Und auch heute gibt es mal wieder zwei Berichte zum Preis von einem, liebe LeserInnen. Also scrollt gleich erst einmal nach unten, damit ihr nicht den zwei Meter großen Hobbit verpasst… 😉
01. August 2017, Honolulu
Eigentlich heißt es ja „der Sonne entgegen“ und ich hätte den Blogbeitrag auch lieber so genannt. Aber leider waren uns weiterhin nur ein paar Zufallssonnenstrahlen vergönnt und Regenschauer blieben unsere ständigen Begleiter. Zumindest wurde es aber deutlich wärmer, je weiter wir nach Norden fuhren; die frostigen Temperaturen, die wir noch in Rotorua hatten, gehörten nun endgültig der Vergangenheit an.
Von unserem Quartier am Stausee aus war es nur noch eine Vormittagsfahrt bis zum Fuße der Coromandel-Halbinsel, die besonders schön, aber durch ihre Nähe zu Auckland auch besonders touristisch sein sollte.
Unseren ersten Stopp machten wir am Hot Water Beach, wo man bei Ebbe mit einer Schaufel ein Loch in den Sand buddeln kann, wo man dann auf heißes Wasser stößt und sich wie in der Badewanne hineinlegen kann. Es war eigentlich nahe an der Ebbe und es gab sogar einen Schaufelverleih, aber wir blieben nicht dort, denn erstens waren uns einfach viel zu viele Leute da (so viele, dass es die Gemeinde gerechtfertigt sah, eine Parkgebühr zu erheben, was es sonst nur in den Städten gibt) und zweitens buddelte niemand, also stand das Wasser wohl doch noch zu hoch. Egal, es gab ja noch mehr zu sehen. Nur ein kurzes Stück nördlich lag der ebenfalls volle Parkplatz der Cathedral Cove, wo wir Glück hatten, dass gerade jemand weg fuhr. Von dort führte ein Weg mit toller Aussicht auf die inselreiche Küstenregion durch einen Farnwald hinunter zu einem Strand, der von einem gewaltigen Felsentor, der Cathedral Cove, geteilt wird. Bei Ebbe, die ja jetzt gerade war, kann man durch das Tor hindurch gehen. Es war ein sehr schöner Ort trotz der vielen Leute. Wir trafen sogar eine Familie wieder, die am Vorabend mit uns auf der Hobbiton-Tour gewesen war. Sie lebten in der Gegend, gaben uns noch einige Ausflugstipps und erzählten, dass im Sommer die Pohutukawa-Bäume auf den Felsen hoch über dem Strand alle in voller, roter Blüte stehen – das muss wunderschön aussehen. Sie heißen auch neuseeländische Weihnachtsbäume.
Wir folgten ihrer Empfehlung und besuchten abends noch den Aussichtspunkt auf dem Shakespeare Cliff bevor wir die Nacht auf einem sehr abgelegenen Campingplatz neben einem Tierpark im Mill Creek verbrachten, wo wir die einzigen Gäste waren und morgens von Alpakas und einem Pony auf der anderen Seite des Zaunes begrüßt wurden.
Am Vormittag wollten wir eigentlich Minigolf in Whitianga spielen, aber es war uns zu teuer. Stattdessen erledigten wir ein paar Einkäufe und stellten fest, dass Capella keinerlei Warnsignal gibt, wenn man mit offener Tür oder – in diesem Fall – geöffneter Kofferraumklappe losfährt. Wir wunderten uns nur über das Rauschen des Windes, wo doch alle Fenster geschlossen waren. Naja, wir haben es zum Glück schon nach ein paar hundert Metern gemerkt und rausgefallen ist auch nichts. Etwas Zeit verbrachten wir an der Spark Station (Internet-Telefonzelle) mit Recherchen für die USA und Kanada, welche nicht sehr ermutigend waren, da wir genau zur Hauptsaison dort sein werden und in Kanada in und um die Nationalparks alles bezahlbare schon so gut wie ausgebucht war, oder es einfach von vornherein nichts bezahlbares gab. Wir recherchierten Angebote für Campervans wie unseren Capella, die aber dürftig und teuer waren, versus Mietwagen+Hostel/Motel usw. Als uns die Köpfe schließlich zu sehr schwirrten, fuhren wir ins Dorf Whangapoua, von wo es einen Wanderweg zu einem wunderschönen Strand, dem New Chums Beach, geben sollte, was uns andere Reisende empfohlen hatten.
