Hallo ihr Lieben, unsere letzten Beiträge über die Canyons Arizonas und die Wüste Nevadas liegen zwar erst zwei Tage zurück, aber hier ist schon der nächste Eintrag. Wir waren fleißig. 😉
16. Oktober 2017, San Francisco/Kalifornien
Seit vier Tagen sind wir autofrei und verdammt glücklich darüber. Eigentlich wollten wir in Kalifornien nur noch drei Nationalparks besuchen, aber irgendwie artete das dann doch wieder in mehr Fahrerei aus als gedacht. Eigentlich hätte uns das nach unseren bisherigen Erfahrungen nicht mal mehr überraschen sollen.
Mit einer Übernachtung in einem größeren Ort namens Ridgecrest erreichten wir den Sequoia-Nationalpark. Sequoias gehören zu den größten Bäumen der Welt und wachsen hoch oben in den Bergen der Sierra Nevada. Beim Anblick der riesigen Stämme wurde uns bewusst, wie lange wir nun in der Wüste gewesen waren, wo uns die Vegetation selten überragt hatte. Hinauf, hinauf, hinauf führte die Fahrt in engen Serpentinen, bis wir einen tollen Blick auf die bewaldeten Berghänge hatten und das Auto stehen ließen, um zwischen den Baumriesen wandern zu gehen.
Auch hier wieder keine Bären, aber einmal sahen wir etwas, das ein Otter oder ein Murmeltier hätte sein können, es war leider zu weit entfernt. Die Sonne schien, es war warm und trocken und sehr friedlich. Wir verrenkten uns den Nacken, um bis in die Wipfel der Baumgiganten zu schauen, die mit ihren dicken, astlosen Stämmen bestens an die häufigen Waldbrände in den trockenen Bedingungen der Sierra angepasst sind. Wir lernten, dass Feuer sogar überlebenswichtig für die Sequoias ist, da sich die Samen ihrer Zapfen nur unter extremer Hitze öffnen. Die jungen Bäumchen wachsen danach sehr schnell auf eine große Höhe und bilden erst weit oben Äste aus. Ihre Rinde ist bis zu zehn Zentimetern dick und bietet ihnen damit Schutz vor dem Feuer. Tatsächlich sahen wir kaum einen Baum, der nicht auf den unteren Metern schwarz verkohlt war.
Nur eine Tagesfahrt entfernt lag der benachbarte Yosemite-Nationalpark, den wir uns natürlich nicht entgehen lassen wollten. Die Straße führte bergauf und bergab, um viele Kurven, durch Wälder und Täler, an steilen Hängen entlang, und wie so oft in den USA suchte man eine Leitplanke vergebens. Nicht selten trennte uns nur die weiße Randlinie von einem mehrere hundert Meter tiefen Abgrund, und das meine ich wortwörtlich. Da war kein Seitenstreifen mehr; die Fahrbahn endete exakt mit der Linie. Dafür, dass man sich in den venezianischen Gondeln in Las Vegas anschnallen musste, haben sie es in anderen Bereichen wie dem Straßenverkehr nicht unbedingt mit der Sicherheit.
Aber wir kamen gut an und folgten der Schlängelstraße hinunter ins Yosemite Valley, dem Kern des Nationalparks, das in der letzten Eiszeit von Gletschern aus dem Fels gegraben wurde. Bei bestem Wetter bestaunten wir die atemberaubend hohen Granitwände von El Capitan und Half Dome, die über eintausend Meter hoch senkrecht in den Himmel aufragen, und liefen durch das Tal zu den Yosemite Falls, die leider wegen Wassermangels nicht sehr beeindruckend waren. Im Frühjahr, wenn sie vom Schmelzwasser des Schnees gespeist werden, müssen sie ein gewaltiges Bild abgeben, gehören sie doch mit ihren fast 750 Metern zu den höchsten Wasserfällen der Welt.
Unsere Übernachtung mussten wir wieder einmal aus Kostengründen auslagern und hatten aufgrund der kurvigen Straßen und mehrerer Baustellen rund anderthalb Stunden Anfahrt bis in ein Kaff namens Coarsegold, wo sich zwar nicht Fuchs und Hase gute Nacht sagten, aber dafür die Kojoten nach Einbruch der Dunkelheit fast direkt vor der Moteltür heulten.
