Es heißt Melaka, nicht Malakka

04. April 2017, Bandung/Indonesien

Auf halbem Weg von Kuala Lumpur nach Singapur liegt Melaka, das auf unseren Landkarten meistens Malakka oder englisch Malacca geschrieben wird. Die einheimische Bevölkerung legt aber Wert darauf, dass Melaka der richtige Name ist, daher wollen wir uns auch daran halten.

Melaka grüßt seine Gäste. 😉

Bei der Abreise aus Kuala Lumpur fielen wir leider wieder auf den KTM-Zug mit seinen unregelmäßig-seltenen Abfahrtszeiten herein. Vom Hostel liefen wir etwa zehn Minuten zum Bahnhof, den wir gerade noch erreichte bevor ein sintflutartiger Wolkenbruch niederging, aber dort warteten wir fast eine Stunde lang auf den Lokalzug zum Busbahnhof. Die eigentliche Busfahrt nach Melaka dauerte dann nur noch etwa zwei Stunden.

In Melaka angekommen erwartete uns ein Heer von kunterbunten Rikschas.

Melaka ist eine relativ ausgedehnte Stadt, doch das touristische Leben spielt sich größtenteils in der ziemlich kompakten Altstadt ab. Unser Hostel lag am Rande des Zentrums direkt am Fluss, in Laufentfernung zu den Sehenswürdigkeiten und zu einigen nicht-touristischen Restaurants, wo wir wieder jeden Tag extrem preiswert und lecker indisch und chinesisch essen gehen konnten.

Melaka River

Was es hier wohl zu entdecken gibt?

Gleich am Morgen nach unserer Ankunft fand eine kostenlose Stadtführung statt, auf die unser Gastgeber uns aufmerksam gemacht hatte, und das war eine gute Möglichkeit, das wichtigste über die reichhaltige Geschichte der Stadt zu lernen. Melaka ist ein kultureller Schmelztiegel sondergleichen. Gegründet wurde die Stadt von einem Sultan aus dem heutigen Singapur und zog Siedler aus China, dem südlichen Indien sowie arabische Händler an. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Stadt von den Portugiesen erobert, welche ihre Vorherrschaft reichlich 100 Jahre später an die Holländer verloren. Letztere mussten Melaka wiederum nach etwa 150 Jahren an die Briten abtreten, bevor Malaysia Mitte des 20. Jahrhunderts schließlich seine Unabhängigkeit erreichte. Daher findet man heute Spuren all dieser Kulturen in der Stadt – buddhistische und Hindutempel, Moscheen im indonesischen Stil, Reste der portugiesischen Festungsmauer direkt neben dem wiederaufgebauten, hölzernen Sultanspalast und einem britischen Bankhaus, holländische Wohnhäuser so schmal wie in Amsterdam, innen mit prunkvollen chinesischen Möbeln ausgestattet und bewohnt von Angehörigen der Peranakan-Kultur (Nachfahren chinesischer Einwanderer, vermischt mit lokalen Volksstämmen), eine kleine Gemeinde portugiesischer Nachfahren, die bis heute einen portugiesische Kreolsprache namens Kristang spricht, ein malaiisch-muslimisches Fischerdorf mitten in der Stadt, und und und. Sie alle leben heute friedlich miteinander.

Reste der alten portugiesisch-holländischen Festung

Hindutempel, Moschee und…

…chinesischer Tempel

Am Nachmittag konnten wir uns nur noch von der Hitze ausruhen, bevor wir abends den kleinen Nachtmarkt erkundeten. Obwohl Melaka ein touristisches Highlight ist, sah man in erster Linie einheimische Touristen. Daher richtete sich auch der Nachtmarkt eher an diese und bot eine Menge interessante Dinge, die wir nicht zuordnen konnten. Wir probierten uns durch ein paar Süßigkeiten und Getränke und versuchten, einen großen Bogen um das öffentliche Karaoke zu machen, das auf einer Bühne mitten im Marktgetümmel stattfand.

Am nächsten Tag besuchten wir das Baba und Nyonya-Haus, ein als Museum zugängliches altes Peranakan-Wohnhaus. Unter der holländischen Herrschaft errichtet, war es sehr schmal, da wie in Amsterdam die Steuer nach der Breite des Hauses berechnet wurde. Dafür war das Haus fast 70 Meter lang und hatte innen zwei Lichthöfe, um nicht nur Licht, sondern auch Regen zur Kühlung hinein zu lassen – letzterer fiel in zwei schöne, gekachelte Wasserbecken in den kleinen Höfen. Das größtenteils chinesische Interieur war sehr prunkvoll, da die einstigen Bewohner wohlhabende Händler gewesen waren.

Nachmittags stand noch das Stadthuys auf dem Programm, einst der holländische Verwaltungssitz, heute das Stadtmuseum, wo es ebenfalls eine kostenlose Führung gab, die aber leider ein bisschen langweilig war. Anschließend goss es wieder eine Stunde lang in Strömen und die Luft kühlte sich angenehm ab.

Der „Rote Platz“ mit dem Stadthuys

Am Montag schlossen wir uns einer Führung durch das „Museumsdorf“ Kampung Morten an, ein Dorf inmitten der Stadt, das eigentlich kein Museum ist, nur so hübsch wie eines. Ein Freiwilliger führte uns und noch ein paar andere Interessierte durch die Hinterhöfe und erklärte viel Interessantes zur Geschichte des Dorfes und dem Leben der Bewohner. Wir besuchten einen Tischler, der Miniaturversionen traditioneller malaysischer Häuser baute, einen Kräutergarten, wo wir verschiedene Gewürzpflanzen probieren konnten und bekamen erklärt, wie sich die Einheimischen kleiden.

