lief bis spät in die Nacht – direkt gegenüber von unserem Guesthouse fand das Bankett statt – und am nächsten Morgen fuhren wir schon früh um sieben weiter nach Vientiane.

Neues Jahr, neues Land

03. Januar 2017, Savannakhet/Laos

Seit einer Woche sind wir nun schon in Laos und würden gern sagen, dass es hier wirklich schön ist und wir schon viel gesehen haben, aber leider ist das nicht so richtig der Fall.

Unser Grenzübertritt verlief erst einmal problemlos. Entgegen den Horrorprophezeiungen anderer Reisender verließ unser Bus uns nicht direkt hinter der Grenze und wir haben am Ende auch nur fünf Dollar mehr bezahlt als den offiziellen Preis – immer noch weniger als geplant: zwei Dollar Gebühr für den (eigentlich kostenlosen) Ausreisestempel, zwei weitere für den nächsten Einreisestempel und einen als „Bearbeitungsgebühr“ für unseren Visumsantrag.

Der Minibus lud uns eine halbe Stunde hinter der Grenze am Abzweig ins Hafendorf Nakasang ab, wohin wir dann ein Tuktuk nahmen. Von Nakasang aus fuhren wir gleich noch weiter mit einem langen, hölzernen Motorboot auf die Insel Don Det. Diese ist das touristische Zentrum der sogenannten 4000 Inseln im Mekong ganz im Süden von Laos. Das gleichnamige Dorf ist ein paar hundert Meter lang, zieht sich direkt am Ufer des Mekong entlang und besteht zu einem Großteil aus Guesthouses und Bungalows.

Am ersten Abend mieteten wir uns Fahrräder und fuhren eine Runde um die Insel, was vielleicht zwei Stunden dauerte, aber nur deshalb, weil wir an fast jedem Guesthouse anhielten und uns die Bungalows anschauten. Wir hatten ein eher teureres Zimmer (dafür mit Klimaanlage und heißer Dusche) und wollten gern einen Bungalow mit Hängematten und Flussblick haben.

Am nächsten Tag zogen wir in einen der Bungalows unseres Guesthouses um, die günstiger waren, da sie sehr spartanisch waren und nur eine kalte Dusche hatten, aber auch daran haben wir uns mittlerweile so mehr oder weniger gewöhnt. Den Rest des Tages lagen wir glückselig in unseren Hängematten auf der Terrasse, die auf Stelzen direkt über das Flussufer gebaut war, schaukelten, genossen die Ruhe, die angenehme Brise und die wunderschöne Aussicht auf das grüne Ufer und den Tempel auf der anderen Seite des Flusses. Noch ahnten wir nicht, dass unser Urlaubsglück bald ein jähes Ende finden würde…

Hängematte mit Flussblick - was will man mehr?

Hängematte mit Flussblick – was will man mehr?

Vor allem wenn das die Aussicht ist...

Vor allem wenn das die Aussicht ist…

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Mich (B) hat es zuerst erwischt. Ich hatte schon zum Abendbrot keinen rechten Appetit, aß aber trotzdem ein paar Nudeln. Dann kamen die Schauer am ganzen Körper, die Bauchschmerzen und eh ich mich versah, verbrachte ich die nächsten vier Stunden überm Klo, mal mit dem einen, mal mit dem anderen Ende. Ich hatte schrecklichen Durst wegen des Durchfalls, konnte aber nicht mal einen Schluck Wasser drin behalten. In den frühen Morgenstunden schlief ich irgendwann ein und als ich wieder aufwachte, waren zumindest die Magenkrämpfe vorbei und ich konnte wieder trinken. So wurde an dem Tag natürlich nichts mit Unternehmungen – wir wollten uns eigentlich die Wasserfälle auf der Nachbarinsel ansehen – stattdessen lagen wir auf den Matten und Kissen auf der Veranda unseres Guesthouse-Restaurants (schon bei dem Gedanken an das Geschaukel in der Hängematte wurde mir wieder schlecht) und kuschelten mit den sehr verschmusten Katzen dort. Ich aß ein paar kleine Bananen, aber fühlte mich immer noch krank, und gegen Mittag bekam ich dann noch leichtes Fieber, was den Rest des Tages anhielt. Im Internet fanden wir eine internationale Polyklinik in Pakse, der nächstgrößeren Stadt, die etwa zweieinhalb Busstunden entfernt lag und beschlossen, notfalls dorthin zu fahren. Aber wie durch ein Wunder sank abends meine Temperatur von ganz allein wieder und ich hatte eine ruhige Nacht. Dafür fing es am nächsten Tag bei Kathrin an, zum Glück ohne das Erbrechen, aber die übrigen Symptome waren die gleichen. Hatten wir bis dahin noch auf eine Lebensmittelvergiftung getippt, sah es nun eher nach Magen-Darm-Infekt aus. Kathrin verbrachte den Tag im Bett – zum Glück sank auch bei ihr die Temperatur von allein wieder – und ich ging nur zum Essen raus, brachte aber kaum einen Bissen runter. Die darauffolgende Nacht war mir wieder furchtbar schlecht und so checkten wir dann am nächsten Tag aus, um nach Pakse zu fahren. Die Insel bekam uns anscheinend nicht.

Der Bus nach Pakse war hoffnungslos überbelegt. Die Fahrgäste waren fast ausschließlich Ausländer, und viele der Kraxen und Koffer passten gar nicht mehr in die Gepäckräume des Busses und mussten mit auf die Sitze, in den Gang, zwischen die Füße… Es war eine sehr beengte Fahrt aber niemand beschwerte sich; alle nahmen es mit Humor und versuchten das Beste daraus zu machen. Zum Glück waren es ja nicht einmal drei Stunden.

In Pakse gönnten wir uns ein richtig schickes Hotel. Es war mit 20 € pro Nacht so ziemlich das teuerste, das wir bisher hatten, aber wir wollten mal etwas wirklich sauberes, ordentliches, wo die Rohre nicht offen durchs Bad liefen und die Fenster dicht waren. Unser Zimmer lag im vierten Stock, war sehr geräumig und hatte eine gute Aussicht auf die umliegenden Tafelberge.

Viel unternahmen wir nicht in Pakse. Wir spazierten am nächsten Vormittag durchs Zentrum um ein günstigeres Hotel zu suchen und ansonsten ruhten wir uns viel aus. Wir hatten zwar beide kein Fieber und keinen Durchfall mehr, waren aber ziemlich entkräftet und unsere Mägen waren der generellen Idee von Essen nicht so zugetan. So aßen wir im Großen und Ganzen nur Obst oder Gemüsesuppe mit Reis. Schlimm genug, um zum Arzt zu gehen, war es allerdings auch nicht, also warteten wir einfach ab.

Am Silvesterabend stellte sich unser Zimmer im vierten Stock als sehr gute Investition heraus, denn auch die Laoten mögen Knallerei. Sie fangen zwar schon eine Viertelstunde vor Mitternacht damit an und fünf Minuten nach Neujahr ist alles vorbei, aber es gab ein wunderschönes Feuerwerk, das wir ganz bequem vom Fenster aus sehen konnten.

Nach zwei Nächten in dem teuren Hotel zogen wir in ein günstigeres weiter im Stadtzentrum um und versuchten uns an einem Ausflug. Mit dem Tuktuk ließen wir uns auf die andere Seite des Flusses zum Fuße des Wat Phou Salao-Tempels fahren, wo eine riesige, goldene Buddhastatue über dem Mekong thront – in 125 m Höhe. Zugegeben, das war dann vielleicht doch ein bisschen viel für den ersten Ausflug seit einer Woche und mit nichts als einer Schüssel Obstsalat (K) bzw. Kürbissuppe (B) im Bauch, aber nun waren wir einmal da und von unten sah es gar nicht so schlimm aus, auch wenn die Steintreppe sehr, sehr steil war. Nur leider waren wir am Ende der Steintreppe erst auf halber Höhe und die Holztreppe, von der wir gelesen hatten, sah aus, als wäre sie schon vor Jahren verrottet. Stattdessen gab es einen Sächsische Schweiz-würdigen Trampelpfad neben der Treppe, den wir buchstäblich mit letzter Kraft erklommen. Am Buddha angekommen ließen wir uns auf die schattigen Stufen des Podestes der majestätischen Statue fallen und blieben erstmal eine halbe Stunde sitzen. Aber die Aussicht war so grandios, dass es sich trotz allem gelohnt hat. Aus dieser Höhe blickten wir viele Kilometer weit über den Mekong, die Stadt und die Tafelberge. Pakse hat einen kleinen Flughafen und nach einer Weile näherte sich ein Flugzeug, das wir aus der Vogelperspektive beim Landen beobachten konnten. Ein Mönch hielt eine Weile Smalltalk mit uns. Es war wirklich ein toller Ausflug, auch wenn wir danach vollkommen platt waren.

Hoch hinauf...

Hoch hinauf…

...zum goldenen Buddha...

…zum goldenen Buddha…

...und toller Aussicht!

…und toller Aussicht!

Abends gingen wir sehr lecker essen – wir hatten ein original japanisches Restaurant entdeckt und aßen Udon und Soba (verschiedene Arten Nudeln), die wie in Japan schmeckten und zum ersten Mal seit einer Woche waren wir zuversichtlich, dass wir auf dem Weg der Besserung sind.

