Zwischen Himmel und Erde – Hawaii

11. August 2017, Mission/Kanada

Aloha, liebe Leserinnen und Leser, heute wollen wir euch von unserem zweiwöchigen Zwischenstopp im Inselparadies Hawaii berichten.

Der Flug dorthin führte uns nicht nur 8,5 Stunden über den Pazifik, sondern auch über die Datumsgrenze: Donnerstag abend losgeflogen, Donnerstag morgen gelandet – quasi ein Flug in die Vergangenheit. In Honolulu angekommen, wurden wir leider nicht mit Blumenkränzen begrüßt, wie wir uns das vorgestellt hatten, aber zumindest war es endlich wieder einmal richtig schön warm. Wir nahmen einen Shuttlebus zu unserem Hostel in der Stadt und konnten schon vormittags einchecken. Eine Dusche und ein paar kurzhosige und -ärmelige Kleidungsstücke später machten wir uns auf, die Umgebung zu erkunden und etwas zu essen aufzutreiben.

Wir waren nicht im Zentrum von Honolulu untergekommen, aber dafür in der Tourismus-Hochburg schlechthin: Waikiki. Ein riesiges Hotel stand neben dem nächsten, die kleinen Gebäude zwischen den Hochhäusern quollen über vor Souvenirgeschäften und Restaurants, und auf den Gehwegen drängten sich die Touristen in blumigen Hawaii-Hemden oder auch einfach nur sehr knapper Badekleidung, teils mit Surfboard unterm Arm oder Kindern an der Hand. Man sah Menschen jeden Alters, jeder Hautfarbe, viele Familien, und vor allem viele Japaner, für die Hawaii eines der beliebtesten Reiseziele überhaupt ist, und viele leben auch hier. Während am Flughafen in Auckland alles in Englisch und Chinesisch ausgeschildert war, ist es hier Englisch und Japanisch. So verwundert es wahrscheinlich nicht, dass wir die meiste Zeit in Honolulu japanisch aßen; Sushi war tatsächlich auch eines der günstigsten Gerichte, wenn man es im japanischen Supermarkt kaufte.

Am Nachmittag setzten wir uns an den Strand, den legendären Waikiki Beach, quasi die Copa Cabana Hawaiis. Man muss sagen, dass er – vor allem für so einen überfüllten Strand mitten in der Stadt – sehr sauber war. Es lag kein Müll herum, das Wasser hatte eine tolle Farbe und irgendwie schafften es die vielen Touristen, sich trotzdem nicht gegenseitig auf die Pelle zu rücken, auch wenn es im Wasser ziemlich voll war.

Ala Moana Beach, im Hintergrund Waikiki und Diamond Head, ein erloschener Vulkan

Am nächsten Tag nahmen wir den öffentlichen Bus ins eigentliche Stadtzentrum und liefen dort bei kuscheligen 32 °C die Sehenswürdigkeiten ab, angefangen von Chinatown, das nicht besonders chinesisch wirkte, über das State Capitol bis hin zum Palast – Hawaii war eine Monarchie, bevor es von den USA annektiert wurde. Honolulu erweckte den Eindruck einer ziemlich entspannten Metropole mit seinen weniger als 400.000 Einwohnern (auch wenn im Großraum etwa eine Million leben), aber an einem Nachmittag hat man hier alles gesehen. In einem Park am Strand fand eine Art Nachtmarkt statt, zu 95% Fressbuden mit Leckereien aus aller Welt, wo wir unser Abendessen kauften, und anschließend liefen wir an der Küste entlang bis zu einem der Hilton Hotels, das jeden Freitag nach Sonnenuntergang ein Feuerwerk veranstaltete. Man konnte zwar vor Schaulustigen am Strand kaum noch treten, aber wir fanden noch ein Fleckchen zum Sitzen und genossen das Spektakel.