Der Weg ins Dorf führte vorbei an schönen Street-Art-Fassaden

Im Kampung Morten

Hinterhof im Dorf

Kathrin durfte die traditionelle Kleidung anprobieren.

Abends liefen wir etwa eine Stunde durch die Stadt zu einer künstlich aufgeschütteten Insel, um den Sonnenuntergang über der Straße von Melaka zu sehen. Unser Weg führte uns vorbei an zahlreichen Baustellen, wo Hotels, Resorts, Einkaufs- und Vergnügungszentren in verschiedenen Stadien der Fertigstellung zukünftig noch weitere Heerscharen von Touristen anziehen sollen, als ob die Stadt nicht jetzt schon hoffnungslos überlaufen wäre. Im leichten Nieselregen erreichten wir schließlich die relativ neu errichtete Moschee Selat Melaka, die ein tolles Fotomotiv gegen das offene Meer und die untergehende Sonne bot.

Masjid Selat Melaka

Und damit endete dann unsere Zeit in Melaka, und damit auch in Malaysia, denn am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus nach Singapur. Aber davon handelt dann der nächste Eintrag…

Kuala Lumpur – nicht was wir erwartet haben

30. März 2017, Singapur

Die asiatische Metropole im Allgemeinen: zu heiß, zu eng, zu stickig, zu unübersichtlich, zu gefährlich – kurzum, ein Moloch. So, oder so ähnlich hatten wir uns Kuala Lumpur vorgestellt. Unser einziges Wissen über die Stadt kam von dem Malaysier, den wir in der Mongolei im Reitercamp getroffen hatten, und seiner Meinung nach war die Hauptstadt Malaysias eine Großstadt wie jede andere und nicht unbedingt ein Ort, wo Frauen alleine reisen sollten. Wir wissen nicht, welche dunklen Hinterhofgassen er dabei vor Augen hatte, denn unser Eindruck der Stadt änderte sich sehr schnell.

Unser kleines Hostel lag in der Nähe des Bahnhofs Pasar Seni, was eher Chinatown als Little India und sehr zentral gelegen ist. Am ersten Abend gingen wir nur noch essen, aber das war schon ein prägendes Erlebnis. Direkt am Bahnhof lag ein indisches Restaurant, wo eine Vielzahl von Gerichten als Buffet angeboten wurden. Man konnte sich einfach von allem nehmen, soviel man wollte und erhielt Reis oder indisches Brot dazu. Eine ganze Theke war vegetarisch, bestimmt zehn oder zwölf Gerichte. Wir hatten jeder einen vollen Teller, dazu Reis und und das beste Cheese Naan der Welt sowie jeder ein Getränk und zahlten etwa vier Euro, zusammen. Das Essen war so unglaublich gut, dass wir fortan jeden Abend dort aßen und die Kellner uns schon kannten und mit uns plauschten.

Leider haben wir kein Bild vom Cheese Naan – wahrscheinlich weil wir uns immer gleich so gierig darauf gestürzt haben. 😉

Am Sonntag schauten wir uns die Nachbarschaft an und spazierten zum Zentralmarkt, der jetzt eher so eine Art kulturelles Einkaufszentrum ist. Es gab jede Menge sehr hübsche Souvenirgeschäfte, grob geordnet nach Herkunftsland – indisch, chinesisch, malaysisch. Neben dem üblichen Kitsch gab es auch wirklich viele schöne Sachen, vor allem Tücher, Kleidung, Schmuck, Lampions, Orchideenblüten in Glas…

Zentralmarkt

Wir verbrachten viel länger dort als geplant und als wir fertig waren, goss es draußen in Strömen – eine tägliche Erscheinung hier – so dass wir uns lieber drinnen noch ein bisschen weiter die Zeit vertreiben wollten. Also probierten wir etwas, das wir schon lange einmal hatten tun wollen und ließen uns Henna-Tattoos auf die Hände malen. Die Auswahl an Motiven war riesig und beschäftigte uns länger als das eigentliche Malen dann dauerte, aber es hat sich gelohnt:

Die Kunstwerke haben ungefähr eine Woche gehalten.

Danach liefen wir noch eine Runde um den vom Regen frisch geputzten Merdeka Square, den riesigen zentralen Platz der Stadt mit seiner umgebenden Mischung aus alten und neuen Bauwerken.

Merdeka Square

Am Montag hatten wir viel vor, doch wir schafften nur einen Programmpunkt, da dieser viel mehr Zeit in Anspruch nahm als gedacht: der Bird Park. Wir hatten uns einfach nicht vorstellen können, wie riesig der Park war. Ein paar Vögel anzuschauen konnte ja nicht länger als zwei Stunden dauern, oder? Weit gefehlt. Der Bird Park war im Prinzip ein richtiger Zoo, und so groß wie einer, nur dass es eben nur Vögel dort gab. Der Großteil des Parks befand sich unter einer riesigen Netzkonstruktion, die größte Freiflugvoliere der Welt, komplett mit mehreren Kilometern Spazierwegen, einem See, einem Fluss, Wasserfällen und Baumhainen, fast schon kleinen Wäldchen, wo eine Vielfalt an tropischen Vögeln frei herumfliegen und -laufen konnte. Es gab alles von Vogelriesen wie Pelikanen und Adlern (die allerdings eine separate Voliere hatten) über Pfauen, Eulen und schöne Täubchen bis hin zum Erdbeerfink, der kaum größer war als sein namensgebendes Obst. In einem anderen Teil des Parks gab es Hornschnäbel, jede Menge bunte Papageien, Strauße…Kleine Ibise liefen überall frei herum und versuchten frech, uns unsere Waffeln aus der Hand zu klauen – es konnte immer nur eine von uns essen, während die andere die Attacken vom Boden, aus der Luft und von nahe gelegenen Geländern abwehrte; es hatte schon etwas von Hitchcock.