Am nächsten Tag fuhren wir den ganzen Weg wieder zurück in den Park, um wandern zu gehen. Diesmal ging es aber nicht hinunter ins Tal, sondern hinauf zum Glacier Point, der gut tausend Meter über dem Tal lag. Aber schon bevor wir überhaupt den Wanderparkplatz erreichten, warnten Schilder vor schlechter Sicht durch Waldbrände und dann dauerte es nicht mehr lange, bis wirklich die ganze Straße eingeräuchert war. In dieser Gegend sind Waldbrände eine ganz natürliche Erscheinung. Wurden die Brände früher gelöscht, weiß man inzwischen, dass man es damit nur schlimmer macht. Das Feuer vernichtet hier in erster Linie das Unterholz, während die großen Bäume wie Sequoias nicht brennen. Wird das Unterholz nicht regelmäßig durch kleine Brände gerodet, akkumuliert sich mit der Zeit eine solche Menge davon, dass ein Feuer irgendwann verheerende Ausmaße annehmen kann. Daher werden kleine Feuer nur überwacht. Für uns war es nun Pech, denn bei dem Qualm wollten wir nicht wandern gehen. Stattdessen fuhren wir nur bis zum Aussichtspunkt über das Yosemite Valley, der uns dafür aber mit fantastischen Blicken über den Park entschädigte. Zudem sahen wir am Horizont ziemlich dunkle Wolken aufziehen. Wir hatten jetzt seit Wochen nur Sonnenschein und tiefblauen Himmel, sodass wir nicht einmal auf die Idee gekommen waren, nach dem Wetter zu schauen. Im Endeffekt war es dann doch Glück, dass wir nicht wandern gegangen waren, denn es dauerte nicht lange, bis es anfing zu regnen und dann zu schütten.
Da waren wir aber schon im nächsten Ort, wo wir eine Jugendherberge ausfindig gemacht hatten und mal wieder die Annehmlichkeiten einer Küche nutzten, um etwas anderes zu essen als Tütensuppe aus der Mikrowelle (okay, Spaghetti mit Tomatensauce, aber trotzdem!). Das Hostel bestand aus mehreren kleinen Häusern, von denen wir eines ganz für uns hatten, da nicht viele Gäste da waren; es war, als ob wir zumindest für eine Nacht unser eigenes Einfamilienhäuschen in der Sierra Nevada hätten, sehr gemütlich.
Als am nächsten Morgen wieder in altvertrauter Manier die Sonne schien, starteten wir einen erneuten Wanderversuch, allerdings in einer anderen Gegend des Nationalparks. An einem Stausee mit dem etwas kuriosen Namen Hetch Hetchy gab es einen wunderschönen Weg auf halber Höhe entlang der Felswand zu zwei Wasserfällen, von denen aber aufgrund der Jahreszeit nur einer Wasser führte. Die Aussicht auf die Felsen und den See war wunderschön, und wir sahen schuppige Geckos und wieder viele Ziesel, eine Art Hörnchen, die vorwiegend auf dem Boden leben.
Das war ein schöner Abschluss für Yosemite, bevor es mal wieder Autofahren hieß (merkt man, dass wir es allmählich satt haben?). Klar, wir hätten auch noch in der Gegend bleiben können, aber der Redwood-Nationalpark stand schon so lange auf unserer Wunschliste und immerhin lag er doch im selben Bundesstaat… Am Ende waren es zwei volle Tage Fahrt bis dorthin – Kalifornien ist echt groß, und die Baustellen trieben uns die Wände hoch. So viele Straßen gibt es ja nicht, und wenn da mal eine nicht befahrbar ist, hat man ein echtes Problem. Unser Highway sollte laut einer elektronischen Anzeigetafel gesperrt sein, aber es stand nicht darauf, wo die Baustelle lag und wo die Umleitung entlang führte. Im Endeffekt standen wir plötzlich vor einer Frau mit Stoppschild, die uns in ruppigem Ton mitteilte, dass das jetzt hier die Baustelle sei, die nächste Öffnung für den Verkehr in drei Stunden stattfände uns es keine Umleitung gäbe… Na klasse. Hätte man das nicht vorher irgendwo hinschreiben können? Drei Stunden im Wald warten wollten wir nicht, also fuhren wir zurück und auf einen anderen Highway. Diese Strecke, die als einziges als so eine Art Umleitung durchgehen konnte, war 120 Kilometer länger und, Überraschung, auch wegen einer Baustelle mehrere Stunden am Tag gesperrt. Grrrrr! Aber zumindest hatte man hier intelligenterweise am Anfang der Straße ein Schild mit all diesen Informationen aufgestellt. Nochmal umkehren hatte keinen Sinn, also gingen wir in der Zeit Mittag essen und bis wir fertig waren, war die Straße wieder offen. Erst nach Einbruch der Dunkelheit erreichten wir Crescent City, den Ausgangspunkt für die Redwoods.