In unserem Hostel-Dorm hatten wir uns mit Charlotte aus Deutschland und Jennifer aus New Jersey angefreundet, und da Jennifer ein Mietauto hatte, bot sie uns an, uns zu ihren Ausflügen um die Insel mitzunehmen. Samstag fuhren wir in die nicht weit entfernte Hana’uma Bay, die für gutes Schnorcheln berühmt ist. So berühmt, dass der Parkplatz vormittags schon voll war, als wir ankamen; zum Glück gab uns ein anderer Tourist einen Tipp, dass wir unten im Ort an der Mall parken könnten, von wo es ein Shuttle gäbe. Als wir es dann eine gute halbe Stunde später endlich an den Eingang zur Bucht geschafft hatten, mussten wir dort erst einmal Eintritt zahlen und uns dann am „Kino“ anstellen, wo ein für alle Besucher obligatorischer Informationsfilm über die Bucht gezeigt werden sollte. Da der Projektor kaputt war, lauschten wir stattdessen einem Kurzvortrag einer der freiwilligen Umweltschützerinnen, die erklärte, was man beim Schnorcheln alles nicht machen soll – nichts anfassen, nirgends drauftreten, nichts mitnehmen usw. – und dann durften wir endlich hinunter an den Strand, wo wir einen halbwegs schattigen Platz unter einer Palme fanden, den wir aber noch mit zwei anderen Gruppen teilen mussten. Wir verbrachten ein paar Stunden in der Bucht (Schnorchelausrüstung hatten wir im Hostel ausgeliehen) und es war wirklich schön, trotz der vielen Menschen und auch wenn es nicht so viele Fische wie in Südostasien zu sehen gab.

Hana’uma Bay

Am Nachmittag fuhren wir noch zum nicht weit entfernten Koko Head, einem etwa 300 Meter hohen Berg nahe der Bucht, auf den in schnurgerader Linie ein altes Eisenbahngleis hoch führt, das heutzutage als eine Art Treppe dient. Wir starteten erst am späten Nachmittag, als die Sonne nicht mehr so brannte, aber es war immer noch heiß, sehr heiß. Definitiv zu heiß, um auf Berge zu steigen. Von weitem hatte es eigentlich nicht so schlimm ausgesehen, aber je steiler der Weg anstieg, desto anstrengender wurde es. Der Schweiß lief uns in Bächen aus allen Poren. Meine Finger wurden taub, weil mein Kreislauf nicht ganz mitmachte. Nach einem Drittel der Strecke konnte ich nicht mehr – Pause, hinsetzen. Vielleicht noch zehn Stufen weiter. Wieder hinsetzen. Noch ein paar Meter – aber jetzt konnte ich wirklich nicht mehr. Geht ohne mich weiter, wir treffen uns am Auto. Ein paar Minuten später wieder ein paar Stufen, vielleicht 10-20 Höhenmeter? Nur noch ein kleines Stückchen weiter? Aber nicht bis hoch, definitiv nicht. Erstmal Pause. Von hier ist die Aussicht doch eigentlich auch schon ganz schön. Die anderen drei sind schon weit voraus, von Jennifer ist bereits nichts mehr zu sehen. Na gut, noch ein ein Stück, muss ja nicht bis ganz hoch sein…

Schlimmer als er aussieht: der Koko Head Trail

So in der Art ging es fast eine Stunde lang, aber was soll ich sagen, am Ende haben wir es doch alle irgendwie nach oben geschafft, und man hatte einen tollen Rundumblick auf die Hana’uma Bay, Honolulu in der Ferne und die Berge in der Inselmitte. Insgesamt war die Natur aber viel trockener und weniger grün, als wir uns das in Hawaii vorgestellt hatten. Die einzigen waren wir natürlich auch hier nicht; auf der Treppe wimmelte es nur so von Wanderern und Fitnesswütigen; viele Leute trainieren hier auch einfach. Für den Hawaii Ironman oder so. Wir mussten jedenfalls wieder unten erst einmal am nächsten Supermarkt jeder eine große Flasche Gatorade kaufen, so eine Art Elektrolyt-Limonade, um unsere leeren Tanks aufzufüllen. Wir machten noch einen kurzen Stopp an einem Blowhole, das aber nicht sonderlich beeindruckend war, bevor wir nach Honolulu zurückfuhren.

