Kuala Lumpur – nicht was wir erwartet haben

30. März 2017, Singapur

Die asiatische Metropole im Allgemeinen: zu heiß, zu eng, zu stickig, zu unübersichtlich, zu gefährlich – kurzum, ein Moloch. So, oder so ähnlich hatten wir uns Kuala Lumpur vorgestellt. Unser einziges Wissen über die Stadt kam von dem Malaysier, den wir in der Mongolei im Reitercamp getroffen hatten, und seiner Meinung nach war die Hauptstadt Malaysias eine Großstadt wie jede andere und nicht unbedingt ein Ort, wo Frauen alleine reisen sollten. Wir wissen nicht, welche dunklen Hinterhofgassen er dabei vor Augen hatte, denn unser Eindruck der Stadt änderte sich sehr schnell.

Unser kleines Hostel lag in der Nähe des Bahnhofs Pasar Seni, was eher Chinatown als Little India und sehr zentral gelegen ist. Am ersten Abend gingen wir nur noch essen, aber das war schon ein prägendes Erlebnis. Direkt am Bahnhof lag ein indisches Restaurant, wo eine Vielzahl von Gerichten als Buffet angeboten wurden. Man konnte sich einfach von allem nehmen, soviel man wollte und erhielt Reis oder indisches Brot dazu. Eine ganze Theke war vegetarisch, bestimmt zehn oder zwölf Gerichte. Wir hatten jeder einen vollen Teller, dazu Reis und und das beste Cheese Naan der Welt sowie jeder ein Getränk und zahlten etwa vier Euro, zusammen. Das Essen war so unglaublich gut, dass wir fortan jeden Abend dort aßen und die Kellner uns schon kannten und mit uns plauschten.

Leider haben wir kein Bild vom Cheese Naan – wahrscheinlich weil wir uns immer gleich so gierig darauf gestürzt haben. 😉

Am Sonntag schauten wir uns die Nachbarschaft an und spazierten zum Zentralmarkt, der jetzt eher so eine Art kulturelles Einkaufszentrum ist. Es gab jede Menge sehr hübsche Souvenirgeschäfte, grob geordnet nach Herkunftsland – indisch, chinesisch, malaysisch. Neben dem üblichen Kitsch gab es auch wirklich viele schöne Sachen, vor allem Tücher, Kleidung, Schmuck, Lampions, Orchideenblüten in Glas…

Zentralmarkt

Wir verbrachten viel länger dort als geplant und als wir fertig waren, goss es draußen in Strömen – eine tägliche Erscheinung hier – so dass wir uns lieber drinnen noch ein bisschen weiter die Zeit vertreiben wollten. Also probierten wir etwas, das wir schon lange einmal hatten tun wollen und ließen uns Henna-Tattoos auf die Hände malen. Die Auswahl an Motiven war riesig und beschäftigte uns länger als das eigentliche Malen dann dauerte, aber es hat sich gelohnt:

Die Kunstwerke haben ungefähr eine Woche gehalten.

Danach liefen wir noch eine Runde um den vom Regen frisch geputzten Merdeka Square, den riesigen zentralen Platz der Stadt mit seiner umgebenden Mischung aus alten und neuen Bauwerken.