Der Erdbeerfink

Hornschnabel

Die Geier Ibise lauern schon auf unseren Mittagsimbiss.

Am Dienstag fuhren wir nach Batu Caves, einem Vorort im Norden Kuala Lumpurs, wo ein Hindutempel in einer riesigen Höhle in einem Marmorfelsen liegt. Man konnte ganz bequem einen der öffentlichen KTM-Züge dorthin nehmen, so eine Art S-Bahn. Da wir nirgendwo einen Fahrplan fanden, sondern nur den Zeitraum, in dem die Züge von morgens bis abends fuhren, gingen wir davon aus, dass sie wohl relativ häufig fahren. Das war leider ein Irrtum. Wir kauften uns eine Fahrkarte, begaben uns zum Bahnsteig und mussten dort feststellen, dass der nächste Zug erst in einer Dreiviertelstunde kam… Da wir natürlich schon die Ticketschranke passiert hatten, gab es auch kein Zurück mehr. Also hieß es hinsetzen und warten. Aber wir hatten ja Zeit und etwas zu lesen mit, also nahmen wir es gelassen.

In Batu Caves angekommen, führten 272 Stufen hinauf zum Höhleneingang. Oben im Höhlentempel fand gerade eine Opferzeremonie statt, bei der ein Priester eine Art Stab mit allen möglichen Flüssigkeiten übergoss, von Wasser über Milch bis hin zu etwas, das aussah wie erbrochenes und etwas dunkelrotem, leicht dickflüssigem, das bestimmt kein Blut war… Nach jeder Runde spülte er das Zeug wieder mit jeder Menge Wasser aus Krügen ab, die ihm ein Gehilfe reichte. Eine Gruppe Gläubiger stand vor dem Altar und schaute zu, und daneben sorgten zwei Musiker für eine fast schon hypnotisierende Untermalung mit Trommel und einer Art Schalmei. Am Ende, nachdem alles schön abgespült und mit einem Schwamm geschrubbt worden war, schmückte der Priester den Stab, der vielleicht die dort wohnende Gottheit symbolisierte, mit einem Tuch und Blumenkränzen und legte die Opfergaben der Gläubigen davor ab. Für uns war das alles sehr fremd und verwirrend aber gleichzeitig unglaublich faszinierend, sodass wir uns nicht davon lösen konnten und von Anfang bis Ende zuschauten und versuchten, uns unseren eigenen Reim darauf zu machen. Vielleicht kann unser Freund Jenser ja etwas mehr dazu sagen?

Batu Caves

Am Mittwoch stürzten wir uns wieder in die Moderne und erkundeten die Wolkenkratzer Kuala Lumpurs. Der Weg dorthin führte uns aber erst einmal durch einen Regenwald mitten im Häuserdschungel: das Bukit Nanas Forest Reservat ist ein Park mitten in der Stadt, wo man auf einem Plankenweg durch die Baumkronen spazieren kann:

Danach fuhren wir dann hinauf auf den KL Tower, der aussieht, wie ein Fernsehturm (man sieht ihn weiter oben auf dem Bild vom Merdeka Square). Von der Aussichtsplattform in 270 Metern Höhe bot sich uns ein beeindruckendes 360°-Panorama von Kuala Lumpur und wir sahen, wie grün die Stadt ist. Überall Parks, Grünflächen, sogar begrünte Hochhausfassaden und Gärten auf Dächern, in der Ferne grüne Berge, und dazwischen moderne Wolkenkratzer.

Irgendwo da unten lag unser Hostel.

Das Highlight für mich waren natürlich die Petronas Towers, bei ihrer Einweihung 1997 mit 452 Metern die höchsten Gebäude der Welt und bis heute die höchsten Zwillingstürme. Berühmt sind sie vor allem auch für die Sky Bridge in 170 Metern Höhe, die die beiden Türme miteinander verbindet. Natürlich hätten wir auch auf die Petronas Towers hinauffahren können, aber dann hätten wir sie ja nicht von oben gesehen. 😉

Aus dieser Perspektive verdeckt leider ein Turm den anderen fast vollständig.

Am Nachmittag bewunderten wir sie noch einmal vom KLCC Park direkt zu ihren Füßen aus, und dann ging Kathrin noch ins direkt nebenan gelegene Aquarium, um den Unterwassertunnel und die Haie zu sehen, während ich mir die Füße in einer riesigen Mall platt lief.

Das Aquarium lag unterirdisch unter einem Convention Center und war sehr gut besucht. Gleich am Eingang befanden sich kleine, flache Becken, in welchen man kleine Haie, Pfeilschwanzkrebse und Fische ’streicheln‘ konnte, was ich (Kathrin) mir aber verkniffen habe. Danach folgten viele Becken mit u.a. Teufelsfischen, Moränen, Korallen, Rochen, Krebsen, Seepferdchen und Quallen und es gab sogar gerade eine Fütterung bei den Rochen.