Dafür entschädigten uns die riesigen Redwoods, die wohl mit den Sequoias um den Rang der höchsten Bäume der Welt konkurrieren. Redwoods sind schmaler und ihre Äste setzen niedriger an, aber sie sind nicht minder beeindruckend. Da sie in den feuchten Küstenregionen Kaliforniens gedeihen, werden sie seltener Opfer von Waldbränden und ihre Wälder sind sattgrün. Wir wanderten zwei verschiedene Wege im Schatten der Baumriesen entlang, einen vormittags und einen nachmittags, und dann ging ich allein noch einen ganz früh am nächsten Morgen kurz nach Sonnenaufgang, wo es unglaublich still und friedlich war.
Eine Tagesfahrt südlich quartierten wir uns in Fort Bragg, einem kleinen Städtchen an der Pazifikküste ein, wo wir uns nochmal ein bisschen von der Fahrerei erholen wollten. Wir verbrachten zwei Tage dort; es gab einen hübschen, historischen Ortskern an und einen Wanderweg entlang der Klippen, der leider noch nicht fertig angelegt und daher nicht durchgehend war, wie ich auf halber Strecke feststellen musste – also den ganzen Weg wieder zurück und am nächsten Tag nochmal von der anderen Seite entlanggelaufen. Beachtenswert war der Glass Beach: einst eine Mülldeponie, besteht der Strand heute größtenteils aus vom Meer glattgeschliffenen Glasstückchen in allen Größen, Formen und Farben. Zahlreiche Sammler saßen auf Felsen und angeschwemmten Baumstämmen und suchten nach besonders schönen Fundstücken.
Von Fort Bragg aus fuhren wir den Küstenhighway nach Süden bis nach Sausalito vor den Toren San Franciscos. Nur die Golden Gate Bridge trennte uns noch von unserem Ziel, aber wir verbrachten die Nacht in einer Jugendherberge in den Marin Headlands, einem Landschaftsschutzgebiet nördlich der Brücke, von wo aus man auch beste Sicht auf den Sonnenuntergang über dem Pazifik hatte. Dieser war leider sehr getrübt vom Smog der verheerenden Brände im nicht weit entfernten Napa Valley, von dem ja auch in den deutschen Nachrichten zu hören war.
Am nächsten Morgen fuhren wir über die Golden Gate-Brücke, was wirklich ein tolles Erlebnis war. Bis zum Flughafen war es nur eine Stunde Fahrt durch die Stadt, und dort gaben wir endlich unser Auto ab, das wir irgendwann mal auf den Namen Blacky getauft hatten. Reichlich 10.000 Kilometer, also ein Viertel um den Äquator, sind wir in sechs Wochen gefahren. Von der Anstrengung mal abgesehen, waren wir auch nicht sonderlich zufrieden mit dem Auto. Ölwechsel, Reifendruck-Warnlampe, Brems-Warnlampe, und bei Regen hatte man das Gefühl, die Tropfen schlagen jeden Moment durch das Pappdach des Autos. Ständig schien irgendetwas zu sein, und besonders in Anbetracht des 2017er Baujahres war das nicht besonders beruhigend – so ein neues Auto hätte doch eigentlich tadellos in Ordnung sein müssen? Vielleicht muss es erstmal eingefahren werde… Wir waren jedenfalls mehr als froh, es endlich loszuwerden und mit der Metro in die Stadt zu fahren, wo wir für die nächsten vier Nächte zwei Betten im Schlafsaal eines Hostels gebucht hatten.
Noch am Nachmittag machte ich einen ersten Stadtbummel – unser Hostel hatte wirklich eine super Lage direkt im Zentrum, in Laufentfernung vieler interessanter Stadtviertel und Sehenswürdigkeiten. Damit verbrachten wir im Prinzip unsere gesamte Zeit in der Stadt. Einen Tag schlenderten wir durch Japantown, also die japanische Version von Chinatown, wo es unglaublich faszinierende Läden und sehr authentische Restaurants gab. Einen Tag trennten wir uns und während Kathrin im Hostel eine ruhige Kugel schob, besuchte ich Castro Town, das Viertel wo die Schwulen- und Lesbenbewegung ihren Anfang nahm, und das dort gelegene GLBT-Museum. Nachmittags trafen wir uns zu einem späten Mittag- bzw. zeitigen Abendessen (auch Linner genannt, sozusagen das Nachmittagsbrunch) in der Cheesecake Factory. Wer wie ich dachte, dass es sich dabei um eine Fabrik für Käsekuchen handelt, liegt falsch. Es ist eine Restaurantkette, die für all ihr Essen – süß wie herzhaft – berühmt ist. Obwohl es sich um eine Kette handelt, gibt es nicht viele Filialen – in San Francisco nur die eine, weshalb man dort mindestens eine halbe Stunde wartet, um platziert zu werden, und das ist noch kurz. Aber das Essen war auch wirklich lecker. Kathrin aß einen opulenten Salat mit Grünzeug, Birne und Heidelbeeren, und ich ein Stück Cheesecake – wenn wir schonmal in der Cheesecake Factory waren und es Auswahl aus über zwanzig verschiedenen Sorten Käsekuchen gab. Ich entschied mich für Tiramisu-Cheesecake mit warmem Fudge, was so eine Art Schokosauce war, unglaublich lecker und in sich schon eine Mahlzeit. Für Kathrin gabs dann noch ein Stück Chocolate Tuxedo Silk Cheesecake zum Nachtisch.