Auf dem Parkplatz waren wir erfrischenderweise die einzigen, aber was uns keiner gesagt hatte, war, dass der Wanderweg erst einmal durch einen Fluss führte, der dort ins Meer floss. Also Schuhe aus und rein in die kalte Brühe, die eigentlich gar nicht so kalt war. Auf der anderen Seite dann mit den nassen, sandigen Füßen (weil Handtücher was für Warmduscher sind) wieder in die Schuhe und eine halbe Stunde über Felsbrocken und einen unglaublich matschigen Waldweg. Die Belohnung am Ende war ein Strand wie aus dem Bilderbuch, weißer Sand, Palmen vor den Felsen, türkisblaues Wasser. Eine Einheimische, die dort ebenfalls spazieren ging, sagte, im Sommer würde man sich dort wie auf Fiji fühlen und selbst in der Hauptsaison wäre der Strand leer, da der Weg dorthin so mühsam ist. Investoren wollen dort Bauland urbar machen, aber eine starke örtliche Initiative wehrt sich bislang erfolgreich dagegen. Möge es noch lange so bleiben.
Wir übernachteten nördlich des kleinen Ortes Coromandel am Shelly Beach, wo es wieder einmal einen Kamin im Aufenthaltsraum gab, doch dieser war eigentlich gar nicht nötig. Es war zwar nicht unbedingt warm, aber auch alles andere als kalt. Man konnte sogar ohne Mütze schlafen. Von dort wollten wir am nächsten Tag bis zur Nordspitze der Halbinsel fahren. Allerdings machte uns wieder einmal die Straßenqualität einen Strich durch die Rechnung. Ich fahre zwar gerne Schotterpiste, aber bei Tempo 30 wäre dieser Ausflug eine Tortur von mehreren Stunden geworden, also drehten wir auf halber Strecke um und fuhren zurück nach Coromandel. Dort spazierten wir durch den sehr niedlichen Ort, gönnten uns mal wieder Fish & Chips und genossen dann die sehr pittoreske Fahrt nach Süden an der Küste des Firth of Thames entlang.
Auf dem Campingplatz in Te Puru mussten wir leider feststellen, dass es zwar eine Küche gab, aber weder Tische noch Stühle. Wir gingen etwas am Strand spazieren, machten einen abendlichen Ausflug zur Spark Station im übernächsten Dorf für weitere Nordamerika-Recherchen und gingen zeitig schlafen, da wir ohnehin am nächsten Tag ein ganzes Stück zu fahren hatten.
Der nächste interessante Ort auf unserer Strecke wäre Auckland gewesen, aber das wollten wir uns für den Schluss aufheben, nachdem wir das Auto abgegeben haben. Stadt mit Auto macht einfach keinen Spaß und so fuhren wir nur auf der Stadtautobahn durch ohne anzuhalten. Während wir noch voll Dankbarkeit darüber nachdachten, dass ja wenigstens die Sonne schien und die Fahrt im Autobahnchaos bei Regen noch viel unübersichtlicher gewesen wäre, verdunkelte sich wie auf Kommando der Himmel und es fing an zu schütten. Murphy’s Gesetz… Erst als wir die Millionen-Metropole hinter uns gelassen hatten, wurde das Wetter wieder schön. In Orewa, etwa 30 km nördlich von Auckland, machten wir Mittagsrast am Strand, wo ein sehr begeisterter Hund in der Gischt auf und ab rannte bis ihm die Puste ausging und ein paar Kinder im Meer angelten. Dann setzten wir unsere Fahrt noch fort bis nach Whangarei, die letzte größere Stadt im Norden, wo wir uns auf dem Campingplatz einquartierten und anschließend noch im Zentrum spazieren gingen.
