Ab in die Wüste

22. November 2016, Saigon

Samstag morgen nahmen wir Abschied von Vietnams gemütlichstem Doppelstockbett und fuhren weiter nach Mui Ne. Fünf Stunden Fahrt und das erste Mal in Vietnam kein Sleeper sondern ein herkömmlicher Bus. Julia hatte uns schon gewarnt, dass die Plätze sehr eng wären, und sie hatte recht. Wir sind ja nicht so groß und hatten deshalb noch eine Handbreit Abstand zwischen unseren Knien und der Lehne des Vordersitzes, aber damit war es auch vorbei sobald die Person vor einem die Lehne zurückstellte; dann hatte man sie direkt auf dem Schoß liegen. Zum Glück hatten unsere Vordermänner oder -frauen nicht das Bedürfnis, sich zurückzulehnen.

In Da Lat bei angenehm trockenen 27 Grad losgefahren, erschlug es uns in Mui Ne, sobald der Bus die Tür öffnete – 32 Grad, und (laut Internet) sage und schreibe 91% Luftfeuchtigkeit. Wir nahmen uns ein Taxi zu unserem Guesthouse, da es 5 km entfernt war. In Mui Ne kann man sich nicht verlaufen, der ganze Ort besteht nur aus einer einzigen kilometerlangen Straße, die direkt am Strand entlang führt. Zur einen Seite reihen sich die Strandresorts wie Perlen auf einer Kette aneinander, zur anderen findet man Restaurants, kleinere Guesthouses und Läden. Die Tatsache, dass alle Schilder neben Vietnamesisch nicht nur in Englisch sondern auch Russisch beschriftet waren, sagt schon einiges über die Zusammensetzung der Touristenmassen.

Unser Guesthouse war wieder einmal ein echter Glücksgriff. Abseits vom Trubel der Bars und Massagesalons, eher in Richtung Ortsausgang gelegen, war es angenehm ruhig. Die Wirtin war sehr herzlich und lustig, und das Zimmer (mal wieder ein Doppelzimmer für uns ganz allein) war sehr geräumig, hell und sauber. Außerdem gab es einen großen, überdachten Aufenthaltsbereich vor dem Haus, wo man im Schatten sitzen und Kokosnüsse trinken konnte. Wir buchten sofort noch eine zweite Nacht.

An unserem Ende Mui Nes ging es gemählich zu.

An unserem Ende Mui Nes ging es gemächlich zu.

Nachmittags gingen wir an den Strand, was nicht unbedingt ein Highlight war. Der Sand wandert in Mui Ne ohnehin am Strand hin und her sodass man vor der Anreise nicht weiß, ob das eigene Hotel gerade am Sandstrand liegt oder nicht, aber weiter hinten, wo wir wohnten, war der Strand nur ein schmaler, zugemüllter Streifen, der aufgrund mehrerer Abflussrohre stellenweise auch nicht besonders gut roch. Außerdem ist es gar nicht so einfach, überhaupt bis ans Wasser zu kommen, da ja jeder Meter von den Resorts belegt ist. Die Wirtin zeigte uns einen öffentlichen Pfad, und dann konnten wir auf der Strandseite der Resorts entlangschlendern und den Pauschaltouristen beim Brutzeln in der unerträglichen Nachmittagssonne zuschauen. Nach einem kurzen Spaziergang zogen wir uns in den Schatten unseres Guesthouses zurück und hielten Siesta, da die Hitze einfach unerträglich war.

Abends kam Julia uns besuchen und holte ihre Hose ab. Wir gingen zusammen essen und dann ging jeder seiner Wege. Julia wollte früh um eins einen Bus nach Saigon nehmen und wir mussten auch ins Bett, da wir für den nächsten Morgen eine Sonnenaufgang-Tour zu den berühmten Sanddünen gebucht hatten.

