16. November 2016, Da Lat
Mit dem Abstand einiger Tage kann ich sagen, dass sich unser Vietnam-Erlebnis seit Hué deutlich verbessert hat. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns mittlerweile einfach an vieles hier gewöhnt haben, oder dass das Wetter besser geworden ist, oder dass wir besseres Essen gefunden haben, oder es ist eine Mischung aus allem.
Der Bus von Hué nach Da Nang durchquerte gegen Ende der Fahrt einen endlos wirkenden Tunnel und als wir auf der anderen Seite wieder herauskamen, lag Da Nang wie eine Fatamorgana vor uns – eine Großstadt zwar, die aber sehr leicht und luftig wirkte; gelegen an einer riesigen Bucht, wo das blaue Meer in weißen Schaumkrönchen an den goldenen Strand brandete, eine von grünem Wald bedeckte Halbinsel mit einer riesigen, strahlenden Buddhastatue; am Horizont schimmerten die Wolkenkratzer der Stadt hell im Sonnenschein – wir hatten schon ein gutes Gefühl, bevor der Bus überhaupt anhielt.
Dann war unser Hostel ein echter Glücksgriff. Zentral gelegen, aber etwas von der Straße zurückgesetzt, sodass es vom Straßenlärm geschützt war, hatte es nur einen Schlafsaal mit Platz für acht Gäste und ein weiteres, kleineres Zimmer. Die Betten hatten Vorhänge; es gab Schließfächer groß genug für unsere kompletten Kraxen und in der Lobby gab es kostenlosen Kaffee, Tee und Süßigkeiten. Die drei Mädels, die sich im Schichtsystem um das Hostel kümmerten, waren unglaublich liebenswert, gaben uns sehr viele Tipps und waren auch immer für eine Unterhaltung zu haben.
Da Nang ist die drittgrößte Stadt Vietnams, wirkt aber unglaublich freundlich und entspannt. Was uns sofort auffiel, waren die breiten Straßen und breiten Bürgersteige – endlich konnten wir mal durch die Stadt schlendern, ohne alle halben Meter Mopeds und fliegenden Händlern ausweichen zu müssen. Das Stadtzentrum besteht aus einem Landteil, gefolgt von einem breiten Fluss, über den vier illustre Brücken führen, und einer Halbinsel, die im Osten einen langen, wunderschönen Sandstrand hat.
Ein echter Hingucker ist die Drachenbrücke: ein 500m langer, goldgelber Drachen schlängelt sich auf und ab in der Mitte der Brücke zwischen den Fahrbahnen.
Am ersten Abend bummelten wir nur an der Flusspromenade entlang und ließen die Atmosphäre auf uns wirken, denn nach Einbruch der Dunkelheit verwandelt sich die Stadt in ein Feuerwerk von bunten Lichtern. Jede Brücke, jedes Hochhaus, jede Werbetafel, jede blumenförmige Straßenlaterne leuchtet in allen Farben des Regenbogens, viele wechseln sogar die Farben. Der Stromverbrauch ist vermutlich katastrophal, und über den Geschmack lässt sich auch streiten, aber dem Kind in mir hat es unglaublich gefallen.
Abends aßen wir wieder in einem vegetarischen Restaurant (die Hostel-Mädels hatten uns sage und schreibe fünf empfohlen) und bekamen für 80 Cent die größte Portion, die wir bisher in Vietnam hatten. Es war lecker und abwechslungsreich, auch wenn wir bei vielen Dingen keine Ahnung hatten, was wir aßen – aber im Veggie-Restaurant kann da ja nicht allzu viel schief gehen; man muss keine Angst haben, plötzlich Schnecken oder Innereien vorgesetzt zu bekommen. Die restliche Zeit in Da Nang aßen wir nur noch in den vegetarischen Restaurants und unsere Ernährungssituation hat sich seitdem wahnsinnig verbessert; wir essen auch wieder mit Appetit und freuen uns auf die Mahlzeiten, was bei den immergleichen faden Nudeln mit Kohl im Norden nicht der Fall war; da haben wir eher nur gegessen, weil es mal wieder Zeit dafür war.