Der nächste Tag brachte wieder Regen. Viel Regen. Nichtsdestotrotz schauten wir uns auf der Fahrt einige Wasserfälle an, die zumindest bei diesem Wetter etwas mehr Wasser führten als normal, sodass es auch etwas gutes hatte. Direkt am nördlichen Rand von Whangarei lagen die Whangarei Falls und die Paranui Falls, und etwa eine Fahrstunde weiter die Haruru Falls. Bei den Rainbow Falls stiegen wir vor lauter Regen gar nicht erst aus dem Auto aus; buchten dafür aber in einem Anflug von Optimismus eine Tour zum Cape Reinga für den nächsten Tag und eine Reittour am Strand für den übernächsten. Da uns bis zur Abgabe des Autos nur noch wenige Tage blieben, konnten wir nicht mehr auf schönes Wetter warten.
Die Nacht verbrachten wir auf einem sehr schönen und gepflegten Campingplatz am Hihi Beach, den wir in erster Linie wegen seiner guten Bewertungen und Nähe zum Cape Reinga, aber auch wegen seines lustigen Namens ausgewählt hatten. Den stürmisch-verregneten Abend verbrachten wir mit weiterer Nordamerika-Planung im ausnahmsweise einmal vorhandenen Campingplatz-Wifi und am nächsten Morgen fuhren noch eine Dreiviertelstunde bis nach Kaitaia, wo die Touren zum Kap starteten.
Zum Cape Reinga, dem nördlichsten Ende Neuseelands, hätten wir zwar auch mit unserem Auto fahren können, aber dann hätten wir eines der größten Highlights verpasst, die Fahrt auf dem Ninety Mile Beach. Dazu später mehr. Unser Tourbus war ein Metallkasten mit großen Fenstern und Allradantrieb, und mit uns waren noch neun andere Fahrgäste auf der Tour. Zunächst ging es die Straße entlang nach Norden; von Kaitaia, dem letzten Ort aus, sind es 111 km bis zum Nordkap. Unterwegs machten wir einige Fotostopps und es war erstaunlich trocken von oben. Gegen Mittag machten wir Rast in der Tapotuotu Bay, auf dessen steiler Zufahrtspiste der Bus samt Fahrer das erste Mal ihr Können unter Beweis stellen durften. Unten am Strand packte der Busfahrer belegte Brötchen, Snacks und Getränke unter den interessierten Blicken zahlreicher Möwen und Finken aus. Als wir aufgegessen hatten und sowieso gerade weiterfahren wollten, fing es plötzlich wieder einmal an zu regnen.
Der Parkplatz des Kaps war nicht weit entfernt, also trotteten wir bei Nieselregen und Sturm los zum Leuchtturm, aber das war auch eigentlich sehr angemessenes Wetter für diesen bedeutungsschweren Ort. Für die Maori ist Cape Reinga besonders heilig, da sie glauben, dass von hier die Toten ihre letzte Reise nach Hawaiki, dem mystischen Land ihrer Vorfahren, antreten. Außerdem treffen hier zwei Ozeane aufeinander, die Tasmansee und der Pazifik, und das ist kein abstraktes Phänomen, sondern man sieht tatsächlich, wie die zwei Meeresfronten weiß-schäumend ineinander fließen – ein erhabener Anblick.
Vom Kap ging es ein Stück die Straße zurück, aber schon nach kurzer Zeit bog der Bus ab zum Te Paki Stream, einem Flusslauf, der die Zufahrt zum nördlichen Ende des Ninety Mile Beaches bildet. Eine Straße gibt es hier nicht mehr, stattdessen fuhr der Bus direkt durch das breite, sandige Bett des flachen Gewässers, was eine sehr holprige Angelegenheit war, und einer der Gründe, weshalb der Strand für Mietwagen gesperrt ist.