Merdeka Square

Am Montag hatten wir viel vor, doch wir schafften nur einen Programmpunkt, da dieser viel mehr Zeit in Anspruch nahm als gedacht: der Bird Park. Wir hatten uns einfach nicht vorstellen können, wie riesig der Park war. Ein paar Vögel anzuschauen konnte ja nicht länger als zwei Stunden dauern, oder? Weit gefehlt. Der Bird Park war im Prinzip ein richtiger Zoo, und so groß wie einer, nur dass es eben nur Vögel dort gab. Der Großteil des Parks befand sich unter einer riesigen Netzkonstruktion, die größte Freiflugvoliere der Welt, komplett mit mehreren Kilometern Spazierwegen, einem See, einem Fluss, Wasserfällen und Baumhainen, fast schon kleinen Wäldchen, wo eine Vielfalt an tropischen Vögeln frei herumfliegen und -laufen konnte. Es gab alles von Vogelriesen wie Pelikanen und Adlern (die allerdings eine separate Voliere hatten) über Pfauen, Eulen und schöne Täubchen bis hin zum Erdbeerfink, der kaum größer war als sein namensgebendes Obst. In einem anderen Teil des Parks gab es Hornschnäbel, jede Menge bunte Papageien, Strauße…Kleine Ibise liefen überall frei herum und versuchten frech, uns unsere Waffeln aus der Hand zu klauen – es konnte immer nur eine von uns essen, während die andere die Attacken vom Boden, aus der Luft und von nahe gelegenen Geländern abwehrte; es hatte schon etwas von Hitchcock.

Der Erdbeerfink

Hornschnabel

Die Geier Ibise lauern schon auf unseren Mittagsimbiss.

Am Dienstag fuhren wir nach Batu Caves, einem Vorort im Norden Kuala Lumpurs, wo ein Hindutempel in einer riesigen Höhle in einem Marmorfelsen liegt. Man konnte ganz bequem einen der öffentlichen KTM-Züge dorthin nehmen, so eine Art S-Bahn. Da wir nirgendwo einen Fahrplan fanden, sondern nur den Zeitraum, in dem die Züge von morgens bis abends fuhren, gingen wir davon aus, dass sie wohl relativ häufig fahren. Das war leider ein Irrtum. Wir kauften uns eine Fahrkarte, begaben uns zum Bahnsteig und mussten dort feststellen, dass der nächste Zug erst in einer Dreiviertelstunde kam… Da wir natürlich schon die Ticketschranke passiert hatten, gab es auch kein Zurück mehr. Also hieß es hinsetzen und warten. Aber wir hatten ja Zeit und etwas zu lesen mit, also nahmen wir es gelassen.

In Batu Caves angekommen, führten 272 Stufen hinauf zum Höhleneingang. Oben im Höhlentempel fand gerade eine Opferzeremonie statt, bei der ein Priester eine Art Stab mit allen möglichen Flüssigkeiten übergoss, von Wasser über Milch bis hin zu etwas, das aussah wie erbrochenes und etwas dunkelrotem, leicht dickflüssigem, das bestimmt kein Blut war… Nach jeder Runde spülte er das Zeug wieder mit jeder Menge Wasser aus Krügen ab, die ihm ein Gehilfe reichte. Eine Gruppe Gläubiger stand vor dem Altar und schaute zu, und daneben sorgten zwei Musiker für eine fast schon hypnotisierende Untermalung mit Trommel und einer Art Schalmei. Am Ende, nachdem alles schön abgespült und mit einem Schwamm geschrubbt worden war, schmückte der Priester den Stab, der vielleicht die dort wohnende Gottheit symbolisierte, mit einem Tuch und Blumenkränzen und legte die Opfergaben der Gläubigen davor ab. Für uns war das alles sehr fremd und verwirrend aber gleichzeitig unglaublich faszinierend, sodass wir uns nicht davon lösen konnten und von Anfang bis Ende zuschauten und versuchten, uns unseren eigenen Reim darauf zu machen. Vielleicht kann unser Freund Jenser ja etwas mehr dazu sagen?

Batu Caves

Am Mittwoch stürzten wir uns wieder in die Moderne und erkundeten die Wolkenkratzer Kuala Lumpurs. Der Weg dorthin führte uns aber erst einmal durch einen Regenwald mitten im Häuserdschungel: das Bukit Nanas Forest Reservat ist ein Park mitten in der Stadt, wo man auf einem Plankenweg durch die Baumkronen spazieren kann:

Danach fuhren wir dann hinauf auf den KL Tower, der aussieht, wie ein Fernsehturm (man sieht ihn weiter oben auf dem Bild vom Merdeka Square). Von der Aussichtsplattform in 270 Metern Höhe bot sich uns ein beeindruckendes 360°-Panorama von Kuala Lumpur und wir sahen, wie grün die Stadt ist. Überall Parks, Grünflächen, sogar begrünte Hochhausfassaden und Gärten auf Dächern, in der Ferne grüne Berge, und dazwischen moderne Wolkenkratzer.