Seepferdchen

Pfeilschwanzkrebs

Aber das beeindruckendste und der eigentliche Grund meines Besuchs war der Haifischtunnel. Man wird auf einem Laufband gaaaanz langsam durch einen Tunnel unter einem riesigen Aquarium befördert, während um und über einem Haifische, Rochen und Schildkröten schwimmen. Ein majestätischer Anblick, seht selbst:

Am Donnerstag besuchte ich (Birgit) die Nationalmoschee, da ich noch nie in einer Moschee gewesen war und das Gebäude auch sehr schön aussah. Die Moschee war riesig und umgeben von einem gepflegten Park mit Wasserspielen. Die Architektur der Moschee war relativ modern und schlicht, aber die Atmosphäre war sehr angenehm und friedlich. Mehrere Mitarbeiter beantworteten Fragen der Besucher und ermutigten, Fotos zu machen.

Die Moschee und…

…der dazu gehörige Park

Hinein konnte man nur zu bestimmten Zeiten und in angemessener Kleidung. Wer kurze Hosen und/oder Ärmel trug, musste sich noch einen Umhang überziehen – Männer wie Frauen. Für Frauen gab es natürlich zusätzlich noch eine Kapuze oder einen Schleier, um die Haare zu bedecken.

Spontan-Bekanntschaft aus Indonesien

Am Abend fuhren wir noch einmal zum KLCC Park, um die Petronas Towers bei Nacht und die Wasserspiele im Park direkt davor zu bewundern, bevor es dann am nächsten Tag weiter nach Melaka ging.

Grandioser Abschluss einer tollen Woche

Als Fazit unseres Aufenthalts in Kuala Lumpur können wir nur sagen, dass es wirklich eine schöne, angenehme Stadt ist, und obwohl es genauso heiß war wie in Bangkok, war die Luft wesentlich besser und die Atmosphäre insgesamt weniger erdrückend. Der ÖPNV funktionierte sehr gut (bis auf die langen Wartezeiten bei den KTM-Zügen) und trotzdem waren die Preise, auch für Übernachtung und Essen, sehr günstig. Für uns ist es eine der besten Städte, die wir auf unserer Reise durch Südostasien besucht haben, und eine, in die wir definitiv wieder fahren würden.

Von Höhlentempeln und Teeplantagen

Aufgepasst: Heute gibt es zwei Blog-Einträge zum Preis von einem. 😉 Also, wenn ihr es noch nicht getan habt, scrollt bitte noch hinunter zum Beitrag „Malaysia – mehr als nur Durchreise“…

22. März 2017, Kuala Lumpur

Allein zu reisen ist schon eine andere Herausforderung als wenn man im Doppelpack unterwegs ist.

Nur ein paar Stunden nach Birgits Abreise saß ich selbst im komfortablen Bus nach Ipoh. Zuerst ging es über eine 17km lange Brücke übers Meer zurück aufs Festland und dann vorbei an endlosen Palmplantagen und grünen Bergen. Der Busbahnhof befand sich leider wie so oft in Südostasien nicht im Zentrum sondern 15km außerhalb der Stadt. Zwar gibt es einen regelmäßigen Bus ins Zentrum, aber ausgerechnet an diesem Tag fuhr er an einer anderen Stelle ab als sonst, was zur Folge hatte, dass ich zusammen mit einer Chinesin, einer Engländerin und einem Schweden etwas ziellos durch das Terminal irrte, weil uns jeder, den wir fragten, woanders hinschickte. Letztendlich aber wurden wir fündig und der Bus brachte uns sogar fast bis vor die Hosteltür.

Am nächsten Morgen gönnte ich mir eine Art leckeres Puddingtörtchen und den in Ipoh berühmten weißen Kaffee (die Kaffeebohnen werden speziell mit Palmölmargarine geröstet) bevor ich mich auf Entdeckungstour begab. Ich hatte mir für die Woche allein viel vorgenommen, damit ich nicht die ganze Zeit allein im Hostel rumsitzen würde.

Ipoh erinnerte mich sehr an Georgetown mit seinen kleinen Häuserzeilen im kolonialen Stil und den vielen in der Stadt verteilten Wandmalereien. Besonders der alte Kolonialbahnhof und der Birch Memorial Clocktower sind sehr schön anzusehen.

Street Art in Ipoh

Danach machte ich mich auf zum Busbahnhof um mein eigentliches Ziel in Ipoh zu erreichen – die vielen Höhlentempel. Ein bisschen Fragerei brachte mich in den richtigen Bus zum Sam Poh Tempel, einem der größten buddhistischen Höhlentempel des Landes. Vor dem Höhleneingang gab es einen wunderschönen kleinen japanischen Park, der mit seinem kleinen Teich und Pavillions zum Ausruhen von der subtropischen Mittagshitze einlud. Die Höhle selbst wa riesig und überall gab es Buddhastatuen, Stalagtiten und Stalagmiten zu bestaunen.

Japanischer Garten

Durch den Berg hindurch erreichte ich einem weiteren, von hohen Felswänden umgebenen Tempel mit einem kleinen Schildkrötenteich.