Aber bevor es tatsächlich an den Strand ging, hielten wir noch an den Te Paki Dunes, bis zu 130 Meter hohen Sanddünen. Als erstes zogen wir alle unsere Schuhe aus. Dann drückte der Busfahrer jedem ein Body Board in die Hand, ein kurzes Schaumstoffbrett, gab uns eine kurze Einweisung und dann kletterten wir ihm alle hinterher eine der Dünen hinauf um zu rodeln. Sanddünenrodeln macht unglaublich viel Spaß. Man legt sich bäuchlings auf das Brett, hält sich vorne am Rand fest, und ab geht’s. Wichtig ist, die Füße nicht zu heben und stattdessen die Zehen hinten im Sand zu lassen, um lenken und bremsen zu können. Wenn der Aufstieg nicht so anstrengend gewesen wäre, hätten wir das den ganzen Nachmittag machen können, aber nach dreimal waren wir alle ziemlich fertig und nicht böse, dass es weiter ging.
Mit zwei kurzen Fotostopps fuhren wir den gesamten Strand entlang. Der Name Ninety Mile Beach ist zwar nicht ganz korrekt, da der Strand in Wirklichkeit „nur“ 55 Meilen lang ist, reichlich 80 km, aber stellt euch mal 80 km Strand vor. 80 Kilometer nichts als Kiefernwald und Dünen auf der einen und Meeresbrandung auf der anderen Seite. Keine Straßen, keine Zäune, keine Häuser, nichts was auf Menschen hindeutet. Für mich war es definitiv einer der schönsten Orte Neuseelands. Und noch dazu schien sogar die Sonne, obwohl die Vorhersage schrecklich gewesen war – so ein Glück muss man erstmal haben. Die Fahrt auf dem Strand dauerte etwa eine Stunde und wir sahen kaum andere Fahrzeuge. Unser Busfahrer zeigte uns Fotos eines Busses, der eines Tages mitten auf dem Strand wegen eines Motorschadens liegen geblieben war. Binnen Stunden hatte ihn die Flut auf die Seite gelegt und mit Salzwasser gefüllt, aber die Firma hatte ihn tatsächlich bergen und wieder flottmachen können.
Am Ende der Tour hielten wir noch in einem Laden, wo Möbel und Souvenirs aus Kauri-Holz verkauft wurden. Es war weniger Touristennepp als viel mehr Buswaschplatz, wo der Fahrer den Bus an einer Waschstation von Sand und Salzwasser befreite während wir uns die beeindruckenden fossilen Kauristämme anschauen konnten, die in dieser Gegend in den Sümpfen geborgen worden waren. Kauribäume erreichen einen gewaltigen Stammumfang; in dem Laden gab es sogar eine Wendeltreppe *in* einem der Baumstämme.
Nach dieser tollen Tour übernachteten wir in Ahipara, wo wir für den nächsten Tag die Reittour gebucht hatten. Der Campinplatz war gleichzeitig eine Jugendherberge, in der es aus unerfindlichen Gründen unglaublich turbulent zuging. Es wohnten sehr viele Work&Traveller dort und wir fanden kaum einen Fleck in der Küche, um unser Abendessen zu kochen. So eine Hektik sind wir nicht mehr gewöhnt. Noch dazu war unser Stellplatz eine halbe Wanderung von allen Gebäuden entfernt und der Weg durch den Wald (!) war überhaupt nicht beleuchtet – es war der dunkelste Campingplatz, den wir je gesehen hatten. Als es am nächsten Morgen schon wieder goss, fuhren wir einfach mit dem Auto bis vor die Küche.
Das Wetter bedeutete leider auch, dass unsere Reittour am Ninety Mile Beach ins Wasser fiel. Stattdessen verbrachten wir einen verregneten Vormittag an einer Spark Station in Kaitaia und buchten mehrere Flüge für unseren Nordamerika-Aufenthalt, bevor wir unsere Fahrt nach Süden fortsetzten.