Heute fuhren wir dann weiter nach Savannakhet, was die zweitgrößte Stadt von Laos ist. Von allen Orten, die wir bisher hier gesehen haben, war das Dorf Don Det im Mekong noch der geschäftigste. In Pakse sagten sich Fuchs und Hase gute Nacht – die Straßen waren so leer wie nirgends in Südostasien, und hier scheint es genauso zu sein, nur größer. Die inoffizielle Abkürzung der Lao PDR (People’s Democratic Republic) – Lao Please Don’t Rush – scheint gerechtfertigt.

Dafür war die heutige Busfahrt ein echtes Highlight. Wenn wir sonst dieser Tage schon nicht viel erleben, dann entschädigen uns die öffentlichen Verkehrsmittel mehr als reichlich. Es handelte sich um einen großen Bus, doch leider konnten wir nicht nebeneinander sitzen, da die Plätze nummeriert waren und unsere Plätze schräg übern Gang lagen und am Fenster jeweils schon jemand saß. Naja, halb so schlimm. Es wurde auch so unterhaltsam.

Hier eine Chronologie der ersten anderthalb Stunden dieser denkwürdigen Fahrt:

09:30 Uhr: Der Bus fährt pünktlich vom Rand der Hauptstraße ab, nachdem alles Gepäck tatsächlich im Gepäckraum verstaut werden konnte. Diesmal sind wir die einzigen Ausländer

09:35 Uhr: Im Schneckentempo fahren wir mit geöffneter Tür die Hauptstraße entlang und alle zehn Meter steigt noch irgendjemand ein. Aus den Lautsprechern plärren Lao-Schlager und dazu laufen Musikvideos auf einem großen Bildschirm vorn. Wir fragen uns, wie es sein kann, dass Männer und Frauen in diesem Land nicht im selben Hotelzimmer übernachten dürfen aber es gleichzeitig niemanden stört, dass in jedem Video so knapp bekleidete Mädchen in so anzüglichen Posen tanzen, dass wir uns geradezu fremdschämen.

09:40 Uhr: Die Tür ist inzwischen geschlossen und wir haben das Zentrum verlassen. Wir halten am Straßenrand – wieder einmal – und zwei Männer laden einen Sack Reis in den Bus. Der Gepäckraum ist ja voll, also muss der Reissack in den Passagierraum. Sie schieben ihn nach hinten durch und laden noch einen Sack ein. Und dann noch einen. Und noch einen. Und noch einen. Und… so geht es weiter, bis der komplette Gang mit gelben Zentnersäcken Reis belegt ist.

09:50 Uhr: Der Busbegleiter kontrolliert die Tickets. Dazu muss er auf den Reissäcken entlang steigen, da der Gang ja komplett damit gefüllt ist. Auch weitere Fahrgäste, die noch einsteigen, müssen über die Säcke klettern.

10:00 Uhr: Wir erreichen einen Busbahnhof. Mehr Leute steigen ein, darunter zwei ältere Sikhs mit Turban und ein europäisch aussehender Herr mittleren Alters. Die vordersten beiden Reissäcke werden entladen, Gott weiß wohin. Danach weiteres Geziehe und Gehieve. An die Stelle der Reissäcke wird ein Motorrad in den Gang geschoben, dessen Lenker den Busfahrer fast im Ohr krabbelt.

10:15 Uhr: Weiter geht die Fahrt. Einer der Männer, die das Motorrad festhalten, kramt von irgendwo ein Seil hervor und bindet das Hinterrad zwischen zwei Sitzen fest. Meine Nachbarin ist friedlich mit dem Kopf auf meiner Schulter eingeschlafen.

10:30 Uhr: Immer mal wieder hält der Bus, um noch weitere Fahrgäste vom Straßenrand zusteigen zu lassen. Die neuen Fahrgäste müssen jetzt erst einmal über das Motorrad klettern, um anschließend über die Reissäcke zu ihren Sitzplätzen zu gelangen. Die meisten steigen dazu auf den Sitz neben dem Motorrad und dann auf den Motorradsitz oder dessen Auspuff, andere versuchen sich auf den Lehnen abzustützen. Da das Ende des Motorrads genau neben meinem Sitz liegt und ich nicht ständig getreten werden möchte, kuschele ich mich vertrauensvoll noch ein bisschen enger in meine schlafende Nachbarin.

Hab mein Wage vollgelade...

Hab mein Wage vollgelade…

10:40 Uhr: Wieder einmal hält der Bus am Straßenrand. Schneller als 50 km/h sind wir bis jetzt garantiert zu keinem Zeitpunkt gefahren. Diesmal steigen keine neuen Fahrgäste zu, sondern eine fliegende Händlerin, die Hähnchenspieße verkauft, welche sie in Bündeln in den Händen trägt. Mit vollen Händen klettert es sich nicht so gut über das Motorrad aber das hält sie nicht ab. Es hält auch die nächste fliegende Händlerin, die ganze gebratene Hähnchen auf Spießen verkauft nicht ab. Und auch nicht die übernächste, und die danach… Moment mal? Es steigen gut und gern acht Damen mit Hähnchenspießen ein, kraxeln über das Motorrad und stapfen über die Reissäcke nach hinten. Der Busfahrer fährt inzwischen langsam weiter, während die Damen ihre fettige Ware unters Volk bringen.

10:45 Uhr: Nächster Stopp am Straßenrand. Wer dachte, dass die Händlerinnen hier wieder aussteigen, hat weit gefehlt. Im Gegenteil: Weitere acht Händlerinnen steigen ein, noch mehr Hähnchenspieße; danach noch drei, vier Damen, die geschnittenes Obst und Wasserflaschen verkaufen. Im Bus geht es inzwischen zu wie auf einem Jahrmarkt. Kathrins Nachbar erwirbt zwei Spieße, deren Fett ein paar asymmetrische Flecken auf Kathrins Hose tropft, während die Verkäuferin sich über sie beugt um zu kassieren.

10:50 Uhr: Die Händlerinnen steigen alle einen Kilometer weiter wieder aus, vermutlich um mit dem nächsten Bus in die Gegenrichtung zurückzufahren. Zwei Mönche steigen ein und setzen sich zu den Sikhs und dem Europäer auf die Rückbank. Meine Sitznachbarin ist inzwischen wach und vergleicht unsere Armbehaarung. Aus den Lautsprechern plärren weiter Lao-Schlager – der Busfahrer wechselt ab und zu mal die CD. Ich fange an, Lao-Schrift anhand der Karaoke-Untertitel zu lernen…

Am Ende sind wir gut in Savannakhet angekommen, haben wieder einen kleinen Bungalow für uns, in dem wir vorhin etwas kreativ werden mussten, um ein Moskitonetz aufzuhängen (Leukoplast sei Dank), haben einen Stadtspaziergang gemacht und etwas gegessen. Genug Programm für heute!

(Kein) Weihnachten in Kambodscha

29. Dezember 2016, Don Det/Laos

Zu allererst wünschen wir allen unseren Familien, Freunden, Kollegen und Mitlesern ein frohes neues Jahr 2017!  🙂

Unsere letzte Woche in Kambodscha war sehr entspannt, abseits der ausgetretenen Touristenpfade, mit viel Ruhe und Natur.

Die 390 km lange Fahrt von Siem Reap nach Kratie war ein tagesfüllendes Programm. Früh 6:30 Uhr wurden wir an unserem Hostel mit dem Tuktuk abgeholt und ins Stadtzentrum gefahren. Von dort ging es mit einem größeren Bus bis zum Büro der Busgesellschaft, wo wir in einen richtigen Reisebus umstiegen. Dieser war natürlich auch schon ein ziemlich altes Modell, wie so ziemlich jeder in Kambodscha, aber es gab eine Klimaanlage, die Sitze waren noch nicht zerschlissen und auf einem riesigen Bildschirm vorn liefen während der ganzen Fahrt schnulzige Khmer-Schlager. Nach etwa vier Stunden kamen wir in der kleinen Stadt Kampong Cham an, wo wir am Büro der Busgesellschaft abgesetzt wurden und dort auf den Anschluss warten sollten. Wir mussten auch tatsächlich nur weniger als eine Stunde warten. Das Reisen hat uns geduldig gemacht; alles unter einer Stunde ist noch kein Grund, irgendjemanden zu fragen, wann denn der Bus kommt; wir setzen uns einfach hin und harren der Dinge und meistens wissen die Angestellten sowieso nicht, wann der Bus eintrifft. Der Anschlussbus war allerdings nur ein Minivan. Zum Glück waren wir die ersten, die einstiegen, sodass wir uns gute Plätze hinter dem Fahrer sichern konnten, wo wir unser Gepäck auf die Ablage hinter dem Fahrersitz deponieren und bequem die Füße darauf hochlegen konnten – der Gepäckraum war komplett belegt mit 25 Rollen Stacheldraht… Der Minibus füllte sich dann aber auch schnell mit weiteren Passagieren; immer wieder hielt er am Straßenrand an, um neue Fahrgäste einsteigen zu lassen, und eh wir uns versahen, saßen wir zu viert auf den für drei Personen ausgelegten Sitzbänken, aber auch das ist hier normal. Von diesen kurzen Stopps abgesehen machte der Bus keine Pause, und allmählich hätte ich mal eine Toilette gebrauchen können. Irgendwann fuhren wir dann in einen Hof, wo Baumaterialien lagen und unser Fahrer und die Männer im Hof fingen an, den Stacheldraht auszuladen. Die anderen Fahrgäste stiegen aus und ich folgte ihnen in der Hoffnung, dass es vielleicht ein stilles Örtchen gäbe. Eine ältere Frau, die im Bus neben uns saß, hatte sich auf eine Bank gesetzt und winkte mich zu sich. Ich dachte, sie wartet vielleicht auch am WC, da dort einige Türen im Gebäude waren, aber nichts tat sich und irgendwann bedeutete ich ihr, dass ich mal müsste. Also stand sie auf, winkte mir, mitzukommen und ging hinten hinaus aus dem Hof, wo ein Wäldchen lag. Dort waren allerdings einige Männer am Arbeiten, also gingen wir wieder hinein, wo eine kleine Mauer stand. Ohne Umschweife kauerte die Frau sich dahinter und verrichtete ihr Geschäft, und da ich vermutete, dass sich keine bessere Gelegenheit mehr bietet, tat ich es ihr einfach gleich und kauerte mich daneben – Problem gelöst. Zurück im Hof winkte mich eine andere Frau aus dem Bus zu sich und fotografierte mich mit ihrem Handy. Dann noch ein Selfie mit uns beiden, und noch eins, und noch eins… Allmählich fragte ich mich, was sie mit all den Fotos machen wollte, aber da sie kein Englisch sprach, lachte sie nur über meine Frage. Zurück am Bus war inzwischen der gesamte Stacheldraht ausgeladen und die Fahrt ging weiter. Die Frau mit dem Handy zeigte mir zufrieden, wie sie unser Fotoshooting mittlerweile bei Facebook hochgeladen hatte… Gegen 16:30 Uhr kamen wir endlich in Kratie an. Unser Guesthouse war in Laufweite von der Bushaltestelle am Zentralmarkt, mit einer großen Terrasse, von der aus man wunderschöne Sonnenuntergänge über dem Mekong sehen konnte wie den, von dem ich im letzten Beitrag geschrieben hatte (ein Foto davon findet ihr in unserem Weihnachtskalender).