Sam Poh Tempel im Berg

Es gab viele Affen, die auf diesem Berg leben und es machte den Eindruck, dass sie sich größtenteils von den Opfergaben der Tempel ernähren. Naja, so haben alles was davon.

Nachdem ich den beiden Nachbartempeln im Berg ebenfalls einen kurzen Besuch abgestattet hatte, lief ich zum 4 km entfernten Kek Lok Tong Tempel. Auch hier fanden sich sehr viele Buddhastatuen und Figuren aus der chinesischen Gotteswelt, aber bekannt ist Kek Lok Tong vor allem für seinen großen Zengarten auf der anderen Seite der Höhle.

Im Kek Lok Tempel

Blick vom Zen Garten auf die Höhle

Ziemlich fertig von der Lauferei und der Hitze freute ich mich sehr, als auf dem langen Rückweg ein Auto mit zwei Frauen neben mir hielt und sie mir anboten, mich mit zurück zur Bushaltestelle zu nehmen. Sie waren sehr interessiert an der Reiserei und wir unterhielten uns gut. Das ist wohl zumindest ein Vorteil des Single-Reisens, man wird viel schneller von den Einheimischen angesprochen. Das war mir auch schon an den Tempeln aufgefallen.

Einen letzten Tempel hatte ich noch vor mir und so machte ich mich am nächsten Morgen auf zum Perak Tempel im Norden Ipohs. Der kleine Teich vor der Höhle war leider nicht so schön, aber dafür beeindruckte das Innere um so mehr. Hier fanden sich viele religiöse Gemälde an den Höhlenwänden und über eine Treppe konnte man weitere kleine und große Kammern erreichen und, wenn man es weit genug nach oben schaffte, auch einen Blick auf Ipoh und die umliegenden Hügel und Berge erhaschen.

Höhlenmalerei

Aussicht vom Perak Tempel

Nach so vielen Tempeln und heißen Temperaturen freute ich mich um so mehr, als es am nächsten Tag für mich weiterging nach Tanah Rata in den Cameron Highlands. Die kleine Stadt liegt höher in den Bergen und die Temperaturen sind um einiges angenehmer (20-25 Grad). Ich quartierte mich in einem kleinen Hostel ein, welches auf den ersten Blick ziemlich chaotisch von einem Inder geführt wurde. Es war aber sehr gemütlich, wenn auch etwas laut, und manchmal kochte er für alle Reis mit Curry oder total leckeren Ingwer-Zimt Tee. 🙂

Die Cameron Highlands sind berühmt für ihre Teeplantagen, Erdbeerfelder und schönen Wanderwege durch die Berge. Nachdem ich mich an meinem ersten Tag an einem dieser Wege versuchte und auf Dreiviertel der Strecke den Berg hinauf kläglich scheiterte (einfacher Schwierigkeitsgrad, angeblich), buchte ich mir für die nächsten beiden Tage Touren, damit ich doch etwas mehr zu sehen bekommen würde als mir meine bescheidene Ausdauer ermöglichte.

So starteten wir am nächsten Morgen zu den Teeplantagen und lernten dort, dass alle Tees (weiß, grün, englisch und schwarz) aus der selben Teepflanze hergestellt werden. Die Pflanzen wachsen an steilen Hängen und werden durch die Arbeiter entweder mit speziellen Scheren oder Maschinen geerntet, wobei nur die oberen hellgrünen Blätter und Blattknospen geschnitten werden. Danach werden die Blätter zuerst einige Stunden gewelkt um ihnen Feuchtigkeit zu entziehen und dann in Maschinen gerollt und gestückelt, so dass der Saft in der Pflanze mit der Luft reagieren kann (Oxidation). Die Blätter ruhen während des Oxidationsprozesses für 2-3 Stunden und nehmen jetzt die typisch dunkle Farbe an und entfalten das Aroma, für welches der schwarze Tee bekannt ist. Danach sind nur noch die Blätter zu trocknen und dann je nach Größe zu sieben und zu sortieren.

Teeernte

Teeplantage

Weiter ging es zum Gipfel des Brinchang, dem höchsten Berg Malaysias, der mit dem Auto erreichbar ist (2032m). Dort oben findet man neben einer tollen Aussicht auf die umliegenden dschungelbewachsenen Berge auch einen der ältesten Wälder der Welt, den sogenannten Mossy Forest. Um den Wald zu schützen ist er nur an wenigen Stellen für Touristen zugänglich, aber er verliert dadurch nichts an seiner Fazination. Schon nach wenigen Schritten bzw. Wurzelstufen ist man umgeben von moosbewachsenen Baumstämmen und Ästen, der Boden ist weich und gibt nach wenn man schwer auftritt, man läuft praktisch auf einem Geflecht von Wurzeln mit ein bisschen Erde drauf. An den Ästen klammern sich Orchideen und fleischfressende Pflanzen, ranken sich Lianen und hängt Moos herab. Etwas Nebel steigt vom tieferliegenden Wald herauf. Es ist ein magischer Ort und sollte unbedingt vor Ausbeutung und Zerstörung durch den Menschen geschützt werden.