Einen Tag fuhren wir zu dem auf der grünen Halbinsel gelegenen Linh Ung-Tempel, der besonders berühmt für seine 63m hohe, schneeweiße Buddhastatue ist, die wir am Vortag schon vom Bus aus gesehen hatten. Der gesamte Tempel war wunderschön angelegt, mit vielen Blumen und Statuen und einem grandiosen Blick über die Bucht auf Da Nang. Leider war es etwas nieselig und wir verbrachten eine ganze Weile in der Halle unter den Füßen der Statue und schauten dem Regen zu.
Mittags fuhren wir zum Strand um dort in einem der zahlreichen Restaurants zu essen, aber wir hätten uns denken können, dass sie alle überwiegend Fisch und Meeresfrüchte servierten. Wir fanden eines, das auch ein, zwei Gemüsegerichte hatte und aßen dort, während ein überenthusiastischer Kellner versuchte, mit uns Konversation zu machen. Er wollte gern sein Englisch verbessern, und dabei wollten wir ihm auch gern helfen und er schrieb sich auch einige Sätze auf, um sie später zu üben, aber auch als dann das Essen kam, ließ er uns keine Ruhe. Er erzählte uns sogar, dass er schon Ärger mit seinem Chef gehabt hätte, weil sich Leute über ihn beschwert hätten, aber daraus hatte er anscheinend nicht gelernt. Ich versuchte ihm, ganz freundlich zu erklären, dass doch ein paar Minuten Unterhaltung pro Gast eventuell ausreichend wären und er doch einmal versuchen sollte, darauf zu achten, ob die Leute zum Beispiel gerade essen wollten (während des ganzen Gespräches rührte ich mein Essen offensichtlich nicht an), aber er verstand den Hinweis nicht. Schließlich sagte ich ihm ganz direkt, dass ich gern erst einmal essen würde – das half, und dann kamen zum Glück weitere Opfer ausländische Gäste, denen er seine Aufmerksamkeit schenken konnte. Der Arme, er hat es ja nur gut gemeint, aber neben Englisch sollte er vielleicht noch an seinen Social Skills arbeiten…
Eigentlich hatten wir gar nicht so lange in Da Nang bleiben wollen, aber die Atmosphäre der Stadt war so angenehm, das Essen gut, die Menschen freundlich und das Wetter wurde unfassbar schön, sodass wir noch das ganze Wochenende blieben, und es wurde eines der besten Wochenenden überhaupt auf der bisherigen Reise.
Tagsüber gingen wir an den Strand, mieteten uns Liegen mit Sonnenschirm, badeten und ließen uns Kokosnüsse schmecken. Der Strand war sehr sauber, hatte wunderbar feinen, goldenen Sand und war auch nicht überlaufen. Die Wellen waren recht hoch, sodass man nicht schwimmen sondern nur planschen konnte, aber das hat auch sehr viel Spaß gemacht.
Abends ließen wir uns von dem Lichtermeer am Fluss verzaubern und gingen zur Drachenbrücke, um das große Spektakel zu sehen: Samstag und Sonntag abend speit der Drachen nämlich Feuer! Am ersten Abend setzten wir uns an den Fluss, von wo aus wir die ganze Brücke sehen konnten, aber am zweiten Abend stellten wir uns direkt auf die Brücke. Dort konnte man die Hitze des Feuers richtig spüren obwohl wir ein Stück hinter dem Kopf standen, und als der Drachen dann nach dem Feuer auch noch Wasser spuckte wurden wir auch ein bisschen nass, obwohl nicht so sehr wie die Leute, die direkt darunter standen. Das war auf jeden Fall ein echtes Highlight!
Außerdem konnte man wunderbar die Einheimischen bei ihren Wochenend-Abendaktivitäten beobachten. Es gab am Ufer mehrere Gruppen, die tanzten (alle hatten großen Spaß am Ententanz) und Sonntag abend sahen wir eine Gruppe junger Leute, die alle gemeinsam Gitarre spielten und sangen; anscheinend konnte jeder, der eine Gitarre hatte, mitmachen, und wer keine hatte, konnte immer noch singen oder klatschen, es war so eine sorglose, freundschaftliche Atmosphäre. Die Vietnamesen wissen auf jeden Fall, wie man Spaß hat.