Unser Ausflug zu den Süßwasserdelphinen – dem Grund für unseren Stop in Kratie – war eine Kayaktour auf dem Mekong. Außer uns waren noch drei anderen Touristen dabei, ein Pärchen aus England und eine Tschechin. Wir trafen uns früh am Büro des Veranstalters, wo wir frischen Kürbiskuchen und Kaffee bekamen und unsere Sachen in wasserdichte Säcke packten. Dann fuhren wir auf der Ladefläche eines kleinen LKWs, wo auch die Kayaks lagen, etwa 20 km stromaufwärts, wo wir unseren Guide trafen und lospaddelten.

Zuerst ging es über den Fluss in ein Gebiet kleiner Inseln, wo wir nach etwa einer Stunde an einem sandigen Strand anlegten, einen Snack aus Klebreis und einer Art Lychees aßen und im Mekong baden konnten. Die Strömung war an dieser Stelle nicht ganz so stark und das erstaunlich flache Wasser hatte eine sehr angenehme Temperatur. So erfrischt bewegten wir uns dann weiter flussabwärts durch ein Gebiet, das „floating forest“ genannt wird, weil dort riesige Bäume mitten im Fluss stehen. Die Landschaft war wunderschön, aber die Strömung war sehr stark und wir hatten alle Hände voll zu tun, dem Guide zu folgen.

Im Floating Forest

Im Floating Forest

Starke Strömung

Starke Strömung

Als wir den schwimmenden Wald hinter uns ließen, kamen wir wieder auf den offenen Mekong. Unser Guide, der ein Kayak mit der Tschechin teilte, paddelte mühelos voraus; die beiden Engländer, die zuhause öfter kayaken gingen, wie sie uns erzählten, hatten auch keine Schwierigkeiten, aber uns war es kaum möglich, seitlich zur Strömung des riesigen Flusses mit den anderen mitzuhalten. Egal wie sehr wir uns anstrengten, der Abstand zum Rest der Gruppe wollte einfach nicht schrumpfen. Irgendwann hielten sie an, weil plötzlich ein paar Delfine auftauchten. Es gibt sie also wirklich, auch wenn ihre Art vom Aussterben bedroht ist – in Kambodscha leben noch etwa 80 Tiere, einige weitere in Laos, und einige in Myanmar. Viel mehr als eine Rückenflosse hier und da sah man aber nicht von ihnen und niemandem gelang es, ein Foto zu schießen. Der Guide und die Engländer paddelten ihnen hinterher quer zurück über den Fluss in Richtung des anderen Ufers, aber die Strömung war so stark, dass wir nicht noch einmal bis dorthin wollten, zumal wir ja sehr wahrscheinlich wieder am selben Ufer anlegen würden, wo wir eingestiegen waren. Leider wussten wir nicht, an welcher Stelle wir schließlich an Land gehen würden, also blieb uns nichts anderes übrig, als durchzuhalten, gegen die Strömung anzupaddeln, damit wir nicht abgetrieben wurden, und auf den Guide zu warten, der inzwischen so weit weg war, dass wir nicht einmal mehr hätten rufen können. Toller Guide, uns einfach in der Mitte des Mekong zurückzulassen. Nach einer endlos scheinenden Weile kamen die anderen schließlich irgendwann zurück und wir paddelten ans Ufer, wo die Tour endete. Wir wurden samt Kanus wieder auf den LKW geladen und fuhren zurück nach Kratie, wo wir erst einmal ein Nachmittagsschläfchen halten und uns ausruhen mussten. An diesem Nachmittag goss es in Strömen und wir waren echt froh, dass unsere Tour schon vorbei war; das hätte dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt.

Von Kratie aus fuhren wir nach Banlung ganz im Nordosten Kambodschas. Andere hatten uns erzählt, dass es dort einen vulkanischen Kratersee geben sollte, den wir gern sehen wollten. Die mit fünf bis sechs Stunden angegebene Fahrt endete schon nach vier an einem Busbahnhof im vermeintlichen Nirgendwo, wo natürlich schon geschäftstüchtige Tuktukfahrer auf Kundschaft warteten. Laut MapsMe waren wir noch 30 km von Banlung entfernt; das sah nach einer teuren Fahrt aus. Ein kanadisches Paar – außer uns die einzigen Ausländer im Bus – war einverstanden, ein Tuktuk mit uns zu teilen. Am Ende haben wir jeder nur einen Dollar für die Fahrt bezahlt, da es dann nur drei Kilometer waren; da hat MapsMe uns tatsächlich mal im Stich gelassen.

Banlung ist ein sehr kleiner Ort, der im Prinzip aus nicht vielmehr als einem Kreisverkehr mit ein paar Häuserblocks drumherum und einem Markt besteht; in zehn Minuten ist man mit dem Fahrrad von einem Ortsende zum anderen gefahren. Entsprechend ist das Touristenaufkommen dort auch eher gering, aber wir trafen trotzdem gleich am ersten Abend einige Ausländer. In unserem Guesthouse sahen wir einen Argentinier wieder, den wir schon in Kratie getroffen hatten, und er war gerade auf dem Weg zum Abendessen mit zwei Französinnen und einer Holländerin, die sich alle dort kennengelernt hatten; also schlossen wir uns an. Es war ein sehr lustiger Abend in einem Restaurant namens Green Carrot, und dort trafen wir noch zwei weitere Leute, einen Holländer und einen Portugiesen. Letzterer, Miguel, erzählte uns, dass er an dem Tag durch die Gegend geradelt und von einem Einheimischen auf etwas zu trinken eingeladen worden war. Der Mann war Englischlehrer und Miguel hatte ihm versprochen, am nächsten Tag in seine Schule zu kommen, um mit den Kindern Englisch zu sprechen. Da weitere Ausländer sehr willkommen wären, schloss ich mich am nächsten Tag spontan an und es sollte ein sehr interessanter Tag mit Miguel werden.

Kathrin machte einen faulen Tag im Guesthouse und schlief aus; das muss auch mal sein. Ich frühstückte mit Miguel in einem kleinen Einheimischen-Restaurant, wo wir ein riesiges Baguette mit Omelette und Kaffee für zwei Dollar bekamen. Danach gingen wir zu einer Geldwechselstube und tauschten Dollar in Riel, da in Banlung fast alles in Riel bezahlt wird. So ausgestattet liefen wir dann zum Markt, kauften eine Packung Stifte als Geschenk für die Schule und besorgten mir dann ein Leihfahrrad von dort, wo Miguel seines auch her hatte.

Die „Schule“ war ganz anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Im Garten eines Wohnhauses an einer staubigen Piste, unter einem einfachen Dach auf vier Stelzen, unterrichtete ein junger Kambodschaner Englisch. Die Schüler gehen morgens zu ihrem regulären Unterricht in eine nahe gelegen Schule, und wenn dieser gegen elf Uhr endet, kommen sie für zwei Stunden in die Englischschule. Danach fahren sie wieder in die richtige Schule und haben dort nachmittags noch einmal Unterricht. Die Schüler waren zwischen zehn und achtzehn Jahren alt und ziemlich schüchtern, aber gleichzeitig auch sehr neugierig. Sie hatten viele Fragen, die sie aber alle dem Lehrer stellten, der sie dann übersetzte. Wir übten gemeinsam ein paar einfache Dinge wie Farben, Zahlen und Monatsnamen, Aussprache usw. Es machte trotzdem sehr viel Spaß; die Schüler waren sehr motiviert und aufmerksam, aber wie viel ihnen unser kurzer Besuch am Ende gebracht hat, ist schwer zu sagen.