Irgendwo da unten lag unser Hostel.

Das Highlight für mich waren natürlich die Petronas Towers, bei ihrer Einweihung 1997 mit 452 Metern die höchsten Gebäude der Welt und bis heute die höchsten Zwillingstürme. Berühmt sind sie vor allem auch für die Sky Bridge in 170 Metern Höhe, die die beiden Türme miteinander verbindet. Natürlich hätten wir auch auf die Petronas Towers hinauffahren können, aber dann hätten wir sie ja nicht von oben gesehen. 😉

Aus dieser Perspektive verdeckt leider ein Turm den anderen fast vollständig.

Am Nachmittag bewunderten wir sie noch einmal vom KLCC Park direkt zu ihren Füßen aus, und dann ging Kathrin noch ins direkt nebenan gelegene Aquarium, um den Unterwassertunnel und die Haie zu sehen, während ich mir die Füße in einer riesigen Mall platt lief.

Das Aquarium lag unterirdisch unter einem Convention Center und war sehr gut besucht. Gleich am Eingang befanden sich kleine, flache Becken, in welchen man kleine Haie, Pfeilschwanzkrebse und Fische ’streicheln‘ konnte, was ich (Kathrin) mir aber verkniffen habe. Danach folgten viele Becken mit u.a. Teufelsfischen, Moränen, Korallen, Rochen, Krebsen, Seepferdchen und Quallen und es gab sogar gerade eine Fütterung bei den Rochen.

Seepferdchen

Pfeilschwanzkrebs

Aber das beeindruckendste und der eigentliche Grund meines Besuchs war der Haifischtunnel. Man wird auf einem Laufband gaaaanz langsam durch einen Tunnel unter einem riesigen Aquarium befördert, während um und über einem Haifische, Rochen und Schildkröten schwimmen. Ein majestätischer Anblick, seht selbst:

Am Donnerstag besuchte ich (Birgit) die Nationalmoschee, da ich noch nie in einer Moschee gewesen war und das Gebäude auch sehr schön aussah. Die Moschee war riesig und umgeben von einem gepflegten Park mit Wasserspielen. Die Architektur der Moschee war relativ modern und schlicht, aber die Atmosphäre war sehr angenehm und friedlich. Mehrere Mitarbeiter beantworteten Fragen der Besucher und ermutigten, Fotos zu machen.

Die Moschee und…

…der dazu gehörige Park

Hinein konnte man nur zu bestimmten Zeiten und in angemessener Kleidung. Wer kurze Hosen und/oder Ärmel trug, musste sich noch einen Umhang überziehen – Männer wie Frauen. Für Frauen gab es natürlich zusätzlich noch eine Kapuze oder einen Schleier, um die Haare zu bedecken.

Spontan-Bekanntschaft aus Indonesien

Am Abend fuhren wir noch einmal zum KLCC Park, um die Petronas Towers bei Nacht und die Wasserspiele im Park direkt davor zu bewundern, bevor es dann am nächsten Tag weiter nach Melaka ging.

Grandioser Abschluss einer tollen Woche

Als Fazit unseres Aufenthalts in Kuala Lumpur können wir nur sagen, dass es wirklich eine schöne, angenehme Stadt ist, und obwohl es genauso heiß war wie in Bangkok, war die Luft wesentlich besser und die Atmosphäre insgesamt weniger erdrückend. Der ÖPNV funktionierte sehr gut (bis auf die langen Wartezeiten bei den KTM-Zügen) und trotzdem waren die Preise, auch für Übernachtung und Essen, sehr günstig. Für uns ist es eine der besten Städte, die wir auf unserer Reise durch Südostasien besucht haben, und eine, in die wir definitiv wieder fahren würden.