Wir verbrachten eine verregnete Nacht als einzige Gäste auf dem kleinen Campingplatz in Rawene, wo uns ein sehr anschmiegsamer, schwarzer Kater namens Max den ganzen Abend Gesellschaft leistete. Der Ort liegt am Hokianga Harbour, einem Meeresarm, der rund 30 km weit in die Westküste hineinreicht. Als am nächsten Morgen die Sonne schien, hatten wir einen tollen Blick auf das Wasser und die umgebenden Berge.
Wir nutzten das Wetter auch gleich, um die Koutu Boulders zu besichtigen, kugelrunde Felsbrocken an der Küste, aber statt Wasser von oben gab es Wasser von unten – der Weg zu den Boulders war aufgrund des vielen Regens eine einzige Teichlandschaft und an den Felsen angekommen, gab es wegen der Flut, die gerade herrschte, nicht viel zu sehen. Dafür ließen am Parkplatz Leute ihre Hunde samt drei süßen, kleinen Welpen herumlaufen, sodass sich der Ausflug trotzdem gelohnt hat.
Wir fuhren weiter zum South Head, einem Aussichtspunkt an der Mündung des Hokianga Harbour, der für die Maori ein heiliger Ort ist, da in ihrer Mythologie Kupe, der polynesische Entddeccker Neuseelands, von dort in seine Heimat Hawaiki zurückgekehrt sein soll. Die Aussicht auf die felsige Küste zur einen und hohe Sanddünen zur anderen Seite war sehr erhaben und friedlich, und eine zufällig anwesende Maori-Frau, die mit zwei Touristen unterwegs war, sang für sie ein Gebet in ihrer Sprache.
Vor uns lag ein letztes Highlight, die Kauri Coast – eine Region, in deren Regenwälder die berühmten Kauribäume wachsen. Kauris sind zwar nicht die höchsten Bäume Neuseelands, wohl aber die mit dem mächtigsten Stammumfang. Noch dazu gehören sie zu den ältesten Baumarten der Welt. Als erstes statteten wir dem größten aller Kauris, der den Namen Tane Mahuta trägt, einen Besuch ab. Er ist reichlich 50 Meter hoch und hat einen Stammumfang von fast 14 Metern. Sein Alter wird auf etwa 1.500 Jahre geschätzt. Mächtig erhob er sich im Wald aus dem Dickicht, kein anderer Baum war auch nur ansatzweise so stattlich wie er. Man kann sich gut vorstellen, warum Tane in der Maori-Mythologie Himmel und Erde trennt.
Doch trotz seiner mythischen Kräfte ist er auf der Erde ziemlich schutzbedürftig. Nicht nur sind seine Wurzeln so empfindlich, dass ihm Menschen schon mit ihren Fußabdrücken schweren Schaden zufügen können, sondern er ist auch sehr anfällig für eine Krankheit namens „kauri dieback disease“, die aus anderen Wäldern eingeschleppt werden kann – wiederum über den Menschen, an dessen Schuhen Erde aus anderen Regionen haften bleibt und so verschleppt wird. Daher muss jeder, der den Kauri-Wald betreten möchte, durch eine Schuhputzanlage gehen. Bürsten, einweichen, desinfizieren – und zwar sowohl beim Betreten als auch beim Verlassen des Waldes.
Wir wanderten noch zu einigen anderen Kauris aber der wieder einsetzende Regen nahm immer weiter zu bis wir am Ende ziemlich durchgeweicht waren und Zuflucht auf dem nächstgelegenen Campingplatz suchten.