Eifrig bei der Sache

Eifrig bei der Sache

Nachmittags im Guesthouse unterhielten wir uns lange mit Mr. Jip, dem Vater des Inhabers, einem Mann von 71 Jahren, der sehr gut Englisch sprach und uns seine sehr bewegte Lebensgeschichte erzählte. Geboren in einem anderen Landesteil musste er schon als Kind sein Zuhause verlassen, um in die Schule gehen zu können, denn in seinem Dorf gab es nur eine Grundschule. Danach lebte er unter der Woche in einem Kloster zusammen mit fünfzehn anderen Kindern, von wo aus er es nicht so weit zur Sekundarschule hatte. Die Oberstufe besuchen konnte er allerdings nicht, denn das ging damals nur in Phnom Penh und dafür hatten seine Eltern kein Geld. Er arbeitete dann in einer französischen Kautschukfirma im Labor, musste die Arbeit aber nach einigen Jahren aufgeben, da er davon Asthma bekam. Dann kam der Krieg, in dem er seine Frau und seine beiden Kinder bei einem Bombardement verlor, und nach dem Krieg kamen die Roten Khmer. Da er als Laborant Angst um sein Leben hatte und einige seiner Freunde ermordet wurden, floh er aufs Land. Dort musste er einige Zeit Reis anbauen, bekam dann aber eine Arbeit als Kuhhirte zugeteilt, als sein Asthma zu schlimm für die Feldarbeit wurde. Eines Tages, erzählte er, schrieb er aus Langeweile, während er die Kühe hütete, mit einem Stock einige Zeilen in den Sand; doch jemand beobachtete ihn dabei und meldete ihn bei den Roten Khmer, wo er daraufhin beim Bezirksleiter vorsprechen musste. Er hatte große Angst, denn Intellektuelle, und überhaupt jeder, der lesen und schreiben konnte, wurden ja als Feinde des Regimes gesehen. Der Bezirksleiter verhörte ihn und diktierte ihm dann etwas zum Schreiben. Mr. Jip hatte Glück – anstatt ihn hinrichten zu lassen, machte der Bezirksleiter ihn zu seinem Sekretär… Er wurde, wie so viele seiner Landsleute, zwangsverheiratet mit einer Frau, die die Khmer Rouge für ihn aussuchten, und nach dem Untergang des Regimes verließ sie ihn. Er kehrte zurück in die Kautschukfirma und arbeitete dort in der Buchhaltung, aber sein Asthma wurde immer schlimmer. Die Tochter seiner Nachbarn, neunzehn Jahre jünger als er, kümmerte sich um ihn, woraufhin ihre Eltern sie zur Heirat drängten. Sie bekamen vier Kinder und sind noch heute verheiratet. Mr. Jip brachte es zu etwas Wohlstand, als er einen Hektar Land kaufen und bewirtschaften konnte. Über die Jahre vergrößerte er sein Land auf sieben Hektar, baute Mangos, Kautschuk und anderes an und hielt sogar vierzig Kühe. In seinen Sechzigerjahren wurde das Asthma dann so schlimm, dass er gar nicht mehr arbeiten konnte, aber er hatte wieder Glück. Ein alter Freund, der während des Khmer-Rouge-Regimes nach Frankreich geflohen war, kehrte nach Kambodscha zurück und besuchte ihn. Er war Arzt und gab ihm Spritzen, die ihn von seinem Leiden befreiten. Heute hat er kaum noch Beschwerden. Dafür kam ein neuer Schicksalsschlag. Die korrupte Regierung seines Landes zwang ihn, sein ganzes Land für magere 3.500 Dollar an vietnamesische Investoren zu verkaufen. In Ostkambodscha gehört ein Großteil des Landes Vietnamesen und Chinesen; selbst der Strom kommt aus Vietnam (und fällt öfter mal aus, dann wird die ganze Stadt plötzlich dunkel). Mit dem übrigen Geld half Mr. Jip schließlich seinem Sohn, das Guesthouse zu eröffnen, in dem wir nun übernachteten. Zuletzt hatte er mit seiner Frau auf einer Maniokplantage gearbeitet. Er erzählte, dass es sehr anstrengend gewesen sei; von morgens bis abends hätten sie in der prallen Sonne schuften müssen. Nun leben und arbeiten sie in dem Guesthouse; er kümmert sich um die Gäste und seine Frau kocht. Erst zu Beginn dieses Jahres hat er begonnen, Englisch zu lernen, und nun unterrichtet er jeden Tag jüngere Nachbarn, die zu ihm kommen. Wir waren alle sehr beeindruckt von seiner Geschichte.

Am späten Nachmittag fuhren Miguel und ich zu einem Tempel auf einem Hügel am Stadtrand, von wo aus man einen tollen Sonnenuntergang über der hügeligen, grünen Landschaft sehen konnte.

Ohne Worte...

Ohne Worte…

Danach wollten wir Kathrin das Restaurant zeigen, wo wir gefrühstückt hatten; entdeckten aber auf dem Weg dorthin noch ein anderes, das definitiv nur von Einheimischen frequentiert wurde, also änderten wir spontan unseren Plan und gingen hinein. Verunsicherte Gesichter begrüßten uns, und als wir uns dann tatsächlich auch noch an einen Tisch setzten, wurde die Mimik leicht panisch. Aber was soll man sagen, die handgeschriebene Speisekarte hatte auch eine englische Übersetzung, also rechneten sie ja anscheinend schon damit, dass sich ab und zu mal ein paar Ausländer dorthin verirren. Und das Essen war so gut! Gemüse in süßsaurer Sauce, Hühnchen mit einem grünen Gemüse, gebratenes Gemüse und Fisch in Lemongrass-Sauce – letzteres war so gut, dass wir noch einen Teller davon bestellten, dazu ein riesiger Topf Reis und gratis Tee, soviel wir wollten. Am Ende waren wir pappsatt für drei Dollar pro Nase, und es war das beste Essen, das wir in Kambodscha gegessen haben.

Miguel reiste am nächsten Tag ab, ebenso wie alle anderen aus unserer Runde vom ersten Abend. Wir unternahmen in den darauffolgenden Tagen Fahrradausflüge in die hügelige Umgebung von Banlung. Der Yeak Loam-Kratersee war wie ein Relikt aus Urzeiten; ein fast kreisrunder, mehr als 50 Meter tiefer See umgeben von einem dichten Dschungel. Wir spazierten einmal um den See herum, vielleicht reichlich zwei Kilometer und ließen uns dann auf einem der hölzernen Docks, nieder, die an mehreren Stellen in den See hineingebaut waren und von wo aus man baden konnte. Wir hatten ein Dock ganz für uns allein und das Wasser war entgegen unserer Befürchtungen von einer sehr angenehmen Temperatur, vielleicht 25 Grad; genau richtig zum Baden. Wir schwammen ein bisschen herum und picknickten dann unsere früh auf dem Markt gekauften Bananen und Klebreisstangen in Bananenblättern.

Urzeitliches Paradies - der Yeak Loam-Kratersee

Urzeitliches Paradies – der Yeak Loam-Kratersee

Heiligabend radelte ich allein zu zwei Wasserfällen, was eine sehr abenteuerliche Fahrt war. Von der asphaltierten Hauptstraße ging es auf eine Seitenstraße, die den Anschein machte, als wäre sie vor dreißig Jahren asphaltiert und seitdem nie erneuert worden. Nach einer Weile kam noch eine Menge Sand dazu und irgendwann endete der Asphalt ganz und wich roter Sandpiste. Diese bekam mit der Zeit noch Waschbrett-Rillen, Schlaglöcher so groß wie Badewannen, Steine und Flussrinnen – bei Regen muss diese Straße absolut unbefahrbar sein, aber es ist ja Trockenzeit, hurra.

Hier ging es noch...

Hier ging es noch…

Für die zehn Kilometer bis zum ersten Wasserfall brauchte ich fast eine Stunde, war aber fast genauso schnell wie eine Gruppe Ausländer auf Motorrädern, die mich zwischenzeitlich überholten. Die Wasserfälle waren beide ganz schön und die Motorradfahrer luden mich noch zu einem kleinen Picknick ein, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Zurück im Guesthouse war ich so dreckig wie noch nie; von Kopf bis Fuß mit rotem Staub bedeckt – selbst jetzt, fast eine Woche später, finde ich noch Sandrückstände in meinen Nagelbetten…

Katieng Waterfall

Katieng Waterfall

Hängebrücke am Kachang Waterfall

Hängebrücke am Kachang Waterfall

Abends aßen wir im Guesthouse, skypten mit unseren Familien und gingen dann schlafen. Das war’s mit Weihnachten. Geschenkt haben wir uns nichts, denn an materiellen Dingen brauchen wir nichts, was wir nicht ohnehin schon dabei haben, und für eine richtige Feier waren wir nicht in Stimmung – zu warm, zu hell, fehlende Dekoration in den Fenstern; nichts kündete von Weihnachten, also hatten wir auch nicht das Gefühl, etwas zu verpassen.