6 Gedanken zu „Kuala Lumpur – nicht was wir erwartet haben

  1. Hallo Ihr Weltenbummler,

    so einen lila Kittel wie B. hatte ich auch schon mal an als wir 2008 durch Malaysia reisten und das Land sehr interessant fanden. Und wir wir lesen geht es Euch auch so. An B. auf diesem Wege noch alles Gute für´s neue Lebensjahr.

    • Danke für die Glückwünsche; ebenfalls alles Gute nachträglich, liebe Uschi. 🙂
      Malaysia ist jetzt unser Liebling unter den bisherigen Ländern und definitiv eine weitere Reise wert.

  2. Hallo Mädels, leider kann ich euch bei den Prozeduren im Batu Tempel nicht so richtig weiter helfen, bei meinen Tempelbesuchen in Indien ( es waren nicht wenige), ist mir nie etwas vergleichbares aufgefallen, es gibt sicher auch regoinale Unterschiede, wie irgendwelche Zeremonien abgehalten werden. Die folgenden Zeilen habe ich aus einem Bericht einer Schweizerin kopiert, aber das ist eigentlich auch nicht des Rätsels Lösung.
    Die Batu Caves gelten als eine der wichtigsten Pilgerstätten für Hindus in Malaysia. Das tamilische Thaipusam-Festival, das nach dem Mondkalender jedes Jahr Ende Januar bzw. Anfang Februar stattfindet und drei Tage dauert, zieht bis zu 1,5 Millionen Pilger an. Eine traditionelle Prozession beginnt im Morgengrauen am Sri Maha Mariamman Tempel in der Innenstadt von Kuala Lumpur und endet acht Stunden später in den Batu Caves. Während diesem Festival kasteien sich viele Hindus mit teils brutalen Methoden selbst, um so Buse zu tun oder Murugan zu huldigen. Mit Speeren oder Haken werden Wangen oder Rücken durchbohrt und so den ganzen Weg bis zu den Batu Caves zurückgelegt.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Batu_Caves
    Auch der Wikipedialink bringt leider nicht die Erleuchtung. Auch wenn man nicht immer alles versteht, der Weg ist das Ziel. 😉
    Grüße aus Bad Schandau

    • Hallo lieber Jenser, vielen lieben Dank für diesen und auch den letzten Kommentar und die Internet-Recherche! Von diesem Festival haben wir Fotos gesehen aber das hat uns schon gereicht. Soweit ich weiß, sind die meisten Inder in Malaysia Tamilen. Aber du hast recht, alles muss man auch nicht verstehen; interessant war es trotzdem.
      Der nächste (und letzte) Malaysia-Bericht ist schon in Arbeit und wird hoffentlich noch einmal richtig interessant. Danke wie immer fürs Lesen und Dranbleiben.
      Viele Grüße ins (inzwischen sicher schon recht frühlingshafte?) Bad Schandau aus dem (sehr verregneten) Bandung in Indonesien.

  3. Bei all dem Positiven, das Ihr in KL erlebt hat, ist es ja fast schade, dass euer Aufenthalt dort schon wieder vorbei ist. Mich hat beeindruckt, dass die Stadt trotz ihrer Größe so viel Grün hat – vielleicht ein Grund dafür, dass das Klima dort gar nicht so unerträglich ist.
    Euch Beiden jedenfalls wieder vielen Dank für einen sehr interessanten Bericht! Wird gleich weiterverbreitet ;))

    • Ja, Malaysia trauern wir sehr nach und würden es jedem sofort empfehlen. Der nächste Bericht über Melaka ist schon in Arbeit; dort hat es uns auch so gut gefallen. 🙂

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