Am nächsten Morgen spazierten wir durch Chinatown und Little Italy bis zum Hafen, wo wir eine Weile die Seelöwen am berühmten Pier 39 beobachteten, die dort frei leben und sich weder von Touristen noch dem regen Bootsverkehr stören lassen. Nur eine fünfzehnminütige Bootsfahrt entfernt lag die Gefängnisinsel Alcatraz, deren berühmtester Insasse Al Capone war, wie Kathrin auf einer Tour erfuhr. Das Gefängnis war eher eine Art Zuchthaus; wer dort endete, sollte in Stille über seine Taten nachdenken (die meiste Zeit des Tages bestand Schweigepflicht in den winzigen Zellen) und war nicht tauglich für reguläre Gefängnisse. Al Capone beispielsweise, der übrigens letztendlich wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde – keine seiner anderen Taten konnte ihm je nachgewiesen werden – hatte im normalen Gefängnis mehr Einfluss als die Wärter gehabt, seine Zelle mit einem Perserteppich eingerichtet und sich sein Essen von außerhalb liefern lassen, da ihm das Gefängnisessen nicht zusagte (vermutlich zurecht). Es gab natürlich auch immer wieder Ausbruchsversuche in Alcatraz, und bei einigen Vermissten weiß man bis heute nicht, ob sie es über die Bucht geschafft haben oder ertrunken sind. Geflohen 1939, werden drei Herren noch immer gesucht – die Fahndung läuft, bis sie 99 Jahre alt sein müssten.
Meinereins erklomm in der Zeit den Telegraph Hill mit Aussicht auf Bay Bridge, Golden Gate und Alcatraz sowie die Lombard Street, auf der die Autos sich in engen Kurven den Hang hinab schlängeln. San Francisco ist sehr bergig, kein Spaziergang führte durch ebenes Gelände, und teilweise war die Steigung so steil, dass es statt Fußwegen Treppen gab! Mit der berühmten Cable Car fuhren wir am Ende nicht, sahen sie aber oft (im Stau stehend), vollgepackt mit Touristen, die allesamt draußen auf den Trittbrettern mitfuhren, während drin noch viele Plätze frei waren.
Alles in allem hatten wir wirklich eine schöne Zeit in San Francisco; die Stadt hat sehr viel Charme und selbst wenn man nur durch die verschiedenen Viertel läuft, gibt es schon so viel zu sehen, dass man sich tagelang beschäftigen kann.
Nun, während ich diesen Eintrag schreibe, sind wir auf dem Weg zu unserem letzten Ziel, New York. Und wir beenden unsere große Reise, wie wir sie begonnen haben: mit einer langen Zugfahrt. Vier Tage und drei Nächte werden wir jetzt unterwegs sein, mit einem Umstieg in Chicago, einmal quer durch die USA. Wir haben für die ersten drei Tage/zwei Nächte eine Roumette, sozusagen ein Zweibett-Abteil, wo wir tagsüber sitzen können und nachts zwei Betten übereinander haben. Es sind sogar alle Mahlzeiten im Preis inklusive; wir waren vorhin schon Mittag essen und es gab sogar Nachtisch. 🙂 Nun werden wir die Füße hochlegen und die Seele baumeln lassen, während die Landschaft an uns vorüberzieht und wir drei Zeitzonen bis zur Ostküste passieren…
Ihr wart tatsächlich fleißig – vielen Dank für 3 sehr interessante Beiträge. Über die Kilometer, die Ihr mit dem Auto zurückgelegt habt, kann man nur staunen. Aber anders hättet Ihr sicher nicht annähernd so viel gesehen.
Cheesecake Factory ist berühmt geworden durch „The Big Bang Theory“.
Penny hatte dort gearbeitet als Kellnerin…
Hey heroic, I don’t know how to explain how I feeling this moment, like to watch a film run to the end ,congratulations from Beijing.