Blick vom Koko Head auf die Hana’uma Bay…

…und in Richtung Honolulu

Der nächste Tagesausflug führte uns zum North Shore, der Strandregion im Norden der Insel. Am Turtle Beach sahen wir tatsächlich Meeresschildkröten – ein halbes Dutzend trieb im kristallklaren Wasser direkt vor dem Strand, und eine lag sogar im Sand und sonnte sich. Eine Freiwillige passte auf, dass niemand der Schildkröte zu nahe kam und erklärte uns, dass nur hawaiianische Schildkröten zum Sonnenbaden an Land kommen, und das auch erst mit zunehmendem Alter.

Wie viele Schildkröten haben sich in diesem Bild versteckt?

Meeresschildkröte sonnt sich

Im kleinen Ort Haleiwa aßen wir Mittag an einer Gruppe Fressbuden, von denen zumindest eine anscheinend in jedem Reiseführer stand, denn wir warteten dort locker eine halbe Stunde oder länger, weil Jennifer die Shrimps probieren wollte. K und B hielten sich lieber an eine andere hawaiianische Spezialität, die Acai-Bowl: Sorbet aus Acai-Beeren, darauf Obst (Bananen, Erdbeeren und Heidelbeeren), Müsli und Honig – sehr erfrischend und leicht, bei der Wärme genau das richtige.

Acai Bowl: gesund und lecker!

Danach fuhren wir zum Baden an den Waimea Beach, der mit goldenem Sand und türkisblauem Wasser lockte, aber leider auch entsprechend gut besucht war. Wir fanden einen schattigen Platz unter ein paar dürren Palmen und wechselten uns mit dem Badengehen ab. Das Wasser war ideal zum Schwimmen, wenn auch etwas kälter als erwartet – vermutlich der Lage mitten im Pazifik geschuldet. Es war ein sehr schöner Nachmittag, bis auf den Teil wo mich wieder der Plankton am ganzen Körper biss, und als ob das noch nicht genug gewesen wäre, trat ich mir zwischen all den dürren Ästen und vertrockneten Palmblättern neben unserer Sitzecke auch noch einen Schiefer ein. Nur dass es eher ein mehrere Millimeter dicker, spitzer Ast war, und dieser sich gefühlt mehrere Zentimeter tief in die Seite meines Fußballens am großen Zeh bohrte. Vor lauter Schreck zog ich ihn gegen etwas Widerstand wieder heraus und dann tat es sehr, sehr weh. Mit Kathrins Hilfe humpelte ich zum Rettungsschwimmer-Häuschen (die Lifeguards sind hier zugleich Ansprechpartner für Wehwehchen aller Art), wo man die Stelle desinfizierte und ein Pflaster draufklebte, und dann wurde ich sogar mit dem Quad zu unserem Auto gefahren, wo die anderen inzwischen warteten. Kathrin holte mir abends eine antibiotische Salbe, die der Rettungsschwimmer empfohlen hatte, und dann war Hawaii für mich erstmal gelaufen.

Die nächsten zwei Tage lag ich nur im Bett und hüpfte allenfalls auf einem Bein ins Bad, da ich beim besten Willen nicht auftreten konnte; der ganze Fuß war geschwollen. Kathrin brachte mir Essen und machte mit Jennifer noch einen Ausflug zum Diamond Head, sozusagen dem Hausberg von Waikiki, der ein erloschener Vulkan ist.

Blick auf Honolulu und den Diamond Head

Der innere Krater des Diamond Head

An unserem letzten Abend in Honolulu gingen wir zu einer Hula-Show am Strand, die nur ein paar hundert Meter von unserem Hostel entfernt war, soweit humpeln konnte ich bis dahin schon wieder. Verschiedene Gruppen traten dort auf, unter anderem mehrere Urlauber, die während ihrer Zeit in Hawaii Hula-Stunden genommen hatten, und vor allem zwei kleine Jungen aus Japan taten es uns und wahrscheinlich allen anderen Zuschauern an.