Am 1. Feiertag, was für uns ein ganz normaler Tag war, radelten wir zu einem anderen Wasserfall, wo man angeblich im Lichte der Nachmittagssonne einen runden Regenbogen sehen kann. Die Fahrt dorthin stand der vom Vortag in nichts nach, außer dass es von der Hauptstraße direkt auf die Sandpiste ging. Leider war es etwas bewölkt, sodass wir den Regenbogen nicht sahen, aber dafür konnte man ein Stück weit hinter den Wasserfall gehen, was auch sehr schön war. Unterwegs winkten uns viele Kinder und riefen ‚hello‘; außerdem sahen wir zahlreiche Hundewelpen und Ferkel, Kautschukplantagen und kleine Holzhütten, die reinste Landidylle (zumindest auf den ersten Blick, bis man über die Lebensbedingungen der Menschen dort nachdenkt).

Cha Om Waterfall

Cha Om Waterfall

Am 26. Dezember, einen Tag bevor unser Visum offiziell endete, fuhren wir mit einem Minibus von Banlung mit Umstieg in Stung Treng nach Laos. Der Umstieg fand an einer Tankstelle außerhalb des Ortes statt, wo wir abgeladen wurden und warten sollten. Die Wartezeit hätte irgendwas zwischen einer und drei Stunden betragen können, aber wir hatten Glück, es war nur eine. Von Stung Treng war es nur noch eine Stunde Fahrt bis zur Grenze.

Und damit endete unser Monat in Kambodscha. Hatten wir zuerst nicht erwartet, das 30-Tage-Visum überhaupt auszuschöpfen, mussten wir am Ende feststellen, dass wir vieles, was uns noch interessiert hätte, gar nicht geschafft haben. Unser Fazit ist, dass Kambodscha nichts als eine positive Überraschung war. Die Menschen waren sehr freundlich, aber nicht aufdringlich; die Sehenswürdigkeiten waren beeindruckend, die Natur wunderschön, das Essen lecker und das Herumreisen einfach – definitiv ein Land für einen zweiten Besuch.

Angkor Wat – mehr als nur ein Tempel

Auch wenn bei uns Weihnachten dieses Jahr quasi ausfällt, wünschen wir euch allen ein frohes Fest! Und packen gleich noch einen neuen Beitrag untern Baum… 😉

18. Dezember 2016, Kratie

So, Hausaufgabenzeit. 😉 Also, es macht natürlich viel Spaß zu bloggen, und eure wunderbaren Kommentare sind uns eine anhaltende Freude!! Aber manchmal lässt uns das Reisen gar nicht so viel Zeit zum Schreiben, und auch, wenn wir gerade nicht unterwegs sind, sind wir oft beschäftigt, mit Reiseplanung, oder Gesprächen, oder einfach dem Genuss der Zeit und des Lebens. So wie jetzt gerade. Ich sitze auf der Terrasse unseres Guesthouses im kleinen Ort Kratie am Mekong und schaue dem mächtigen Strom beim Fließen zu, während allmählich die Sonne über der Insel in der Flussmitte untergeht – ein traumhaft schöner Anblick. Aber ich werde mich mal gleichzeitig am Genießen und Schreiben versuchen, quasi Multitasking, damit ihr ein bisschen von unserer Zeit in Angkor Wat erfahrt.

Die Weltkulturerbestätte Angkor Wat ist die Hauptsehenswürdigkeit der Stadt Siem Reap im Nordwesten des Landes, und im Prinzip auch die wichtigste Sehenswürdigkeit in ganz Kambodscha. Wir hatten keine richtige Vorstellung, was uns erwarten würde, aber andere Reisende sowie alle Informationen, die wir vorab gelesen hatten, predigten das Gleiche: man solle sich unbedingt vorher belesen, was es wo zu sehen gibt; das Gebiet sei riesig und man solle sich einen Plan machen, um das Beste aus dem Ausflug zu machen.

Also verbrachten wir den ersten Nachmittag nach unserer Ankunft mit stundenlangem Lesen, und schauten sogar mal eine Dokumentation auf youTube an.

Am nächsten Tag bummelten wir etwas durch Siem Reap, das ein ziemlich angenehmes Zentrum an einem kleinen Fluss hat. Wir schlenderten durch die Stände auf dem Old Market, wo das Einkaufen viel angenehmer als in Vietnam und auch Phnom Penh war, da die Händler uns größtenteils in Ruhe schauen ließen und nicht gleich mit Angeboten bombardierten. Ich kaufte eine sehr bequeme, halblange Hose und wir aßen indisch zum Mittag, was mal eine willkommene Abwechslung war. Auf dem Rückweg zum Hostel verliefen wir uns kolossal, da die meisten Straßen keine Straßenschilder hatten oder diese gut versteckt waren und es dann auch noch ziemlich schnell dunkel wurde. Am Ende sind wir ich-weiß-nicht-wie-lange gelaufen und nur der Karten-App auf Kathrins Handy (MapsMe – quasi offline GoogleMaps mit Ortungsfunktion, suuuper!) verdanken wir es, dass es nicht noch länger dauerte. Das Hostel war nämlich auch ziemlich dezentral gelegen, abseits der Hektik der Pub Street (nomen est omen), in einer ruhigen Nachbarschaft, gut versteckt in einer sehr verwinkelten Gasse (bei der Anreise waren wir abgeholt worden, sonst hätten wir uns nie dorthin gefunden).

Montag war dann Tag der Wahrheit: Tag eins in den Tempelruinen. Man spricht immer nur von Angkor Wat, dabei ist dieser nur einer von zahllosen Tempeln aus der Hochzeit des Khmer-Reiches zwischen dem 9. und 15. Jahrhundert. Jeder Khmer-König ließ seinen eigenen Tempel bauen, noch weit über 100 km entfernt findet man beeindruckende Ruinen im Dschungel. Die Mehrzahl befindet sich allerdings direkt nördlich von Siem Reap, und man kann sich mehrere Tage Zeit nehmen, sie zu erkunden. Es gibt ein Tages-, ein Dreitages- und ein Wochenticket. Wir entschieden uns für drei Tage, was immerhin mit stolzen 40 Dollar pro Person zu Buche schlug. Das Ticket Office war ziemlich gut versteckt. Es liegt etwa auf halber Strecke zwischen Siem Reap und dem Tempelareal, auf einem „kleinen“ Umweg von vielleicht 8km. Wir hatten uns für den Tag ein Tuktuk gemietet, und der Fahrer wusste natürlich, wo das Ticket Office liegt und half uns gleich noch, uns in der richtigen Schlange anzustellen – die Halle erinnerte an chinesische Bahnhöfe, sowohl was die Anzahl der Schalter anging als auch die Anzahl der Chinesen. 😉 Um Missbrauch vorzubeugen, ist jedes Ticket personengebunden und man wird am Schalter fotografiert; das Foto wird auf’s Ticket gedruckt.

Für den ersten Tag entschieden wir uns, mit einigen der etwas abgelegeneren Tempel zu beginnen. Wir besichtigten an diesem Tag sechs Tempelruinen; der am weitesten entfernte, Banteay Srey, liegt fast 40 km von Siem Reap entfernt. Unser Tuktukfahrer ließ uns an jedem Tempel so viel Zeit, wie wir wollten und am Ende war es ein Ausflug von fast neun Stunden.

Die Ruinen waren so verwunschen, wie sie in Trümmern im Dschungel lagen. Es waren bis auf Banteay Srey fast keine Menschen da, und auch Absperrungen gab es kaum; man konnte wie Indiana Jones über die Steine klettern während in den Baumkronen Affen und tropische Vögel für die entsprechende Geräuschkulisse sorgten. Es war einfach unbeschreiblich schön, und jeder Tempel sah anders aus, hatte ein anderes Flair und andere Höhepunkte; seien es besonders gut erhaltene Reliefs oder majestätische Bäume, die über Jahrhunderte ihre mächtigen Wurzeln ins Mauerwerk gegraben haben.

Aber nun genug der Worte; die Bilder sprechen für sich:

Pre Rup

Pre Rup

Banteay Srey

Banteay Srey

Phrea Khan

Phrea Khan

Neak Poan

Neak Poan

Ta Som

Ta Som

East Mebon

East Mebon

Am nächsten Tag machten wir eine Pause von all den Tempeln; das Dreitagesticket ist nämlich für beliebige drei Tage innerhalb einer Woche gültig. Am Vormittag fuhren wir zum Bayon Information Center, einer Ausstellung über den Bayon-Tempel, der nahe Angkor Wat liegt und zu den am meisten besuchten gehört. Dieser Tempel wird von einem japanischen Team erforscht und restauriert (die Haupttempel sind quasi zwischen verschiedenen Nationen „aufgeteilt“ da die kambodschanische Regierung diese Aufgabe gar nicht allein bewältigen könnte; neben Japan sind auch Deutschland, die USA, Indien und andere vertreten). Der junge Kambodschaner, der uns herumführte, entschuldigte sich, dass sein Englisch nicht sehr gut sei, er könnte eben besser Japanisch. Nun, dass können wir ja auch! So unterhielten sich zwei Deutsche und ein Kambodschaner auf Japanisch, sehr lustig! 😀 Es gab einen Film über den Tempel (zum Glück auf Englisch) und eine sehr interessante Übersicht über das Khmer-Reich und die beeindruckenden Flachreliefs im Tempel; eine gute Vorbereitung für den dortigen Besuch. Am Ende mussten wir nicht einmal etwas bezahlen.

Danach liefen wir zum Peace Café, wo man nicht nur lecker essen sondern auch an einer Vielzahl von Aktivitäten teilnehmen konnte, unter anderem an einem vegetarischen Kochkurs.