Ausblick vom Brichang

Mossy Forest

Fleischfressende Pflanzen mit Kelchen

Nach einem leckeren Tee und Bananen-Möhren-Kuchen im Café der Teeplantage ging es wieder zurück. Auf dem Weg in den Ort machten wir an einer der vielen lokalen Erdbeerplantagen halt und kosteten ungesüßten Erdbeersaft/-püree, etwas sauerer als daheim, aber trotzdem lecker. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal Erdbeeren gegessen habe. 😉

Der nächste Morgen sah mich schon im Dunkeln wieder auf dem Berg und ich schaute mir mit einer Gruppe Frühaufsteher und einem süßen Milchtee in der Hand den Sonnenaufgang über den Bergen und Teeplantagen an. Birgit stieg an diesem Tag um kurz vor 6 in den Zug nach Frankfurt; vielleicht hat sie in Dresden auch die Sonne aufgehen sehen.

Sonnenaufgang über den Teeplantagen

Nach einer Woche der Trennung haben wir uns am nächsten Tag in Kuala Lumpur im Hostel wieder getroffen und ab nun reisen wir wieder zu zweit durch die Welt. 😀

Zum ersten Mal alleine Reisen ist eine Umstellung für mich gewesen; ich musste mich selbst zurecht finden, selber Leute ansprechen, wenn ich Fragen hatte oder Gesellschaft suchte, aber ich habe auch gemerkt, dass es nicht so schwierig ist, wie ich befürchtet hatte und dass ich es alleine schaffe.
Ich freue mich aber, dass B zurück ist und wir die weiteren Erlebnisse und Erfahrungen wieder teilen können. Zu zweit ist’s halt doch schöner. 😉

 

Malaysia – mehr als nur Durchreise

21. März 2017, Kuala Lumpur

Der Weg ist das Ziel – so heißt unser Blog, so lautet das Motto unserer Reise, wenn es denn überhaupt so etwas wie ein Motto gibt. Auf dem Weg liegen Wunschziele, die wir schon immer einmal sehen wollten sowie Orte, die uns von anderen unterwegs empfohlen wurden. Und dann gibt es noch die Orte, durch die wir eigentlich nur durchfahren, weil sie eben auf dem Weg zwischen zwei Zielen liegen. Malaysia, dachten wir, würde in die dritte Kategorie fallen. Wir wussten nicht so recht, was wir erwarten sollten oder was das Land ausmacht. Eigentlich war es für uns nichts weiter als ein Stück Strecke zwischen Thailand und Singapur bzw. Indonesien. Doch schon in Georgetown entdeckten wir die unglaubliche Faszination dieses Landes, und jetzt ist es für uns definitiv das Highlight all der Länder Südostasiens, die wir bislang bereist haben.

Was hat Malaysia also, was die bisherigen Länder nicht hatten?

An erster Stelle steht für uns die Vielfalt der Kulturen und Religionen. Malaien, Chinesen, Inder und Angehörige indigener Völker leben hier anscheinend recht friedlich (zumindest auf den ersten Blick) miteinander. Der Islam ist Staatsreligion, doch Buddhisten, Hindus, Christen und andere genießen Religionsfreiheit. Indische und chinesische Tempel stehen sich auf manchen Straßen direkt gegenüber und eine Ecke weiter ruft der Muezzin vom Minarett der Moschee zum Gebet. Man sieht verschleierte Frauen, Frauen in Saris, Frauen in Trägertops und kurzen Hosen und niemand wird schief angeschaut.

Vier Gotteshäuser in Georgetown, alle in Laufentfernung voneinander

Viele Menschen sprechen mehrere Sprachen – Bahasa Melayu (Malaysisch), meist mehrere chinesische Sprachen (Hokkien, Hakka, Mandarin, Kantonesisch), Tamil, und natürlich Englisch, sodass die Kommunikation fast nie ein Problem darstellt. Auch ist das Essen entsprechend vielfältig: indische und chinesische Restaurants an so ziemlich jeder Ecke; Straßenstände mit malaysischen Nudelgerichten und unglaublich leckeren einheimischen Süßigkeiten, eine große Auswahl an vegetarischen Optionen, und das Ganze zu Preisen wie wir sie zuletzt in China hatten (manchmal zahlen wir weniger als einen Euro für eine Mahlzeit) – mit so viel Appetit wie hier haben wir schon lange nicht mehr gegessen.

Hinzu kommt die interessante Umgebung, egal ob Stadt oder Land. In den Städten findet man futuristische Wolkenkratzer neben unglaublich charmanten Kolonialbauten und Straßenkunst; in den Parks und auf dem Land üppige Flora und Fauna, saftige Regenwälder (zumindest dort, wo sie noch keiner der gigantischen Palmölplantagen weichen mussten), Teeplantagen und exotische Vögel.

Außerdem ist der Lebensstandard vergleichsweise hoch; man kann wieder mit Leitungswasser Zähne putzen; es gibt ÖPNV in den Städten und das Einkaufen ist ein Traum (oder wäre es, wenn wir uns diesen Luxus leisten würden) – es gibt so viele hübsche Dinge in den kleinen Läden genau wie in den riesigen Malls, in dieser Hinsicht kann Malaysia locker mit Thailand mithalten. Wenn wir nicht alles schleppen müssten und unser Geld ja für die Reiserei ausgeben wollten, hätten wir wahrscheinlich schon einen Koffer voller Nippes.

Ihr seht, obwohl wir zuerst nicht wussten, was wir hier sollten, sind wir mittlerweile von Malaysia total begeistert.

In Georgetown verbrachten wir fast eine ganze Woche. Unser Hostel lag mitten in der Altstadt direkt hinter einem chinesischen Tempel, inmitten pittoresker Kolonialhäuser an der Grenze zwischen Chinatown und Little India. Zwei Tage verbrachten wir schon allein damit, durch die Gassen zu schlendern, mmer neue Street Art zu entdecken und zu bewundern, einfach das Flair aufzusaugen und uns an Malaysia zu gewöhnen.