Zwei kleine Cowboys bei der Hula Show

Und damit endete unsere Zeit auf der Insel Oahu schon; am nächsten Morgen halb acht flogen wir auf die größte und südlichste der hawaiianischen Inseln: das eigentliche Hawaii, auch Big Island genannt. Der Flug dauerte nur eine knappe Stunde und kaum, dass wir den Flieger verließen, merkten wir, dass die Uhren hier ganz anders tickten. Der Flughafen von Hilo war winzig, die Gepäckbänder befanden sich quasi schon draußen in der offenen Lobby und wenn man den Blick schweifen ließ, sah man nur ein paar kleine Häuschen und weite, grüne Hänge in der Ferne. Die Umgebung war auffällig flach, dafür dass das doch hier die Insel der Vulkane sein sollte? Wir nahmen uns ein Taxi zu unserem Hostel, aber dort angekommen mussten wir feststellen, dass das kleine Holzhaus verschlossen war und weder eine Klingel noch eine Telefonnummer hatte. Wir lungerten gut und gern eine Viertelstunde ratlos draußen herum, bis zufällig doch einmal jemand herauskam – glücklicherweise ein Freiwilliger, der dort arbeitete und uns trotz der frühen Stunde schon einchecken ließ.

Hilo aus der Luft

Hilo war nach dem hektischen Waikiki ein wahrer Segen, so klein und verschlafen; fast alle Gebäude waren hübsche, bunte Holzhäuser (bei den zahlreichen Erdbeben stabiler als Stein) und kaum eines war höher als zwei Stockwerke. Unser Hostel war ein blaues Häuschen mit einer gemütlichen Veranda im ersten Stock, auf der wir viel Zeit verbrachten, da ich ja weiterhin kaum laufen konnte. Zum Glück hatten wir einen Mietwagen reserviert, den wir am nächsten Morgen abholen konnten. Hatte es auf Oahu noch ein sehr gutes Busnetz gegeben, fuhr der öffentliche Bus hier vielleicht fünfmal am Tag und sobald man zu den Vulkanen oder Wasserfällen wollte, war man auf das Auto angewiesen – die Insel heißt nicht umsonst Big Island. Und so chauffierte Kathrin mich fortan zu allen Sehenswürdigkeiten, wo ich dann nur die paar Schritte vom Parkplatz bis zum Aussichtspunkt humpeln musste.

Wir schauten uns ein paar schöne Wasserfälle an und fuhren zum Aussichtspunkt über das Waipio Valley, ein sattgrünes Tal zwischen senkrechten Wänden, an einer Seite offen zum Meer. Einen Tag fuhren wir einmal um die ganze Insel herum und stellen fest, dass das wirklich sehr weit war (über 360 km). Bei dieser Gelegenheit machten wir auch eine Mittagsrast in Kona, der anderen „Stadt“ auf Big Island, und waren froh, dass wir nicht dort wohnten. Wo Hilo grün und ruhig war, war Kona heiß, hektisch, und lag mitten in einer savannenähnlichen Einöde auf der Nordwestseite der Insel. An einem schwarzen Strand sahen wir Meeresschildkröten in der Brandung schwimmen.

Die Akaka Falls

Ausblick über das Waipio Valley

Black Sand Beach

Eines schönen Nachmittags machten wir uns auf zum Mauna Kea, dem höchsten Punkt von Big Island und – vom Meeresboden aus gemessen – höchsten Berg der Welt mit über 10.000 Metern. Wir hatten etwas Sorge, dass wir oben nichts sehen würden, da es eigentlich immer bewölkt war, aber nach einer Weile ließen wir die Wolken unter uns und schauten über sie hinweg. Das Kuriose an Big Island ist, dass es sich zwar im Prinzip um eine einzige, aus dem Meer aufragende Vulkanmasse handelt, man aber auf der Insel nicht wirklich Berge sieht. Obwohl man weite Strecken mit dem Auto zurücklegt, hat man das Gefühl, sich immer nur auf einer leicht geneigten Ebene zu befinden. Doch eh man es sich versieht, ist man auf 3000 Meter Höhe am Besucherzentrum des Mauna Kea angekommen. Der Gipfel liegt noch ein Stück höher (auf 4.207m), doch dorthin hätte nur eine Schotterpiste für Allradfahrzeuge geführt – leider in unserem Mietvertrag ausgeschlossen. Aber es gab trotzdem viel zu sehen.