Außer uns kamen noch zwei andere Deutsche zum Kochkurs, Ronja und Peter aus Bayern, mit denen wir uns auf Anhieb super verstanden. Der Kochkurs machte sehr viel Spaß. Wir lernten, frische Frühlingsrollen und Dip dafür zu machen, außerdem Papayasalat und das kambodschanische Nationalgericht Amok, eine Art Curry, wobei wir die Currypaste aus Kurkumawurzel, Ingwer, Kaffirlimettenblättern und Lemongras komplett selbst herstellten, inklusive minutenlangem Stampfen in einem großen Mörser. Rezepte gab es fertig ausgedruckt dazu und danach durften wir unser ganzes selbst gekochtes Essen natürlich auch selbst verspeisen; es war seeeehr lecker! Allerdings dauerte das Ganze gut zwei Stunden, sodass wir es leider nicht schafften, an dem ebenfalls dort angebotenen Gespräch mit einem buddhistischen Mönch teilzunehmen. Aber das war nicht so schlimm, denn es sollte am nächsten Tag nochmal stattfinden, und wir hatten ja Zeit.

Unser Menü

Unser Menü

Stattdessen gingen wir dann mit Ronja und Peter zur Massage. Die beiden hatten einen Seeing Hands-Salon ausfindig gemacht, wo die Masseure blind sind und man damit noch einen guten Zweck unterstützt, da die Beschäftigungsmöglichkeiten für blinde Menschen sehr eingeschränkt sind. Vier Liegen waren frei, und vier MasseurInnen hatten gerade Zeit, also kamen wir alle gleichzeitig dran. Man musste nichts ausziehen, war also kein Problem, direkt nebeneinander zu liegen, und auch ansonsten war es echt eine gute Massage; die Masseure nahmen sich mehr Zeit für verspannte Stellen als für lockere, und selbst Kathrin war am Ende ganz zufrieden mit ihrer ersten Massage. Danach unterhielten wir uns noch eine ganze Weile mit einem der Masseure, der sehr gut Englisch sprach und sich offensichtlich über unser Interesse an seinem Leben freute. Er erzählte uns, dass er zwar zur Schule gegangen ist, aber dort nicht lesen und schreiben lernen konnte, weil es natürlich keinen Lehrer für Brailleschrift gab. Dies konnte er erst mit 17 Jahren dank einer Hilfsorganisation nachholen, und seine Begeisterung und Dankbarkeit, dass er jetzt Bücher lesen und Fremdsprachen lernen kann, waren unglaublich ansteckend. Er erzählte uns, dass er jetzt in Siem Reap Wirtschaft studiert und abends als Masseur arbeitet, um das Studium zu finanzieren. Später möchte er ein eigenes Unternehmen führen und dort andere Blinde beschäftigen. Er zeigte uns auch, wie er mit Hilfe einer Nadel und einer Schablone Braille schreibt; er schrieb unsere Namen und ein paar Sätze auf Englisch und Khmer in einem atemberaubenden Tempo, wie auf einer Schreibmaschine. Besonders beeindruckt waren wir, als uns klar wurde, dass er die Braille-Buchstaben spiegelverkehrt und von rechts nach links einstanzen muss, denn am Ende fühlt man ja die Erhebungen, die beim Schreiben nach unten durch’s Papier gedrückt werden. Das war wirklich ein sehr interessanter Besuch.

Am nächsten Tag ging es gleich zur nächsten Massage, diesmal aber nicht bei Blinden, ja nicht einmal bei Menschen. In Siem Reap kann man nämlich auch zu „Dr. Fish“ gehen – man hält seine Füße in ein Wasserbecken voller Piranhas Putzerfische, die sich dann gierig über die abgestorbenen Hautschuppen hermachen. Das klingt nach einer furchtbaren Krabbeltortur, und war auch so. Die ersten Minuten waren beinahe unerträglich, und es kostete ziemlich große Überwindung, die Füße nicht gleich wieder herauszuziehen, aber nach einer Weile gewöhnten wir uns dran. Ich hielt auch mal die Hände hinein und die kleinen Fische putzten gründlich jeden Millimeter Haut, den sie fanden. Es war richtiggehend niedlich, wie sie furchtlos zwischen meinen Fingern hindurch schwammen – fast wie Fische streicheln. 😉 Am Ende hatten wir sehr weiche Haut an den Füßen.

Leichten Schrittes liefen also wir zum Peace Café für das Gespräch mit dem Mönch, nur um zu erfahren, dass er leider kurzfristig abgesagt hatte. Schade; der nächste Termin wäre erst eine Woche später gewesen und so lange hatten wir nicht vor, in Siem Reap zu bleiben. Also aßen wir sehr lecker; ich probierte ein weiteres Khmer-Gericht namens Kroeung Khtis, eine Art Gemüse in Erdnuss-Kokos-Paste, sehr lecker, und zum Nachtisch eine Crêpe mit Palmzucker, was unser neues Suchtmittel wird. Es hat eine Konsistenz und Farbe wie leicht kristallisierter Waldhonig und schmeckt sehr süß und leicht alkoholisch. Da Palmzucker auch eine Zutat für alle Gerichte, die wir am Vortag gekocht hatten, ist, werde ich mich in Deutschland mal im Asialaden auf die Suche machen müssen…

Abends kauften wir auf dem kleinen Markt nahe unseres Hostels Obst und süßen Klebreis, den wir zum Abendbrot aßen und der ebenfalls auf die Liste der neuen Suchtmittel kommt. Den Tipp dafür hatten wir von einem anderen Reisenden erhalten, den wir zuvor im Hostel kennengelernt hatten. Jonathan kommt ursprünglich aus Hongkong, hat aber die meiste Zeit seines Lebens in den USA verbracht; er klinkte sich in unsere Unterhaltung ein, als wir mit zwei Norwegerinnen über unsere Erlebnisse in China bzw. mit den Chinesen sprachen, und lachte, wie zutreffend alles war. Er reist auch schon eine ganze Weile, hat viel Zeit in Nepal verbracht, und wir „klickten“ einfach auf so vielen Ebenen, dass wir am Ende bis nachts um elf zusammen saßen und uns unsere halbe Lebensgeschichte erzählten, lange nachdem alle anderen schon schlafen gegangen waren.

So wurde es eine eher kurze Nacht, denn am nächsten Morgen holte unser Tuktukfahrer uns schon kurz nach halb fünf (!) ab, da Kathrin wir beide den Sonnenaufgang über Angkor Wat sehen wollten. Im Dunkeln fuhren wir die zehn Kilometer auf unbeleuchteten Straßen, die letzten Kilometer durch den Wald. Unser Tuktukfahrer wies uns vom Parkplatz aus noch den Weg zum Eingang, den wir sonst in der Dunkelheit gar nicht gefunden hätten. Zeitiges Kommen sichert gute Plätze, und das gilt vor allem für dieses besondere Highlight. Wer denkt, dass wir den Tempel um diese Zeit für uns allein hatten, liegt weit daneben. Je näher wir dem Bauwerk kamen, desto größer wurden die Menschenströme, die sich darauf zubewegten. Nicht umsonst öffnet Angkor Wat schon früh um fünf. Wir passierten das Haupttor und liefen durch die Außenanlage bis wir zwei kleine Seerosenteiche zur linken und rechten Seite des Weges erreichten. Man musste sich gar nicht vorher belesen um zu wissen, dass die linke Seite die bessere für das schönste Fotomotiv ist. Die komplette Uferfront war schon von Touristen belegt, teils mit riesigen Kameras bewaffnet; geschäftstüchtige Verkäufer vermieteten Stühle und boten Kaffee an. Wir fanden gar keinen Platz mehr für uns, also auf zum rechten Teich, von wo angeblich der Winkel nicht so gut war, aber dafür konnten wir uns immerhin direkt ans Ufer setzen und die Reflexion der Türme im Wasser sehen. Auch dort wurde es am Ende so voll, dass die Leute in mehreren Reihen standen, aber wir hatten ja unsere Plätze. Nicht dass wir sie gebraucht hätten. Der wunderschöne Sonnenaufgang fand hinter einem grauen Wolkenschleier statt und statt roter Sonne über Tempelspitze wurde es einfach langsam hell. Was soll ich sagen, es hatte trotzdem etwas sehr mystisches und atmosphärisches, auch wenn ich mir meine Kopfhörer in die Ohren stecken und das unentwegte Geplapper der Menschenmenge mit Musik ausblenden musste, um dem Anblick etwas abzugewinnen.

Zugegeben, es war schon ein besonderes Erlebnis.

Zugegeben, es war schon ein besonderes Erlebnis.

Als es hell war, gingen wir hinein und erkundeten die endlosen Gänge mit den detailreichen Reliefs, die religiöse und historische Motive darstellen. Der Tempel ist wirklich riesig; er besteht auch aus mehreren Ebenen und um ganz hinauf zu den berühmten fünf Türmen zu kommen, mussten wir auch einige Minuten anstehen. Da der Tempel noch immer genutzt wird und zu den heiligsten Stätten Kambodschas gehört, stellten Wächter sicher, dass man nur angemessen gekleidet ins zentrale Heiligtum hinaufsteigt, also Knie und Schultern bedeckt, am besten langhosig und -ärmelig; nur ein umgebundenes Tuch zur Verhüllung, wie es in Vietnam noch durchgegangen ist, wurde nicht akzeptiert. Wir waren diesmal gut vorbereitet, und dank der Wolken und leichten Nieselregens war es auch in langer Kleidung auszuhalten.