Die Dünen waren eigentlich unser Hauptgrund, nach Mui Ne zu fahren. Die Dünengebiete sind zwar recht klein, aber es sind die einzigen Sanddünen in Südostasien und ich bin doch so ein Wüstenfan. Kurz nach halb fünf morgens (!) wurden wir abgeholt. Mit im Minibus saßen noch eine Norwegerin, drei Chinesinnen und zwei tschechische Pärchen. Wir fuhren etwa eine Dreiviertelstunde durch die Dunkelheit bis der Bus von der asphaltierten Straße auf eine sandige Piste abbog und nach einer Minute in einer Art Camp hielt, wo schon reges Treiben herrschte. Es handelte sich im Prinzip um einen Fuhrpark von Jeeps und Quads, und die Fahrer sprachen uns sofort an, ob wir eines mieten wollten. Und dann passierte es. Unser erster Touristennepp, voll drauf reingefallen. Es war ja dunkel, wir konnten die Umgebung nicht sehen, also glaubten wir ihnen blauäugig, als sie sagten, es wäre viel zu weit, zu den Dünen zu laufen, 5 km. Man konnte zu sechst einen Jeep mit Fahrer teilen, also taten wir uns mit der Norwegerin und den drei Chinesinnen zusammen und bezahlten jeder die reichlich fünf Euro pro Person – ein Betrag, der zum Glück noch zu verkraften war, denn die Fahrt dauerte keine fünf Minuten, dann bedeutete der Fahrer uns, dass wir aussteigen sollten. Er sprach so gut wie kein Englisch, konnte uns nur sagen, dass wir nach 20 Minuten wieder am Jeep sein sollten und gab uns zu verstehen, dass wir uns umschauen gehen sollten. Wir waren alle stinksauer.

Aber nun waren wir einmal da, und es wurde langsam hell, also stiegen wir hinauf bis auf die höchste Düne, von wo aus man die Sonne über dem Meer aufgehen sah. Zugegeben, das war schon schön. Das Areal besteht aus vielleicht 20 weißen Sanddünen verschiedener Höhe; wenn wir das gewusst hätten, hätten wir auch einfach herumlaufen können und hätten uns nicht an dieser Umweltverschmutzung beteiligt. Die Hänge der Dünen waren zerfurcht von den Reifen der Jeeps und Quads, und der knatternde Motorenlärm vor allem von den Quads war teilweise unerträglich. Es stank natürlich auch furchtbar wenn sich so ein Gefährt an uns vorbei die Düne hoch quälte. Die Quads fuhren die steilsten Dünenhänge hinunter; und auch unser Jeep, als wir dann wieder einstiegen, fuhr noch eine Runde durch den Sand zu einem anderen Aussichtspunkt an einem See. Dort war das Licht viel schöner, es waren auch kaum Touristen dort, aber leider konnten wir nur fünf Minuten bleiben, dann drängelte der Fahrer uns schon wieder, einzusteigen. Die gesamte Fahrzeit betrug vielleicht eine Viertelstunde, und wie gesagt, wir hätten gerne darauf verzichtet, wenn wir gewusst hätten, wie kurz die Strecken sind. Das hatte die Wirtin uns leider verschwiegen, als wir die Tour bei ihr gebucht hatten…

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Mit dem Minibus fuhren wir dann weiter in ein anderes Gebiet, wo es rötliche Dünen gab. Dort konnte man statt Jeeps Plasteschlitten ausleihen um die Hänge herunter zu rutschen. Von diesem Nepp hatten wir zum Glück schon gelesen – viele Schlitten werden nämlich von Kindern verliehen (und Kinderarbeit wollen wir sowieso nicht unterstützen), die anbieten, die Taschen der Touristen zu halten, während sie rutschen. Später fehlt dann das Portemonnaie oder das Handy, aber bei so vielen Kindern kann man unmöglich sagen, wer es gewesen ist. Außerdem wollten wir nach der aufgezwungenen Jeeptour ohnehin nur unsere Ruhe und liefen daher allein etwas abseits von den Touristenmassen herum.

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Als wir zurück zum Parkplatz kamen, hatten wir zwar unsere Wertsachen noch, dafür war unser Minibus verschwunden. Der Rest der Gruppe fand sich ein, wir liefen die Reihe der Busse auf und ab, aber von unserem Fahrer fehlte jede Spur. Nach einer Viertelstunde tauchte er plötzlich auf. Eine Viertelstunde zu warten ist zwar nicht lang, aber da er uns für die Dünen nur zwanzig Minuten Zeit gegeben hatte, hätte man in der Viertelstunde schon noch eine Düne mehr erklimmen können.

Er fuhr uns dann in ein Fischerdorf, wo am Strand gerade Markt war. Hunderte Boote lagen in der Bucht und die Fischer verkauften, was sie am Morgen gefangen hatten. Der Geruch war wieder sehr unangenehm; die Sonne stieg nun schnell, und es gab keinerlei Kühlung für die Fische und Meeresfrüchte. Wir schauten uns nur um und machten ein paar Fotos, aber die Chinesinnen und die Tschechen kauften tatsächlich Krabben, vermutlich um sie später im Hotel zubereiten zu lassen. Der Busfahrer wollte die suppenden, stinkenden Plastebeutel aber verständlicherweise nicht in seinem Minibus haben, also knotete er den einen an den Abschleppseilhaken vorn unter der Stoßstange und den anderen musste der Tscheche während der Fahrt aus dem Fenster halten.