Mauna Kea

Der Mauna Kea liegt in punkto Lichtverschmutzung in einer besonders dunklen Gegend, so mitten im Pazifik, das heißt, wenn es dunkel wird, sieht man besonders viele Sterne. Daher befindet sich auf dem Gipfel ein großes Observatorium, und unten im Besucherzentrum werden regelmäßig Informationsabende veranstaltet. Entsprechend waren wir nicht die einzigen Besucher und mussten schon froh sein, noch einen Parkplatz zu erwischen, aber in den Vortrag eines Observatoriumsmitarbeiters kamen wir leider nicht mehr hinein. Stattdessen stiegen wir auf einen Hügel und genossen von dort aus einen der schönsten Sonnenuntergänge unserer Reise. Wer sich noch an unseren Sonnenaufgang auf den Klippen in Nordthailand erinnert: dies war definitiv das abendliche Pendant dazu. Mit bestem Rundumblick beobachteten wir, wie die Sonne die kleinen Krater am Hang und das Wolkenmeer über Hilo in immer tieferes Rot tauchte, während im Osten der Mond am bereits dunklen Himmel aufging und sich über uns die ersten Sterne zeigten.

Das Wolkenmeer über Hilo

Einfach unbeschreiblich…

Der Mond war leider auch der Grund, dass wir nicht so viele Sterne sehen konnten wie sonst (etwa 400 im Vergleich zu 4.000 bei Neumond), aber es war trotzdem beeindruckend. Kein Kreuz des Südens mehr am Horizont, dafür war der Große Wagen wieder in unser Blickfeld gerückt. Am Besucherzentrum waren mehrere große Teleskope aufgebaut, durch die man verschiedene Himmelskörper sehen konnte. An jedem stand eine lange Schlange an und so schafften wir am Ende nur drei der fünf, aber es hat sich echt gelohnt. Wir sahen Jupiter, sogar mit seiner streifigen Oberfläche, umgeben von seinen vier Monden. Saturn mit seinen Ringen! Und die Mondkrater in einer Präzision, dass man sogar noch die Kraterränder und die Krater in den Kratern sah. Es war so beeindruckend.

Als es noch hell war, konnte man Sonnenflecken durch ein Teleskop beobachten.

Und als ob das noch nicht genug der Highlights gewesen wären, gab es natürlich noch den Vulkan-Nationalpark, dessen Eingang sich passenderweise gleich hinter dem Dorf Volcano befand, und wo wir mehrere Tage zubrachten. Kern des Parks ist Kilauea, der aktivste Vulkan der Erde – seine letzte Eruption begann im Januar 1983 und hält bis heute an. Fährt man entlang der 35km langen Chain of Craters Road vom Krater hinab zur Küste, sieht man buchstäblich schwarz: erkaltete Lavafelder, soweit das Auge reicht, markiert mit Schildern à la „Ausbruch 1974“, „Ausbruch 1983“ usw.; dazwischen zahlreiche nicht mehr aktive Nebenkrater, Schwefelfelder und Petroglyphen. Letztere sind in die Lava geritzte Symbole der hawaiianischen Ureinwohner, die dort die Nabelschnuren ihrer neugeborenen Kinder vergruben und beteten, dass diese so kräftig sein und ein so langes Leben führen mögen wie die Lava. Die Hawaiianer verehren den Vulkan als die Göttin Pele, die neues Land und damit neues Leben erschafft.