Angkor Wat

Angkor Wat

Insgesamt war Angkor Wat für uns beide aber nicht das Highlight der Tempel. Es waren nicht einmal die Massen von chinesischen Touristen (mit Abstand die größte Gruppe), da es sich doch ziemlich gut verlief und man in vielen Gängen trotzdem so gut wie allein war. Der Tempel war einfach zu perfekt, zu gut erhalten bzw. restauriert; ihm fehlte der Charme der untergegangenen Zivilisation, den die anderen, kleineren Tempel mit ihren Trümmerhaufen und Baumwurzeln noch besaßen.

Auch im benachbarten Bayon-Tempel, dessen japanisches Informationszentrum wir zwei Tage zuvor besucht hatten, schoben sich die Massen durch die Gänge und über die Plattformen; dennoch gefiel es uns dort besser, weil das Bauwerk mit seiner offenen Architektur, dem runden Zentralturm und den unzähligen Gesichtern auf den Türmen seinen ganz eigenen Reiz hatte. Es ist außerdem ein großartiges Beispiel für die religiöse Freiheit, die die Menschen dort vor 1.000 Jahren genossen: der König widmete eine Seite des Tempels Buddha, eine Seite Shiva, eine Vishnu und eine seiner eigenen Ahnenverehrung; alle Untertanen konnten frei ihren Glauben ausüben. Wirklich ein fortschrittlicher König, der nebenbei in seiner Amtszeit auch noch dutzende Krankenhäuser, Raststationen für Reisende sowie 800km (!) Straßen durch sein Reich bauen ließ.

Bayon - wer findet die drei Gesichter im Bild?

Bayon – wer findet die drei Gesichter im Bild?

Danach besuchten wir noch weitere Tempel; unser übereifriger Tuktukfahrer hielt wirklich an jedem noch so kleinen an und am Ende mussten wir einige weglassen, weil wir einfach zu erschöpft waren.

Baphuon

Baphuon

Takeo

Takeo

Ta Prom - besonders berühmt für die zahlreichen Baumwurzeln

Ta Prom – besonders berühmt für die zahlreichen Baumwurzeln

Wir hielten ein Nachmittagsschläfchen, während es draußen ganz untypisch für die Jahreszeit schüttete, und verbrachten dann einen gemütlichen Abend draußen auf der kleinen, überdachten Terrasse des Hostels, wo wir uns mit Jonathan und zwei Frauen unterhielten, die frisch angekommen waren, Julia aus Deutschland und Erin aus den USA, die sich in Thailand kennengelernt hatten und schon ein paar Wochen gemeinsam reisten. Auch mit den beiden stimmte die Chemie auf Anhieb – es ist so wunderbar, wie man beim Reisen immer wieder so besondere Menschen trifft, mit denen man sich über Gott und die Welt unterhalten kann, obwohl man sich gerade erst kennengelernt hat. Gegen Mitternacht brachte uns einer der Männer, die im Hostel arbeiteten, einen Snack aus geröstetem Reis und setzte sich eine Weile zu uns. Ab und zu jaulte eine Gruppe Hunde in der Nachbarschaft wie ein kleines Wolfsrudel. Gegen zwei Uhr morgens beschlossen wir dann, doch noch ein paar Stunden Schlaf zu kriegen…

Während der Tage in Siem Reap war leider mein Quallenstich nicht wirklich besser geworden. Er tat zwar nicht weh, war aber immer noch geschwollen, ein hässliches Rot-Violett, und deutlich wärmer als die umgebende Haut. Zum Arzt gehen wollte ich deswegen eigentlich nicht, tat es dann aber doch, denn in Siem Reap gibt es aufgrund der vielen Touristen und dort lebenden Ausländer immerhin die Infrastruktur dafür, wohingegen ich befürchtete, dass es in den Orten, die wir danach ansteuern wollten, nicht einmal einen englisch sprechenden Arzt gäbe, geschweige denn einen, der mit Quallen etwas anfangen kann. Also ging ich mehr aus prophylaktischen Gründen, da ich nicht wusste, wie sich die Stelle noch entwickeln würde.

Das Royal Angkor International Hospital erinnerte mich eher an ein Fünf-Sterne-Hotel; polierter Marmorfußboden, gediegene Atmosphäre, Weltzeituhren hinter der Rezeption mit den adrett gekleideten Krankenschwestern, die eher wie Stewardessen aussahen. Plakate warben für eine Junior Card oder Gold Card-„Mitgliedschaft“, für Anti-Aging-Behandlungen oder eine Brustkrebsvorsorgeuntersuchung, deren Beschreibung sich eher wie ein Wellnessprogramm las. Für Kambodschaner absolut unerschwinglich; in der Lobby saßen auch nur vier weitere Ausländer, sonst waren keine Patienten da. Ich kam schon nach zehn Minuten dran. Der Arzt war Kambodschaner, sprach ziemlich gut Englisch, verstand aber mein Problem nicht, was er durch gönnerhaftes Lächeln und sinnloses Blabla zu überspielen versuchte. Er sprach davon, wie man von Säugetierbissen Tollwut bekommen kann, bei Fischen aber keine Gefahr bestünde… er dachte anscheinend, mich hätte ein Fisch mit dem Maul gebissen… Da der PC auf seinem Schreibtisch eingeschaltet war, bat ich ihn, „jellyfish“ doch einmal zu googeln, was er dann auch tat, nachdem er die geöffnete Facebookseite schloss. Ich versuchte ihm zu erklären, dass es eher eine Verbrennung ist, woraufhin er dann erklärte, dass man in diesem Fall Antibiotika verschriebe, um Wundinfektion zu vermeiden…aber ich hatte ja gar keine Wunde; die Haut war zu keiner Zeit offen gewesen. Der Arzt redete nur weiter mit seinem väterlichen Lächeln auf mich ein (was mir deutlich signalisierte, dass ich als Patient keine Ahnung habe und nur dem allwissenden Arzt vertrauen brauche) und am Ende ließ ich mir das Penicillin verschreiben, da unser Gespräch in einer Sackgasse geendet war, und hoffe, dass die Auslandskrankenversicherung die Rechnung in voller Höhe trägt wie vereinbart. Das Antibiotikum habe ich bis jetzt nicht genommen, da die Stelle sich kaum verändert, aber ganz allmählich besser zu werden scheint – dauert vermutlich einfach sehr lange. Insgesamt ein ziemlich enttäuschender Besuch.

Kathrin hatte sich derweil eine Magen-Darm-Sache eingefangen und wollte den Tag lieber liegend und in Klonähe verbringen, daher machte ich am Nachmittag allein einen Ausflug auf einen Hügel südlich von Siem Reap, wo eine weitere Tempelruine lag: Phnom Krom. Die Ruine an sich war nichts besonderes, nach drei Minuten hatte man alles gesehen, aber das war auch nicht der Grund meines Besuches, sondern die Aussicht von oben auf den nahe gelegenen Tonle Sap, den größten See Südostasiens. Und ich sollte nicht enttäuscht werden. Fast um den gesamten Hügel herum lag Überschwemmungsland mit Reisfeldern, wo Stelzenhäuser, Deiche und kleine Wäldchen im flachen Wasser standen, soweit das Auge reicht. Und in der Ferne, wo die Bäume aufhörten, fing der eigentliche See an, der so riesig war, dass man das andere Ufer nicht sah; man hätte genauso gut aufs Meer blicken können. Es war einfach grandios.

Blick von Phnom Krom auf das Überschwemmungsland und den Tonle Sap am Horizont

Blick von Phnom Krom auf das Überschwemmungsland und den Tonle Sap am Horizont

Abends ging ich mit Julia und Erin im Stadtzentrum etwas essen und am nächsten Morgen fuhren wir 6:30 los zum Busbahnhof, um gen Osten in einen Ort namens Kratie (ausgesprochen Krotje) am Ufer des Mekong zu fahren, wo es Süßwasserdelphine geben soll…

Koh Rong Samloem – Willkommen im Paradies

10. Dezember 2016, Siem Reap

Wichtige Info vorab: wer den Beitrag über Kep noch nicht gelesen hat, scrolle bitte erst einmal nach unten… 😉

Kambodschas Küste sollte laut unserer primären Informationsquelle, dem Internet (ähem), Strände wie aus dem Bilderbuch haben. Das touristische Zentrum ist Sihanoukville, in erster Linie ein Party-Ort, aber von dort aus kann man mit Fähren auf verschiedene Inseln fahren. Die bekannteste und am besten erschlossene ist Koh Rong, wohl auch eher ein Party-Bade-Ort, weshalb wir einen Bogen darum machten und uns für die kleinere Nachbarinsel Koh Rong Samloem entschieden. Aus Kostengründen wählten wir ein Resort am Hauptstrand, das auch einen Dorm anbot. Aber wir konnten uns nicht wirklich vorstellen, was uns dort erwartet. Ob das Wasser auch so dreckig wäre wie in Vietnam? Ob der Strand völlig überlaufen wäre?