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Schließlich setzte der Fahrer uns einige hundert Meter vom Hotel entfernt am Eingang zum Fairy Stream ab, einem flachen Flüsschen in einer farbenfrohen Sandsteinschlucht, der letzten Sehenswürdigkeit der Tour. Da das Hotel so nah war, sagte er uns, wir sollten uns einfach so viel Zeit lassen, wie wir wollten und dann selbst zurück laufen. Das war also das Ende der Tour. Er wies uns noch den Weg zum Einstieg in den Fluss und weg war er. Naja, was kann man für für 5 Dollar auch erwarten.

Der Fairy Stream wird auch als kleiner Grand Canyon bezeichnet, da der Fluss, oder eher Bach, durch eine Sand- oder Kalksteinschlucht fließt, die in ihren Formen und Farben an den Namensgeber in den USA erinnert. Das Flussbett besteht überwiegend aus weichem, glatten Sand und der Fluss ist knöchel- bis knietief, sodass man direkt barfuß im Flussbett laufen kann. An einigen Stellen haben die Anwohner Verkaufsstände direkt im Fluss aufgebaut, wo man eine Kokosnuss trinken oder sogar einen Happen essen kann. Die Schlucht leuchtet in Rot-, Orange- und Sandtönen und am Ufer wuchern Blumensträucher, Palmen und andere tropische Gewächse. Da es erst früh um acht war, war die Sonne noch erträglich und wir verbrachten eine Stunde dort, liefen bis zu einem kleinen Wasserfall und dann wieder zurück in den Ort.

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Die Wirtin hatte uns gesagt, dass sich einen Kilometer vom Guesthouse entfernt ein Geldautomat befände, und da wir nun schon ein Stück in diese Richtung gefahren waren und Geld brauchten, beschlossen wir, gleich noch dorthin zu laufen. Wie gesagt, es gab ja nur eine Straße, also konnten wir ihn eigentlich nicht verpassen. Aber entweder war er wirklich gut versteckt, oder die Wirtin konnte nicht einschätzen, wie lang oder kurz ein Kilometer ist, jedenfalls liefen und liefen wir, ohne fündig zu werden. Die Sonne stieg höher und es wurde echt eine Tortur. Am Ende winkten wir uns das erstbeste Taxi heran, sagten dem Fahrer, dass wir einen ATM brauchten, und er fuhr noch weitere drei Kilometer, bis wir den ersten Automaten sahen. Daher fuhren wir dann auch gleich mit dem selben Taxi zurück bis zum Guesthouse; am Ende haben wir vier Euro dafür bezahlt, die an manchen Automaten als Abhebungsgebühr angefallen wären, also war es zu verschmerzen (und allemal besser, als in dieser Hitze die staubige Straße ohne Fußweg entlangzulaufen).

Den Rest des Tages faulenzten wir; alles was es zu sehen gab, hatten wir gesehen. Nach einem späten Frühstück im Guesthouse holten wir etwas Schlaf nach und nachmittags ging ich zur Massage am Strand. Neben einem der Resorts gab es eine kleine windschiefe Hütte, deren Boden mit Sandsäcken vor dem Wegschwemmen gesichert war. Die Massage war toll, wenn auch unglaublich ölig; es gab sogar eine Gesichtspflegepackung inklusive und zum Schluss wurde man von Kopf bis Fuß mit einem aufgeschnittenen Aloe-Blatt eingerieben. Tapfer zog ich dann meine Sachen wieder drüber, die jetzt noch Fettflecke haben 😉 – die meisten Kunden kommen ja direkt im Bikini aus den benachbarten Resorts und haben das Problem nicht. Ich ging dann auch durch das nächstgelegene Resort zurück, da es inzwischen dunkel geworden war und ich am Strand nicht sehen konnte, wo ich hintrat; aber wenn man einfach ganz souverän herum läuft, denkt das Personal ohnehin, man gehört dazu.

Und einen kitschig-schönen Sonnenuntergang am Meer gab's gratis dazu.

Und einen kitschig-schönen Sonnenuntergang am Meer gab’s gratis dazu.