Lavafelder soweit das Auge reicht – dazwischen schlängelt sich die Chain of Craters Road

Der Hauptkrater des Kilauea besteht überwiegend aus erkalteter Lava, aber an vielen Stellen steigt Dampf aus dem Boden auf, wie auch aus dem Kraterrand, auf dem man steht und wo die Straße entlangführt. Im Krater befindet sich ein weiterer, kleinerer Krater mit dem Namen Halema’uma’u (gesprochen halle-ma-u-ma-u), Wohnsitz der Göttin Pele, und aus diesem steigt beständig eine dicke, bläuliche Dampfwolke auf, die langsam in Richtung Horizont treibt. Man kann den Krater aus sicherer Entfernung von einem Aussichtspunkt beobachten; hinunter darf man nicht. Bleibt man bis nach Sonnenuntergang, wird man mit dem einmaligen Anblick von Peles glühendem Atem belohnt: orange-rot leuchtet der Dampf aus dem Krater und wenn man ganz großes Glück hat, sieht man sogar ab und zu die Lava hochspritzen.

Regenbogen über dem Krater

Laufen konnte ich zwar nicht, aber fliegen ging und so konnte ich glücklicherweise einen weiteren, lang ersehnten Punkt auf meiner Bucket List angehen: einen Helikopterflug über den Vulkan. Kathrin brachte mich zum kleinen Flughafen von Hilo und winkte, während ein freundlicher Mitarbeiter mich im Golfcart über das Rollfeld fuhr und mich und die anderen drei Passagiere im Hubschrauber gut anschnallte. Gutes Anschnallen war hier oberstes Gebot, ebenso wie feste Schuhe und Handschlaufen für die Kamera. Der Helikopter hatte nämlich keine Türen, damit man die Hitze des Vulkans spüren konnte. Wenn schon, dann richtig.

Auf, auf und davon!

Der Rundflug dauerte ungefähr eine Dreiviertelstunde und war unglaublich stürmisch. An das gelegentliche Wackeln des Helikopters gewöhnte ich mich irgendwann, aber nicht an den Wind, der mir selbst mein Pony wie Peitschenhiebe ins Gesicht schlug. Aber das war es sowas von wert. Zuerst flogen wir über die endlosen erkalteten Lavafelder, die in allen Schwarz-, Grau- und Anthrazittönen unter uns lagen, bis zur Küste, wo ein beständiger Lavastrom ins Meer fließt und dabei nicht nur eine riesige Dampfwolke sondern auch immer mehr neues Land erzeugt. Dann ging es hinauf in Richtung Krater, wobei es nicht der Halema’uma’u-Krater war, aus dem wir es abends dampfen sehen hatten, sondern ein anderer, weiter hangabwärts, der den Namen Pu’u O’o trägt (einfach jeden Vokal zweimal sprechen). An der Seite des Hangs war ein silbrig-glänzender Lavafluss zu sehen, der stellenweise sogar orange glühte; der Pilot sagte, dieser wäre erst einige Stunden zuvor an die Oberfläche getreten. Im Krater selbst sah man ebenfalls die Lava glühen, und auch, wenn es nicht schweißtreibend heiß im Helikopter war, spürte man schon die Wärme in 150 Metern Höhe. Zurück ging es über Regenwald und Wasserfälle – was für ein tolles Erlebnis!

Flach und grün ist der Südosten von Big Island.

Lava und Regenwald.

Feuer trifft Wasser, wo der Lavastrom ins Meer fließt; rechts sieht man noch die abrupt endende Straße.

Je silbriger die Lava glänzt, desto frischer ist sie.

Der Pu’u O’o-Krater

Am letzten Abend, als ich schon wieder halbwegs auftreten konnte, fuhren wir nach Kalapana an der Küste unterhalb des Kilauea. Vom gut gefüllten Parkplatz führte eine 7km lange Piste zum Lavafluss, und da wir nicht so weit laufen wollten bzw. konnten, liehen wir uns Fahrräder, was die Wegezeit von zwei Stunden auf 30 Minuten verkürzte. Am Ziel angekommen ging es noch ein paar Schritte über erkaltete Lava und dann beobachteten wir fast aus nächster Nähe (man musste 300 Meter Sicherheitsabstand einhalten), wie das geschmolzene Gestein unter großen Dampfwolken zischend ins Meer floss. Als es dann allmählich dunkel wurde, sah man die Lava feurig glühen, und auf dem Rückweg sahen wir dann auch an vielen Stellen am Hang kleine Lavaflüsse wie Fackeln in der Dunkelheit leuchten – ein unvergesslicher Anblick. Auch wenn Hawaii von Deutschland sehr weit weg ist, würden wir beide den Weg wieder auf uns nehmen, um noch mehr von diesen traumhaften Inseln zu entdecken.