Wir hatten noch keine Fähre gebucht, aber die touristische Infrastruktur in Sihanoukville war derart gut, dass wir in zwei, drei Läden fragten und uns für das günstigste Angebot entschieden. So buchten wir am Ende unsere Fährtickets in einem Friseursalon und keine zehn Minuten später kam schon der Shuttlebus zum Pier. Mit dem Speedboat ging es dann in einer magen-aufwühlenden Fahrt eine halbe Stunde übers Meer, bis wir an einem schmalen Pier in der Saracen Bay auf Koh Rong Samloem anlegten. Etwas wackelig taumelten wir mit unserem Gepäck zum Strand, und was soll man sagen…

Willkommen im Paradies

Willkommen im Paradies

Wie im Bilderbuch! Schneeweißer, feiner Sand, türkisblaues, klares Wasser, Palmen und schilfgedeckte Hütten am Strand – wie im Paradies. Auf der ganzen Insel gibt es keine einzige Straße, keine Autos oder Mopeds, und direkt hinter dem Strand fängt der Dschungel an. Wir waren zwar bei weitem nicht die einzigen, die von Bord gingen, aber trotzdem wirkte die Bucht mit ihren kleinen Resorts alles andere als überlaufen. Das einzige zweistöckige Gebäude am gesamten Strand war der hölzerne, zum Strand hin offene Schlafsaal unseres Resorts.

Dort übernachteten wir aber am Ende gar nicht. Angeblich war der Dorm überbucht, weshalb die Rezeptionistin, die aus St. Petersburg stammt, uns freundlicherweise ihren privaten Bungalow für die Nacht überließ. So kamen wir sogar in den Genuss eines eigenen Bungalows.

Der Sockel des Bungalows war gemauert; wenn man hineinkam, stand man direkt im Bad mit Waschbecken, Dusche und WC (wobei die Dusche wie immer nur ein Schlauch mit Duschkopf an der Wand war, keine separate Kabine – sowas haben wir schon seit Monaten nicht mehr gesehen). Von dort aus führte eine sehr steile Holztreppe auf eine hölzerne Plattform, deren Wände und Dach komplett aus Schilf waren. Dort lag eine Doppelmatratze unter einem Moskitonetz; fertig war der Bungalow.

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Ach ja, und er war rund.

Da es noch nicht sehr spät war, gingen wir baden und setzten uns dann an den Strand. Abends suchten wir uns ein Plätzchen im Restaurant des Resorts, einem großen, an allen Seiten offenen Pavillon mit einer Bar in der Mitte. Daneben, direkt am Strand, gab es einen Steinofen, und an diesem Abend gab es frischgebackene Pizza. Wir verlängerten gleich noch zwei Nächte.

Am nächsten Tag zogen wir in den Schlafsaal um, der echt ein Erlebnis war. Auf zwei Etagen lag Matratze neben Matratze auf einem großen Holzpodest, Schilfmatten boten Blickschutz nach links und rechts, aber nach vorne war jedes „Abteil“ offen, ebenso wie die Front des Dorms, sodass man vom Bett direkt aufs Meer guckte und immer frische Luft hatte. Kunststoffplanen schützten das Innere des Dorms vor zuviel hereingewehtem Sand, aber im Wesentlichen schlief man halb draußen und erwachte früh zum Sonnenaufgang über der Bucht. Über jedem Bett gab es noch ein Moskitonetz, eine Lampe und einen Ventilator, dazu noch ein Schließfach an der Wand – es war sehr simpel, und ständig lag überall Sand, aber es war so unglaublich idyllisch.

Unser Dorm

Unser Dorm

Die Bett-Abteile

Die Bett-Abteile

Unsere Schuhe hatten wir am ersten Tag bei der Ankunft ausgezogen, als der Pier nicht ganz bis zum Strand reichte und wir den letzten Meter durch’s seichte, warme Wasser waten mussten, und zogen sie bis zu unserer Abreise nicht mehr an. Das war auch echt mal Urlaub für die Füße, immer an der frischen Luft oder im warmen Wasser, immer barfuß gehen.

Die nächsten zwei Tage verbrachten wir in „unserer Bucht“, gingen baden, saßen am Strand oder in einem der Baumhäuser, oder gingen mit den Füßen im Wasser spazieren, um in einem der anderen Resorts zu essen. Alle bestanden aus kleinen, privaten Bungalows und unterschieden sich im Stil; einige waren eher null-acht-fuffzehn, andere eher schick oder sogar futuristisch. Wir waren mit unserem im Vergleich sehr zufrieden, wo alles aus Naturmaterialien gebaut war. Leider war der Strand nur so sauber, weil ständig einige Angestellte damit beschäftigt waren, den angeschwemmten Müll einzusammeln. Da die Saracen Bay der Stadt Sihanoukville gegenüberliegt, kommt natürlich einiges von dort übers Meer getrieben. Wir versuchten, unseren Beitrag zu leisten, indem wir unsere einmal gekauften Plastikflaschen auffüllen ließen, anstatt immer neue zu kaufen.

Unser Strandblick jeden Morgen

Unser Strandblick jeden Morgen

So ein Baumhaus am Strand ist ein toller Ort für ein Nachmittagsschläfchen

So ein Baumhaus am Strand ist ein toller Ort für ein Nachmittagsschläfchen

Einen Tag liefen wir durch den Dschungel auf einem schattigen Weg auf die Westseite der Insel zum Lazy Beach. Dort gab es nur ein einziges Resort, das Wasser war sogar noch viel klarer als auf unserer Seite und es gab Hängematten am Strand, wo wir es uns nach dem obligatorischen Baden gemütlich machten. Die dortigen Bungalows hätten leider mit ihren 65$ Miete pro Nacht eine ganz schöne Kerbe in unser Budget geschlagen (im Dorm bezahlten wir nur 14$ für die Doppelmatratze), ansonsten hätten wir es dort auch eine Weile ausgehalten, aber das Inselleben ging ohnehin ins Geld, da natürlich alles etwas teurer ist als auf dem Festland.

Lazy...

Lazy…

...am Lazy Beach

…am Lazy Beach

Als unser Geld zu Ende ging (und es gibt auf dem Eiland natürlich keinen Geldautomaten), mussten wir schweren Herzens wieder abreisen. Beim letzten Schwimmen in unserer schönen Bucht erwischte mich (B) auch noch eine Qualle am Oberschenkel; der starke Wind der vergangenen Tage hatte anscheinend ziemlich viele angeschwemmt. Es stach und brannte sehr unangenehm, und da ich nicht wusste, ob es dort giftige Tiere im Wasser gibt, ging ich gleich erst einmal zur Rezeption, wo man mir eine aufgeschnittene Limette zum Draufdrücken gab. Ich dachte mir, dass die Leute bestimmt mehr in Panik verfallen wären, wenn es etwas ernsthaft giftiges hätte sein können; außerdem fühlte ich mich nicht schlecht bis auf den Schreck. Bis zum nächsten Morgen war die Schwellung schon etwas zurückgegangen und brannte kaum noch, und mittlerweile ist die Haut vernarbt und rot bis lila; wird sich schon wieder geben.

Legt euch nicht mit Quallen an.

Legt euch nicht mit Quallen an.

Ursprünglich hatten wir von Sihanoukville mit dem Nachtbus nach Siem Reap fahren wollen, aber mehrere Gruselberichte aus dem Internet über schlechte, unbeleuchtete Straßen, unbeleuchtete Verkehrsteilnehmer und rasende Busfahrer überzeugten uns, die Strecke doch bei Tageslicht in zwei Etappen zu fahren. Mittags verließen wir die Insel mit dem Boot und nahmen dann den nächstbesten Bus zurück nach Phnom Penh. Der gesamte Erholungseffekt der letzten vier Tage ging auf dieser Fahrt wieder drauf. Die Klimaanlage funktionierte nicht richtig, sodass wir die ersten zwei Stunden bei kuscheligen 35°C zurücklegten; es kühlte sich erst ab, als die Sonne unterging. Aus den fünf bis sechs Stunden Fahrt wurden dank Baustellenstau acht und uns wurde leicht mulmig bei dem Gedanken, mitten in der Nacht in Phnom Penh anzukommen, das ja auch nicht gerade für seine Sicherheit berühmt ist.

Was man aber an dieser Stelle mal bemerken muss, ist, wie angenehm die Atmosphäre im Bus auch nach stundenlangem Staustehen blieb. Man stelle sich das mal in Deutschland vor. Mürrische Gesichter, ungeduldiges Schnaufen, genervte Telefonate. Aber wir sind nicht in Deutschland, sondern in Kambodscha. Einige Reisende begannen, sich zu unterhalten, wobei viel gelacht wurde. Eine Gruppe Touristen spielte Karten über’n Gang; niemand wurde laut oder ungehalten; alle blieben freundlich und entspannt. Man hätte ja durch schlechte Laune eh nichts an der Situation ändern können, außer die Atmosphäre für alle unangenehm zu machen.

Als wir schließlich den Busbahnhof erreichten, konnten wir uns mit den anderen Touristen zusammentun und so in einer Gruppe zwei Tuktuks nehmen; sie wollten fast alle zum gleichen Hostel wie wir; Glück gehabt.

Heute morgen fuhren wir dann weiter nach Siem Reap, mit der Busgesellschaft Giant Ibis, die einen sehr guten Ruf genießt, da sie per GPS-Überwachung sicherstellt, dass ihre Busse nicht schneller als 60 km/h fahren; außerdem war der Bus supermodern für hiesige Verhältnisse, es gab sogar Wlan und Steckdosen. Nach einer sehr angenehmen Fahrt kamen wir relativ entspannt, aber auch ein bisschen müde in Siem Reap an. Hier wollen wir uns natürlich die berühmten Tempelruinen von Angkor Wat anschauen; aber morgen werden wir erstmal ein bisschen die Stadt erkunden…