Am Montag besuchten wir dann noch eine Art Kirche/Tempel, wo laut Aussage der Hostel-Mädels ein riesiges Auge verehrt werden sollte. Es stellte sich heraus, dass dies eine Kirche der Cao Dai-Religion war, die 1926 in Vietnam gegründet wurde und alle großen Weltreligionen vereint. Die Anhänger kleiden sich alle in weiße Gewänder, beten zu dem Einen Gott, verehren die Ahnen, ernähren sich vegetarisch und glauben an die Wiedergeburt. Als wir da waren, begann gerade ein Gottesdienst anlässlich des 90. Gründungsjubiläums der Religion, die in Vietnam allein mehrere Millionen Anhänger hat, wie uns einer der Gläubigen erklärte. Daher konnten wir nicht in die Kirche, aber von außen sahen wir zumindest die große blaue Kugel in der Mitte des Altars, auf die ein Auge gemalt war – das linke Auge Gottes, symbolisch dafür, dass Gott alles sieht.
Südlich von Da Nang gibt es eine kleine Stadt namens Hoi An, die eigentlich ein Pflichtpunkt für jeden Vietnam-Touristen ist, da sie wohl eine sehr pittoreske Altstadt hat, aber wir entschieden uns schließlich dagegen, noch dorthin zu fahren. Wir hatten keine Lust auf die Touristenmassen und die Abzocke, die dort zum Programm gehören, dafür war die Zeit in Da Nang viel zu entspannt gewesen. Ich habe den Eindruck, dass weniger Touristen nach Da Nang fahren, da es dort nicht viel zu sehen gibt, aber was es gibt, ist richtig gut. Das wollten wir uns mit der Touristenhochburg Hoi An nicht verderben. Daher fuhren wir direkt nach Da Lat weiter – 14 Stunden Liegebus, in der oberen Etage und ganz vorn, hat schön geschaukelt, und wir waren die einzigen Ausländer (da die meisten ja erst nach Hoi An fahren).
Fazit: Da Nang ist neben Sapa von den Orten, die wir bisher gesehen haben, auf jeden Fall mein Lieblingsort in Vietnam. 🙂
PS: Auf unserem YouTube-Kanal gibt es noch ein paar Videos vom feuer- und wasserspeienden Drachen. 😉
姑娘们,干的漂亮
Haha, thanks Mak! But half of your comment is Chinese characters and the other half is ???? Hope you are doing fine. 😀
Die Videos sind so toll. Krass nur, dass die das jeden Tag machen
Und schön, dass ihr viele neue tolle Sachen erlebt habt und wieder was gutes zu essen bekommt.
Lg
Um ganz ehrlich zu sein, ich hab vor unserer Abreise nach „hidden spots in Vietnam“ gegoogelt und da kam diese Brücke auf. Seitdem stand für mich fest, dass ich da unbedingt hinwollte. 😀 Die arme Kathrin hat mich abends gar nicht vom Fluss weggekriegt… Und jaaa, das Essen ist viel besser. Und die Smoothies und Kokosnüsse, und der Kaffee…
Maks Kommentar ist nichts hinzuzufügen ;)))
Aber ernsthaft: Dass Da Nang so eine schöne Stadt ist, hätte ich nicht gedacht. Sie war mir ehrlich gesagt ein Begriff von einer weniger schönen Seite – der Name der Stadt wurde während des Vietnam-Krieges oft genannt…
Den feuerspeienden Drachen hätte ich mir auch gern angeguckt, so etwas sieht man ja wahrscheinlich nirgends sonst (glaub ich jedenfalls)
Liebe Grüße euch Beiden aus Dresden!
Hihi, bin mir nicht sicher, was er damit sagen wollte… 😉
Das wusste ich gar nicht über Da Nang. Auf jeden Fall ist alles noch ziemlich neu (wie in vielen vietnamesischen Städten) – ein Hinweis darauf, dass es im Krieg zerstört wurde. Da hat sich die Stadt aber wirklich aufgerappelt.