Lava fließt ins Meer; es entsteht neues Land (und viel Dampf).

7 Gedanken zu „Zwischen Himmel und Erde – Hawaii

  1. Was für ein spannender Bericht! Ich glaube gern, dass Ihr da noch mal hinwollt – Hawaii wird nicht umsonst als Trauminsel bezeichnet. Den Flug über den Krater hätte ich auch unbedingt gemacht. Nur schade, dass der Fuß ein bisschen einen Strich durch manche Rechnung gemacht hat…

    • Hawaii ist wirklich eine Liga für sich. Schade, dass es so weit weg ist. Der Flug über den Krater war beeindruckend und das Fehlen der Türen war super für’s Fotografieren, aber meinen nächsten Helikopterflug würde ich vielleicht doch wieder mit Türen absolvieren…
      Tja, da konnte man dann auch nichts machen mit dem Fuß. Aber wir konnten ja trotzdem viel unternehmen.

  2. Boooahh, einfach nur toll die Bilder anzuschauen. Den Helikopterflug hätt ich auch gerne gemacht. Schade wirklich, dass Hawaii so weit weg ist.

    Acai-Bowl… ich dachte, Acai ist eine Frucht aus dem Amazonas. Gibt es die auch in Hawaii oder wird die importiert? Auf jeden Fall habe ich einen großen Becher Acai-Eis im Kühlfach, also, falls ihr irgendwann mal in München vorbei schaut, gibt es Acai-Bowl 🙂

    Ast im Zeh, Quallenbiss, Magen-Darm, Fuß umgeknickt, … getreu dem Motto, was euch nicht umbringt, macht euch stark. Aber ihr geht damit so gelassen und professionell um (zumindst wirkt es bei euren Erzählungen so), das finde ich am beeindruckensten.

    Viel Spaß weiterhin und passt gut aufeinander auf!

    • Hawaii ist sogar noch weiter weg als Brasilien. ^^
      Hm, ich konnte Acai vorher gar nicht einordnen. Hab auch nach wie vor keine Ahnung, wie die Früchte eigentlich aussehen. Vielleicht gedeihen die auch auf Hawaii, ist ja auch tropisches Klima. Aber danke schonmal, ich freue mich auf die Münchner Acai Bowl!! 😀
      Ach naja, was sollen wir machen. Aber ich kann dir sagen, ich werde echt froh sein, wenn ich in Deutschland wieder einfach zum Arzt gehen kann, wenn irgendwas ist. Man lernt auch die Krankenversicherung echt zu schätzen.
      Viel Spaß mit Mari, liebe Grüße an euch beide und bis bald! 😉

  3. Hallo ihr,
    Vielen dank für euren bericht, er läßt einen träumen und nun weiß ich auch warum es so als Urlaubsziel bekannt ist, nicht nur für Strände und warmes wetter. Den flug über den vulkan stelle ich mir beeindruckend vor.
    Ich hoffe deine Fuß ist wieder ok und du kannst wieder gut laufen.
    Lg

    • Hey du, Hawaii ist wirklich traumhaft und ich hätte noch viel mehr Zeit dort verbringen können. Es gibt ja auch noch einige andere Inseln, die alle ganz unterschiedlich sein sollen.
      Dem Fuß geht’s mittlerweile wieder gut, danke. Und bald gibt’s neue Berichte aus Kanada und den Festland-USA…
      Genieß den Herbst.
      Liebe Grüße aus Kalifornien.

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