Typischer Fußweg in der Altstadt

Armenian Street

Ein typischer Hauseingang in der Altstadt

Eines der berühmtesten Street Art-Werke in Georgetown

Eine besondere Sehenswürdigkeit am Rande der Altstadt waren die chinesischen Jetties – auf Holzpiere in den Hafen gebaute Wohnviertel verschiedener chinesischer Klans, die im 19. Jahrhundert als Armenviertel entstanden und noch heute bewohnt werden.

Hean Boo Thean Tempel in den Klan-Jetties vor der modernen Silhouette Georgetowns

Auf einem der Piers – heute sind das vermutlich keine Armenviertel mehr

Zwei Tage nahmen wir uns Zeit, um den Penang Hill, quasi den Hausberg Georgetowns, sowie den buddhistischen Kek Lok Si Tempel an seinem Fuße zu erkunden.

Penang Hill, mit Lampions des Kek Lok Si Tempels im Vordergrund

Zum Penang Hill fuhren wir nachmittags mit dem Stadtbus und genossen es, endlich mal wieder mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren, dessen Preis wir zudem nicht vorher aushandeln mussten. Die 45-minütige Fahrt kostete auch nur 40 Cent pro Nase. Die mehr als 700 Höhenmeter hinauf auf den Berg legten wir mit einer Art Zahnradbahn zurück. Oben angekommen schauten wir uns das sehr hübsche Eulenmuseum an, ein Sammelsurium von Kunst und Kitsch rund um die gefiederten Jäger der Nacht. Wir aßen ein Ice Kacang, eine malaysische Eisspezialität aus geraspeltem Eis, Vanilleeis, Mais (in dieser Mischung etwas gewöhnungsbedürftig), roten Bohnen und diversen Gelees, das besser schmeckte als es klang. Wir genossen die Aussicht über Georgetown von diversen Aussichtspunkten in der späten Nachmittagssonne und nach Sonnenuntergang, als die Lichter der Stadt angingen – ein sehr schöner Ausflug.

Vorn Georgetown auf Penang Island, im Hintergrund Butterworth auf dem Festland

Den Tempel Kek Lok Si wollten wir eigentlich gar nicht sehen – irgendwann wird man ja all der Tempel auch mal überdrüssig, aber der Blick, den wir aus dem Bus auf dem Weg zum Penang Hill erhascht hatten, weckte unser Interesse. Und was soll man sagen: wir haben schon so viele Tempel besichtigt, auf dieser Reise und auch auf anderen in Japan, aber dieser ist ohne Zweifel einer der beeindruckendsten, die wir je gesehen haben. Am Berghang gelegen, erstreckt er sich über ein riesiges Areal mit großen, farbenfrohen Prachtbauten, gepflegten Gärten und einer gewaltigen Statue der Göttin Kannon, von deren Füßen aus man zudem einen weiten Blick über die Stadt hat. Wir verbrachten über drei Stunden dort.

Der Weg zum Kek Lok Si ist „gepflastert“ mit Souvenirläden…

In einem der wunderschönen Gärten

Brunnen und Pagode auf dem Tempelgelände

Statue der Göttin Kannon

Am Fuße des Tempels aßen wir in einem chinesischen buddhistischen Restaurant Mittag, wo es alle Gerichte in drei verschiedenen Größen gab. Wir bestellten gebratenen Reis und eine Portion Auberginen mit Szechuanpfeffer und dachten, die mittlere Größe wäre sicher ausreichend. Die Kellnerin empfahl uns jedoch, lieber nur die kleinste Portion zu nehmen, und als das Essen dann kam, waren wir sehr dankbar für ihren Hinweis, denn wir wurden davon schon mehr als satt und können uns nur vorstellen, dass die großen Größen für Gruppen gedacht sind, die ein paar Gerichte teilen wollen.

In Georgetown hätten wir es durchaus noch länger ausgehalten, doch ich musste ja nach Kuala Lumpur zum Flughafen und Kathrin hatte ein paar schöne Tage in Ipoh und den Cameron Highlands vor sich, von denen sie euch mal selbst berichten wird.

Ich erreichte Kuala Lumpur an einem Provinzbahnhof, da der Hauptbahnhof, wo der Bus eigentlich hatte halten sollen, angeblich nicht angefahren werden konnte. Nun ja, es gibt ja öffentliche Verkehrsmittel und die Züge fuhren zum Glück ins Zentrum. Kurz nach meiner Ankunft im Hostel direkt hinter dem Bahnhof fing es an zu gewittern und in Strömen zu regnen, sodass ich an diesem Abend nichts mehr unternahm.

Am nächsten Tag bummelte ich etwas durch die riesige Mall am Bahnhof, kaufte noch ein paar Mitbringsel (frische Mangos) und dann war es auch schon Zeit, zum 60 km außerhalb gelegenen Flughafen zu fahren.