Während die Kauris nicht zu übersehen sind, gibt es in ihren Wäldern noch andere Bewohner, die man nur mit sehr viel Glück zu sehen bekommt: Kiwis. Vom Campingplatz aus sollte es Nachtwanderungen geben, um die seltenen Vögel zu beobachten, aber da sich außer uns niemand angemeldet hatte (bei dem Wetter wahrscheinlich nicht verwunderlich), fand die Tour nicht statt. Die Managerin gab uns rotes Zellophan, das wir über unsere Stirnlampen spannen konnten, um allein auf Kiwi-Safari zu gehen. Das weiße Lampenlicht würde sonst die empfindlichen Augen der nachtaktiven Tiere verletzen. Wir fuhren nach Einbruch der Dunkelheit zum verlassenen Besucherzentrum des Trounson Kauri Parks und machten uns mit Regenjacken und präparierten Stirnlampen auf den Weg. Im Wald war es zappenduster. Wirklich verlaufen konnte man sich glücklicherweise nicht, da die Vegetation so dicht war, dass es unmöglich gewesen wäre, aus Versehen vom Weg abzukommen; zudem handelte es sich die meiste Zeit um einen erhöhten Bretterweg, den man selbst im schwachen Rotlicht der Lampen noch ausmachen konnte. Wenn wir das Licht löschten, war es so finster, dass wir buchstäblich die Hand vor Augen nicht sahen. Wie nun einen Kiwi erspähen? Die Managerin hatte uns erklärt, dass wir auf das Rascheln hören sollten, wenn die Vögel mit ihren langen Schnäbeln im Laub nach Insekten und Würmern suchen, und dann leise warten, ob ein Kiwi in Sicht kommt. Da es aber beständig regnete und Wasser von Millionen Blättern tropfte, hörten wir nichts, aber auch gar nichts rascheln. Ein paar Mal konnten wir die lauten, pfauenähnlichen Kiwi-Rufe in der Entfernung ausmachen, aber vor die Linse kam uns keiner. Einzig hier und da ein paar Glühwürmchen gab es zu sehen. Gegen Ende des Rundwegs verliefen wir uns doch noch kurz vor dem Parkplatz, da die Beschilderung sehr dürftig war. Also wieder keine Kiwis – sie sind doch schwerer zu finden als gedacht, obwohl im Gästebuch des Besucherzentrums viele Wanderer von erfolgreichen Sichtungen berichtet hatten.
Am nächsten Morgen schliefen wir aus und fuhren gemächlich weiter in Richtung Auckland. Wir hatten noch einen Tag, bevor wir Capella abgeben mussten und wollten es ruhig angehen lassen. Natürlich war das Wetter ausgerechnet heute schön, aber das ist ja auch zum Fahren angenehm. Schon am frühen Nachmittag erreichten wir die Waitakere Ranges, eine Hügelkette an der Westküste nicht weit von Auckland entfernt. Von all den teuren und schlecht bewerteten Campingplätzen im Umkreis von 100km klang der in Muriwai noch am besten, und wir hatten wirklich Glück. Die Anlagen waren niegelnagelneu, erst vor ein paar Monaten eröffnet, alles war so schick und sauber, und die beiden freundlichen Managerinnen gaben uns spontan 10$ Rabatt. Wir konnten endlich mal wieder Wäsche waschen, unsere Sachen packen und den letzten Abend vor der Rückkehr in die Zivilisation noch einmal an einem traumhaft schönen Strand verbringen.
Und dann war es auch schon Zeit, Abschied von Capella zu nehmen. In den zwei Monaten ist unser Campervan uns wirklich ans Herz gewachsen, trotz all der kleinen Wehwehchen, trotz Automatikschaltung, die ich manchmal verflucht habe, trotz der sehr beengten Schlafverhältnisse. Wir statteten der Autowäsche einen Besuch ab, saugten sämtlichen Sand aus allen Ritzen, räumten unsere letzten Sachen zusammen und gaben Capella in der Auckland-Filiale von Spaceships ab. Ende einer Ära.