Ich wüsste auch nicht, wo man so etwas sonst noch sieht. Fand ich aber eine klasse Idee von den Stadtplanern und Architekten – „wenn wir schon eine Brücke brauchen, dann lasst sie uns gleich richtig cool bauen“. Die meisten Schaulustigen waren Einheimische, was zeigt, dass die Brücke samt Spektakel gut angenommen wird.
Liebe Grüße (inzwischen aus Mui Ne)
Hallo, weiter geht’s! Der erste Teil ist vermutlich gelöscht. Oder ?
Jedenfalls hat uns der Bericht über das Verkehrschaos in Hanoi fasziniert. Da ist ja das uns bekannte Manhatten ein ruhiges Pflaster dagegen!
Inzwischen wart ihr in Da Nang. Den feuerspeiende Drachen hätten wir auch gern selbst gesehen. Die Buddha-Statue hat uns an die Freiheitsstatue erinnert. Viel Spaß und guten Appetit bei den Gerichten für die Veggies und andere Leute! Wie schafft ihr bloß das alles – die super Videos z. B.?
Halli hallo, nein nein, alles noch da, hier wird doch nichts gelöscht! 😉
Den Vergleich kann ich nicht ziehen, da ich Manhattan noch nicht gesehen habe, aber im Verhältnis zu den anderen Ländern, die wir bisher bereist haben, ist es hier definitiv am schlimmsten. Wobei uns andere Weltenbummler versichterten, es wäre noch nichts gegen Indien (was aber nicht auf unserer Reiseliste steht).
Ach, so schwierig ist das alles gar nicht. Unsere gesamte Technik besteht pro Person aus einem Smartphone, einer ganz kleinen Digitalkamera und einem kleinen Laptop. Die kleinen Kameras machen schon ziemlich gute Videos (auch die Handys), und für die Nachtfotos verwende ich ein ein Stativ (von der Größe einer Handcreme-Tube) und den Selbstauslöser, damit die Kamera ganz ruhig steht.
Danke für’s Mitlesen und heiße Grüße (32 Grad) ins kalte Dresden.
Was heißt hier „kaltes Dresden“?? Wir hatten gestern vormittag bei strahlendem Sonnenschein 14° !!
Für November kann man da nicht meckern ;)))
Hallo ihr, freut mich zu lesen dass ihr besseres Essen gefunden habt. Das und schlechtes Wetter kann ganz schön auf das gemüt schlagen. Allerdings habe ich vietnamesisches essen, gekocht in Holland nicht in schlechter Erinnerung, viel Gemüse, darunter aber kohl (pak choi). Wir haben in Nantes einen feuerspeienden Drachen gesehenen, der sich wie der Elefant auf Rädern bewegt. Der ist jetzt allerdings in Peking, ein Geschenk an china. Ich fand den auf Rädern schon imposant, aber auf ner Brücke ist es bestimmt noch besser.
Gute weiterfahrt! Was ist das nächste ziel?
Huhu 🙂 Ja, wir waren auch überrascht, da wir von anderen Reisenden viel Enthusiasmus über das Essen gehört hatten. Im Norden hatte ich manchmal das Gefühl, dass Kohl das einzige Gemüse ist, aber wie gesagt, ab Zentralvietnam und im Süden ist es viel besser geworden. An die chinesische Küche kommt es aber meiner Meinung nach trotzdem nicht heran.
Stimmt, von dem Drachen in Nantes hattest du mir ein Video gezeigt. 🙂
Heute fahren wir nach Ho Chi Minh City (Saigon) und entweder von dort nach Kambodscha oder vorher noch ins Mekongdelta weiter südlich.
Liebe Grüße ins herbstliche Europa. 🙂
Hallo Ihr,
die weiße große Statue scheint uns eher die in Asien hochverehrte Bodhisattva des Mitgefühls „Guan Yin“ zu sein. Schutzgöttin vor allem für alle weiblichen Belange.
Für Eure Reise also bestens geeignet. 😉
Beste Grüße, Jörg & Susanne aus DD
Danke für den Hinweis, ihr beiden. Das klingt plausibel und ist wirklich sehr passend für uns. Und sie hat uns ja ganz pragmatisch auch direkt Schutz vor dem Regen unter ihren Füßen gewährt. 😉