Und gestern fuhren wir dann auch schon nach Saigon/Ho Chi Minh-Stadt. Die Fahrt dauerte an die sechs Stunden (was aber im Sleeperbus – bis auf die viel zu lauten vietnamesischen Schlager – auszuhalten war) und wir kamen erst im Dunkeln in der Stadt an. Während der Fahrt regnete es immer wieder sintflutartig und auch in Saigon war das Wetter durchwachsen. Vom Büro der Busgesellschaft war es gar nicht weit bis zu unserem Hostel, aber da es immer wieder anfing zu regnen, kamen wir nur langsam voran, weil wir uns mehrmals unterstellen mussten. Immerhin befand sich ein vegetarisches Restaurant direkt gegenüber unseres Hostels sodass wir es zumindest nicht weit zum Essen hatten. Vermutlich werden wir aber nur einen Tag in der Stadt bleiben und danach ins Mekong-Delta fahren, um noch etwas von der Atmosphäre zu erleben und dann von dort mit dem Boot nach Kambodscha einzureisen.

10 Gedanken zu „Ab in die Wüste

  1. Hallo Mädels,
    ich wollte mir gerade Gedanken über mein Wochenende machen, fahr den Rechner hoch und schon sind die nächsten zwei Berichte auf dem Bildschirm, die ich sofort mit viel Begeisterung verschlungen habe, das nenn ich einen super Start in die freien Tage. Ihr meistert die kleinen Unannehmlichkeiten mit Bravour und geniesst das Angenehme, ich bin gern virtuell mit euch unterwegs.
    Als ich mich während meiner ersten Reise nach Indien mit einem Österreicher über den Preis einer Taxifahrt austauschte, war er der Ansicht, dass ich zuviel bezahlt hätte, Er tat es mit einem Lächeln und dem Begriff DEPPENSTEUER ab, also seid nicht traurig, so etwas passiert sicherlich allen mal. Lächeln, Krone richten und weiter gehts.
    Schade, dass ihr um Indien einen Bogen macht, die Wüste Thar in Rajashtan wäre sicher interessant gewesen, mehrtägige Kamelsafari, lecker essen und schlafen unter Sternenhimmel ohne Lichtverschmutzung und keine Zivilisationsgeräusche, nur der Hintern hat weh getan.
    weiterhin viel Spaß
    Grüße aus Bad Schandau

    • Hallo Jenser, vielen Dank für deine ermutigenden Zeilen. Genau, Krönchen richten, rosa Glitzer drauf und weiter geht’s. 😉 Und was in Erinnerung bleibt, ist am Ende die wunderschöne Landschaft (und vielleicht, nen Motorradführerschein zu machen, damit man beim nächsten Mal selber hinfahren kann 😉 ).
      Nur weil wir jetzt einen Bogen um einige Länder machen, um nicht zu sagen: die allermeisten – die Welt ist schließlich groß! – heißt das ja nicht, dass man nicht Ideen für die nächsten Reisen sammeln kann. ^^ Die Wüstentour klingt auf jeden Fall nach einem unvergesslichen Erlebnis.
      Grüße aus Kambodscha und bis bald. 🙂

  2. Ich hatte ebenfalls kurz vor dem Abflug aus dem Büro noch mal im Blog nachgeguckt und euren letzten Bericht über eure Wüstentour gelesen. Irgendwo war von einer Julia die Rede und ich dachte: Was für eine Julia??? Bis es mir langsam dämmerte – da ist doch wohl nicht noch ein Blogeintrag vorher da? Und tatsächlich…
    Lieben Dank euch Beiden wie immer!!!
    Ich wünsch euch schon mal einen entspannten Grenzübertritt und dass es weiter schön und interessant bleibt :)))
    Ganz liebe Grüße
    das M

    • Haha, wie geil. Ich hab genau das gleiche gedacht, was für eine Julia?? Aber dann werde ich mal den vorherigen Blogeintrag lesen.

      Die Touri-fallen kennt wohl jeder von uns. Aber man lernt mit jeder dazu.

    • Hallo mein liebes M, und ich hatte noch überlegt, einen Satz dazuzuschreiben. In Anbetracht, dass es mehreren Leuten so ging wie dir, hätte ich das mal lieber machen sollen. Beim nächsten Mal wird’s noch besser. 😀
      Ganz liebe Grüße zurück, dein B

  3. Nach 1 Monat und 8 Tagen hat die Postkarte aus China ihren Weg nach München gefunden. Ganz lieben Dank 😉 ich hab mich tierisch gefreut.

    Liebe Grüße Euer I

    • YAAAAY!! Ist gern geschehen. Ist auch interessant für uns, wie lange die Karten so brauchen (und welche überhaupt ankommen, hehe).

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