Der Flug mit Emirates war sehr angenehm. Das Unterhaltungsangebot war klasse; ich konnte mich gar nicht entscheiden, was ich zuerst gucken sollte, und das Essen war auch ganz gut. In Dubai hatte ich fast fünf Stunden Umstiegszeit, in denen ich duschen ging und dann auf einer der Couches döste, bis es weiterging. Und dann die große Überraschung: Ankunft in Deutschland…

Manche Dinge ändern sich nie, und dazu gehört auf jeden Fall die Unberechenbarkeit der Deutschen Bahn. Mein Zug stand nicht auf dem Gleis, wo er abfahren sollte; dort stand dafür ein anderer und es sah alles danach aus, dass ich meinen Anschluss am Frankfurter Hauptbahnhof verpassen würde. Eine Traube „Gleichgesinnter“ hatte sich schon um einen armen Bahnangestellten versammelt, der keine Ahnung hatte, wo unser Zug geblieben war. Ich schloss mich einer Dame im Rollstuhl an, die von einer Flughafenmitarbeiterin begleitet wurde und ebenfalls nach Dresden wollte. Es folgte eine Odyssee im Schweinsgalopp mit Rollstuhl und viel zu viel Gepäck durch den halben Flughafenbahnhof im Schlepptau eines Bahnangestellten, der uns wie in einem Actionfilm durch die Mitarbeitergänge zu einem anderen Gleis schleuste, wo tatsächlich unser Zug noch stand, der schon längst hätte weg sein sollen (manchmal ist die Unpünktlichkeit der Bahn auch von Vorteil), und dann stellten wir auch noch fest, dass wir gar nicht am Frankfurter Hauptbahnhof umsteigen mussten, sondern damit noch bis Leipzig Zeit hatten, da unser Anschluss lediglich ein zweiter Wagenteil war, der in Frankfurt angehängt wurde und dann von Leipzig aus nach Dresden weiter fuhr. Als der Zug losrollte, musste ich erstmal noch ein paar Kleidungsschichten ausziehen, da ich bei der Rennerei ganz schön ins Schwitzen gekommen war.

Kalt war mir also schon mal nicht in Deutschland, und auch die Deutschen überraschten mich mit ihrer Gesprächigkeit und Offenheit. Meine neue Bekannte Gabriele war auf der Rückreise aus Namibia, wo sie mit ihrer dort lebenden Tochter eine kleine Reisegruppe geleitet hatte. Ein paar Teilnehmer aus ihrer Gruppe saßen mit uns im Zug, und ein Ehepaar, das uns gegenüber saß und eigentlich gar nicht dazu gehörte, nahm auch noch an der Unterhaltung teil. Wir redeten über Gott und die Welt, während Gabriele ihren auf der Reise verstauchten Knöchel auf meinem Schoß hochlegte, und so verging die Zeit ganz schnell.

In Dresden angekommen erwartete mich ein kleines Empfangskommittee bestehend aus Mama, Oma und meiner (Stief)Schwester Ines. Ich fühlte mich sofort wieder wie zuhause.

Omas Geburtstag war ein richtig großer Tag. Dreizehn Leute kamen schon am Vormittag gratulieren, bevor wir nachmittags mit den geladenen Gästen Kaffee tranken und nach einer Kutschfahrt bei frühlingshaftem Sonnenschein zu Abend aßen. Zehn Blumensträuße, fünf Blumentöpfchen, mehrere Präsentkörbe und ein ziegelsteindicker Stapel Geburtstagspost waren die Ausbeute des Tages. Sogar aus dem Bundespräsidialamt kam ein Glückwunschschreiben (und wir wissen nicht, ob das zum 100. so üblich ist), persönlich unterzeichnet von Joachim Gauck.

Zu den weiteren, zugegebenermaßen viel bescheideneren Highlights meines kurzen Heimaturlaubs zählten: Kartoffeln und Quark, Omas Avocadomus und Rote-Beete-Salat, richtige Bettwäsche und Steckdosen in denen die Stecker tatsächlich halten. Ja ja, es sind die kleinen Dinge… Ich schaffte ein paar Besorgungen (neue Kaugummis gegen Reiseübelkeit etc.) und ein paar Treffen und Telefonate mit Freunden bevor ich nach dreieinhalb Tagen in Dresden schon wieder zurück nach Frankfurt fuhr, und von dort über Dubai wieder zurück nach Kuala Lumpur flog.

Am Frankfurter Flughafen gab es noch einen kurzen Schreckmoment, als mir die Dame beim Check-in sagte, dass ich ohne Rückflugticket nicht nach Malaysia einreisen dürfe. Nachdem sie mein entsetztes Gesicht sah, überprüfte sie die Information noch einmal und hielt mit zwei Kollegen Rücksprache, die sagten, dass mir die Einreise theoretisch verweigert werden könnte, dies aber in der Realität kein Problem sei. Ändern konnte ich eh nichts, also musste ich es drauf ankommen lassen. Der Flug war wieder sehr ruhig und angenehm – so ein A380 ist schon eine feine Sache – und in Dubai schlief ich auf der Couch so fest ein, dass ich nur dank meines in weiser Voraussicht gestellten Weckers rechtzeitig zum Boarding kam. In Malaysia angekommen wollte kein Mensch irgendein Rückflugticket sehen und ich erhielt meinen Stempel ohne weiteres in den Pass – Glück gehabt.

Kathrin hatte uns ein Hostel in der Altstadt gebucht, wo sie schon auf mich wartete, als ich ankam. Wir hatten beide eine sehr schöne, abwechslungsreiche Woche hinter uns, aber freuten uns auch, endlich wieder zusammen zu sein. Nun geht es auf zu neuen Horizonten mit Weltreise Teil II… 🙂