Von dort aus machten wir uns mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf ins Stadtzentrum. Auf einmal seit Monaten wieder die Kraxen schleppen! *ächz stöhn* Ganz schön verwöhnte Backpacker waren wir geworden… Wir fuhren mit dem Zug ins Zentrum und von dort mit dem Bus in die Nähe unseres Quartiers, das wir schon vor Wochen gebucht hatten, da es echt günstig war. Wie sich herausstellte, waren wir in einer Art Studentenwohnheim untergekommen, das von Chinesen betrieben wurde. Wir hatten ein Doppelzimmer in einer Zweizimmerwohnung, mit geteilter Küche und Bad. Es war recht klein, aber sauber und warm und wir waren so glücklich über ein richtiges Bett und die Tatsache, dass das Bad nur drei Meter entfernt war. So ein Luxus!
An dem Nachmittag liefen wir noch etwas durchs Zentrum von Auckland, das sehr hügelig ist. Auckland ist die größte Stadt Neuseelands, gebaut auf 50 Vulkanen, und eine geschäftige Mischung aus modernen Wolkenkratzern und historischen Villen. Da wir quasi auf dem Campus wohnten, wimmelte es nur so von Studenten aus aller Welt. An einer Kreuzung, als ich gerade meine Kamera zücken wollte, sprach uns ein älterer Herr an, der wie ein Banker oder Politiker aussah, ob wir Touristen seien (wir sahen so offensichtlich touristisch aus, dass die Frage eigentlich redundant war). Wir kamen ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er mal fünf Jahre in Frankfurt/Main gewohnt hatte und sogar etwas Deutsch sprach. Er begleitete uns über die Straße und meinte, wir müssten uns unbedingt mal das „Civic“ anschauen, ein historisches Kino, das direkt vor uns lag. Bei mir läuteten zunächst alle Alarmglocken, bis mir einfiel, dass wir ja nicht mehr in Südostasien waren, und dieser Herr wahrscheinlich nicht versuchte, uns Reiseleiterdienste im Gegenzug für Trinkgeld aufzudrängen. In das Kino wären wir von uns aus nie hinein gegangen und hätten wirklich etwas verpasst. Erbaut in den 1920er Jahren erinnerte es an die Art Déco-Gebäude, die wir in Napier gesehen hatten, war aber sehr viel üppiger gestaltet. Das übergreifende Motiv war Indien, und so waren die Wände innen dekoriert mit Reliefs und farbenprächtigen Gemälden von Elefanten und Blumengärten. Wir durften sogar kurz einen Blick in den Kinosaal werfen, wo gerade ein Film zu Ende war. Die Leinwand war durch einen riesigen Vorhang mit Pfauenmotiv verhüllt und die Decke des Saales war wie der Nachthimmel dunkelblau mit Sternen bemalt.
Unser Impromptu-Reiseleiter gab uns noch einige Tipps, was wir uns in Auckland anschauen könnten und verabschiedete sich dann. Wir spazierten danach zum Sky Tower, dem Wahrzeichen der Stadt und dann noch weiter durch die umliegenden Straßen, während es immer wieder regnete.
Als am nächsten Tag das Wetter schöner war, setzten wir eine der Touren um, die uns der Mann empfohlen hatte und fuhren mit der Fähre nach Devonport, einem Stadtteil auf der gegenüberliegenden Seite des Waitemata Harbour. Von dort stiegen wir hinauf zum Mt. Victoria, einem der vielen Vulkangipfel der Stadt und hatten einen tollen 360°-Blick über Auckland, den Hafen und die umgebenden Inseln.
Und das war auch schon unser letzter Tag in Neuseeland, nach insgesamt neun Wochen. Wir verbrachten die letzten Stunden nach dem Check-Out in der öffentlichen Bibliothek, wo wir einige Quartiere im schon sehr ausgebuchten Kanada reservierten, was uns zwar leider in unserer Flexibilität einschränken, aber dafür unser Budget schonen würde. In Nordamerika ist jetzt Hauptreisezeit und wir wollten nicht vor Ort feststellen, dass alle Hostels voll sind. Immerhin hatten wir damit eine Sorge weniger und es hatte ohnehin wieder den ganzen Tag geregnet. Abends fuhren wir mit dem Stadtbus zum Flughafen und warteten auf unseren Air New Zealand-Flug zu unserem nächsten Traumziel: Hawaii…